Prekäre Finanzlage: Kaufbeurens Finanzchef spricht über Ursachen und Möglichkeiten
Die Stadt Kaufbeuren: unrettbar arm? – Kaufbeurens Finanzreferatsleiter Markus Pferner würde die Situation eher als „strukturelle Schwäche“ bezeichnen. Für ihn sei der Begriff „Armut“ im Sozialen angesiedelt, so Pferner, der auch die Leitung des Sozialreferats inne hat.
Kaufbeuren – Die der Stadt eigene strukturelle Schwäche hat zusammen mit anderen negativen Faktoren der Zeit (Inflation, Anstieg der Energie- und Personalkosten, Tariferhöhungen etc.) die Stadt in eine finanzielle Lage gebracht, welche die Verwaltung dazu zwingt, auf nicht absehbare Zeit einen geradezu spartanischen Haushalt zu führen. Der Kreisbote hat in einem Gespräch mit dem Finanzchef aufgezeigt, worin die strukturelle Schwäche besteht, und was man tun kann.
Zwei Probleme im Zentrum
Wer nichts einnimmt, kann nichts ausgeben. Seit Jahrzehnten landet Kaufbeuren bei der Steuerkraft fast immer auf dem letzten Platz unter den kreisfreien Städten in Bayern, das wurde in allen Haushaltsberatungen erwähnt und ist somit kein Geheimnis. Aber warum ist das so?
Dafür gebe es im Wesentlichen zwei Gründe, erklärt Pferner: die stadteigene Fläche und die Verkehrsanbindung. Im Flächenvergleich der kreisfreien Städte liegt die Wertachstadt vor Schweinfurt und Rosenheim auf dem drittletzten Platz, erklärt Pferner. Das bedeutet, anders als Memmingen und Kempten kann die Stadt Kaufbeuren keine großen und damit attraktiven Gewerbeflächen ausweisen. Rein flächenmäßig ist die Stadt, die ursprünglich nicht als kreisfreie Stadt gedacht war, bei der neuen Verteilung einfach zu kurz gekommen.
Das zweite Problem: Kaufbeuren hat als einzige kreisfreie Stadt in Bayern keinen direkten Autobahnanschluss. Im Vergleich zu Memmingen, das an einem Autobahnkreuz liegt, mache das die Wertachstadt für Autozulieferer und andere große Betriebe vergleichsweise unattraktiv, erklärt Pferner und legt Zahlen auf den Tisch: Memmingen kann auf Gewerbesteuereinnahmen von 42 Millionen Euro blicken, Kaufbeuren, das die gleiche Anzahl von Einwohnern hat, bringt nur ein Aufkommen von 19 Millionen Euro zustande (Zahlen von 2023).
Leider einfach nix zu machen?
„Wir haben dieses strukturelle Problem seit der Gebietsreform“, skandierte Kaufbeurens Zweiter Bürgermeister Oliver Schill (Grüne) bei den jüngsten Haushaltsberatungen. „Der Freistaat weiß das und lässt uns seit Jahrzehnten im Regen stehen. Wir können dieses Problem allein durch Sparen nicht lösen!“
Das sieht auch Pferner so, obwohl, oder vielleicht auch gerade weil er alle aufschiebbaren Investitionen auf unbestimmte Zeit vertagt hat und zusammen mit Oberbürgermeister Bosse (CSU) sämtliche Abteilungen der Verwaltung auf einen rigiden Sparkurs eingeschworen hat. Was also noch? „Natürlich werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten überall Gewerbeflächen ausweisen, wo es möglich ist“, erklärt Pferner, wie zum Beispiel im Hart (Richtung Apfeltrang). Dort bereitet die Stadtplanung gerade den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan vor, der im Herbst vom Stadtrat beschlossen werden kann.
Hilfe vom Freistaat an viele Bedingungen geknüpft
Des weiteren, so Pferner, sei die Stadt in Gesprächen mit der Regierung von Schwaben, um Stabilisierungshilfen vom Freistaat zu erhalten. Anders als die Schlüsselzuweisungen, die frei verfügbar sind, dienten diese allein der Schuldenrückführung.
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Um diese zu bekommen, muss Kaufbeuren jedoch auch beweisen, dass es wirksame Maßnahmen zur Selbsthilfe beschließt und umsetzt. Die Ausweisung von Gewerbegebieten gehört für Antragsteller von Stabilisierungshilfen ebenso dazu, wie die Anhebung von Steuern, Abgaben und Gebühren. Ein weiteres Kriterium für die Gewährung der Hilfen, so Pferner weiter, sei auch eine überdurchschnittliche Verschuldung der Stadt – das sei jedoch im Fall Kaufbeurens schon hinreichend erfüllt. Die Anträge auf die Stabilisierungshilfen will die Stadt im März/April auf den Weg bringen, prognostiziert der Finanzreferatsleiter.