Mercedes-Benz in der Elektroauto-Krise – Luxuslimousine als „Totgeburt“

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

KommentareDrucken

Mercedes hat mit dem Verkauf luxuriöser Elektroautos große Probleme. Der Absatz liegt deutlich unter den ambitionierten Zielen und droht 2024 sogar neuerlich zu sinken.

Stuttgart/München – Von Alarmstimmung ist bei Mercedes-Benz offiziell keine Spur, intern dürften die Köpfe der Manager in Baden-Württemberg jedoch brodeln: Der Konzern hat in den vergangenen Jahren sein Modellangebot konsequent auf Elektroautos ausgeweitet und bietet in mehreren Segmenten elektrifizierte Fahrzeuge an.

Das vielfältige Portfolio spiegelt sich jedoch nicht in den Verkaufszahlen wider, das Gegenteil ist der Fall: Wie das Handelsblatt schildert, hat der Autobauer im vergangenen Jahr weltweit satte 170.000 Elektromodelle weniger abgesetzt, als intern geplant.

Mercedes: Talfahrt bei E-Autos setzt sich fort – im Gegensatz zu BMW

Dass die Talfahrt in Sachen E-Mobilität vorerst nicht beendet scheint, verdeutlicht die Tatsache, dass der Absatz in den ersten drei Monaten 2024 nochmal knapp neun Prozent unter dem vergleichbaren Quartal 2023 liegt.

Zwar liege Mercedes-Benz laut CEO Ola Källenius bei Faktoren wie „Performance, Verbrauch, Reichweite oder realer Ladegeschwindigkeit“ in der Spitzengruppe, einzig die Verkaufszahlen lassen zu wünschen übrig.

Dass es mit dem allgemeinen Marktumfeld bei Stromern zu tun hat, ist abwegig: Der Erzrivale aus München hat bei Elektroautos mächtig Oberwasser. BMW konnte die Zahl der Auslieferungen von BEV-Modellen im Verlauf des bisherigen Jahres um satte 40 Prozent steigern und hat in drei Monaten über 30.000 Modelle mehr verkauft.

Mercedes tut sich schwer mit dem Verkauf von Elektroautos - die Zahlen liegen weit hinter den Erwartungen
Mercedes tut sich schwer mit dem Verkauf von Elektroautos - die Zahlen liegen weit hinter den Erwartungen. © Funke Foto Services / IMAGO

Mercedes: Können Facelifts die Absatzkrise bei E-Autos stoppen?

Es liegt auf der Hand, dass die Preisstrategie von Mercedes-Benz einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung hat: Die Kernmarke Mercedes-Benz Cars hat sich dem Luxussegment verschrieben, das günstigste Elektroauto ist nicht unter 50.000 Euro zu haben (Mercedes EQA). Das Handelsblatt zitiert eine Führungskraft, dass man „ziemlich ratlos“ sei. 

Wie möchte Mercedes die Absatzkrise stoppen? Laut dem Bericht liegen die Stuttgarter Hoffnungen in der Überarbeitung der hochpreisigen Modelle, darunter das Flaggschiff EQS: Die Luxuslimousine erhält einen optischen Feinschliff, eine größere Batterie für mehr Reichweite und anderen Optimierungen (u. a. bei der Anhängelast).

Mercedes-Luxusmodelle werden überarbeitet – mehr Leistung für gleiches Geld

Auch die anderen Fabrikate der EVA-2-Plattform, der Mercedes EQE und die jeweiligen SUV-Derivate, erhalten ein umfangreiches Facelift, bei dem grundlegende Dinge angepasst werden und der Serienumfang erweitert. 

An der Kostenschraube wird nicht oder kaum gedreht, dafür gibt es mehr Leistung für das gleiche Geld. Bei den Facelifts bleiben die Grundpreise „trotz aufgewerteter Serienausstattung unverändert“, so der Hersteller. Ob die Maßnahmen den Abwärtstrend stoppen, erscheint fraglich.

Intern sorgt derweil die Umstrukturierung des Vertriebsnetzes für Wirbel, die Mitarbeiter zahlreicher Autohäuser gehen angesichts des geplanten Verkaufs auf die Barrikaden.

Sorgenkind Mercedes EQS weit unter den Absatz-Erwartungen 

Das größte Sorgenkind scheint die Luxuslimousine EQS zu sein: Die Resonanz liege besonders auf dem wichtigsten Absatzmarkt China weit unter den Erwartungen. Ein „Mercedes-Veteran“ bezeichnet das Fahrzeug in dem Bericht gar als „Totgeburt“.

Zu stark ist bei Elektroautos mittlerweile die heimische Konkurrenz. Dazu setzt Tesla in der Volksrepublik wesentlich mehr Stromer als Mercedes ab und auch BMW verkauft mehr als dreimal so viele E-Autos. Im Luxussegment im Reich der Mitte sei Mercedes – im Gegensatz zu den Verbrennermodellen – abgehängt worden, was mitunter am rundgeschliffenen Design der Fahrzeuge liegen soll.

Mercedes-Benz: Experte schlägt Alarm wegen überteuerten E-Autos

Eine Auswertung der Analysefirma Marklines verdeutlicht die Situation um das Vorzeige-Luxusmodell: Demnach schrumpfte der Absatz in den wichtigsten 62 Pkw-Märkten der Welt innerhalb eines Jahres von 22.500 auf 18.100 verkaufte Modelle. Das Management um Källenius habe intern mit einem jährlichen Absatz von 50.000 Stück gerechnet. 

Mercedes hinkt bei den Absatzzielen für Elektroautos deutlich hinterher. Ein großes Sorgenkind ist offenbar die Luxuslimousine EQS
Mercedes hinkt bei den Absatzzielen für Elektroautos deutlich hinterher. Ein großes Sorgenkind ist offenbar die Luxuslimousine EQS. © IMAGO/Mohammad Javad Abjoushak

In dem Bericht kommt auch Experte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch-Gladbach zu Wort. Er hält die Maßnahmen von April 2024 zwar für den richtigen Zwischenschritt, doch die E-Autos von Mercedes seien zu teuer: „Die Elektrofahrzeuge müssen preislich viel näher an die Verbrenner ran.“

Auch interessant

Kommentare