„Extra-Waffen an Bord“: Fregatte „Hessen“ unterwegs ins Rote Meer
Die „Hessen“ macht sich auf den Weg zum Roten Meer. Mit der Zustimmung des Bundestages kann der Einsatz gegen Huthi-Rebellen starten.
Berlin – Die Europäische Union plant, mehrere Kriegsschiffe und luftgestützte Frühwarnsysteme zur Absicherung von Handelsschiffen gegen Raketen- und Drohnenangriffe im Rahmen der Mission „Eunavfor Aspides“ einzusetzen. Die Huthi-Miliz, eine militant-islamistische Gruppierung, strebt mit ihren Angriffen die Beendigung der israelischen Militäraktionen im Gazastreifen an. Am Donnerstag (8. Februar) hat die 143 Meter lange deutsche Fregatte „Hessen“ ihren Heimathafen Wilhelmshaven verlassen.
Der Inspekteur der Deutschen Marine, Jan Christian Kaack, sieht die „Hessen“ für die Beteiligung am EU-Militäreinsatz gegen die Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer bestens gerüstet. Es seien zusätzliche Waffensysteme an Bord des für solche Aufträge konstruierten Schiffes gebracht worden, sagte der Vizeadmiral der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Alles, was uns bedroht, ist gefährlich. Wir werden uns nie in ein Gefühl der Überlegenheit flüchten, sondern wir sind gut vorbereitet, um mit den Bedrohungen umzugehen“, sagte er.
Einsatz der „Hessen“ im Roten Meer: Zusätzliche Bewaffnung an Bord
Kaack bekräftigte, es sei der ernsthafteste Einsatz deutscher Seestreitkräfte seit vielen Jahrzehnten. „Die direkte Bedrohung für Schiff und Besatzung sind ganz klar greifbar. Und das geht natürlich auch an keinem Menschen vorbei“, sagte er. Und: „Wir haben zusätzliche Bewaffnung an Bord gebracht, wir haben Drohnenabwehranlagen an Bord gebracht. Wir haben trainiert, um sie besser zu erkennen. Eine Übersättigung der Systeme ist immer eine Gefährdung. Aber zum Glück sind wir nicht alleine da. Da steht eine breite Koalition mit vielen Schiffen, mit großen Fähigkeiten.“

Kaack zufolge ist es grundsätzlich möglich, Korridore für die zivile Schifffahrt durch Kriegsschiffe zu schützen oder die Frachtschiffe in einem geschlossenen Konvoi zu begleiten. Derzeit laufe aber noch die Operationsplanung.
Bedrohung durch eine größere Zahl von Drohnen
Fregatten wie die „Hessen“ seien ausgerüstet und gedacht, um größere Nachschubverbände von der Ostküste Amerikas nach Europa zu bringen und Flugzeugträgerverbände gegen Bedrohungen zu schützen. „Die gehen von weitreichenden Flugkörpersystemen aus. In der Nähe der Küste geht es auch um sehr schnell wirkende Flugkörpersysteme oder auch Überwasserfahrzeuge, die im Kamikazemodus oder im autonomen Modus gegen solche Schiffe eingesetzt werden können“, sagte Kaack. Neu sei die Bedrohung mit vielen und günstigen Drohnensystemen.
Die „Hessen“ sei für den Einsatz ausreichend und durchhaltefähig bestückt. Grundsätzlich blieben aber seine drei Prioritäten: Munition, Munition und Munition. „Die Prozesse müssen schneller werden“, forderte der Marine-Chef.
Wenn der scharfe Einsatz beginnt, wird die Besatzung der „Hessen“ in den sogenannten Kriegsmarsch gehen. Die Soldaten an Bord werden in zwei Teams geteilt. Kaack: „Eine Hälfte ist immer auf Gefechtsstation. Warum? Weil sie in dieser Stärke jedwede Bedrohung schnell abhandeln können. Wenn es mehr werden würde, dann wird auf die Alarmklingel gedrückt und dann geht die gesamte Besatzung auf Station.“
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Einsatz im Roten Meer: Freihalten von Seewegen ist Aufgabe der Marine
Er betrachte den Einsatz im Roten Meer als „erweiterte Landesverteidigung“, sagte Kaack. „90 Prozent der Waren gehen über die Seewege. Die Seewege offenzuhalten ist eine Kernaufgabe der Marine. Wenn wir das nicht schaffen, dann werden wir weder in Frieden unsere Wirtschaft am Laufen halten, noch in Krise oder Konflikt unsere Verteidigungsbereitschaft erhalten.“ Niemand könne besser als die Marine die Gleichzeitigkeit von Landes- und Bündnisverteidigung wie auch internationalem Krisenmanagement durchsetzen.
Mit Blick auf die Aufgaben in der Ostsee und im Atlantik, die wieder zentraler Teil der Bündnisverteidigung sind, stellt sich aber auch die Frage, wie lange die Marine den Einsatz durchhalten kann. Kaack sagte dazu: „Die Bettdecke ist irgendwann kurz. Ich habe die kleinste Marine aller Zeiten mit 48 Schiffen und Booten.“ Er verweist auf das Zielbild der Marine 2035. Das Zukunftskonzept sieht den Einstieg in Künstliche Intelligenz und unbemannte Systeme vor.
Lehren aus dem Krieg in der Ukraine
Die Marine hat eine umfassende Analyse des maritimen Aspekts des Ukraine-Krieges durchgeführt, eine Risikobewertung vorgenommen und die demografischen Trends berücksichtigt. „Wir kommen zu dem Schluss, dass wir für einen längeren Zeitraum noch große, gut bewaffnete, schwere Einheiten brauchen, um Räume im Nordatlantik zu besetzen“, erklärte Kaack. „Da braucht man eine gewisse Größe, um dort auch stehen zu können, um dem Gegner die Nutzung des Nordatlantiks zu versagen. Und um das Durchbrechen von nuklearen U-Booten zu verhindern, damit die nicht aus unserem Rücken dann uns erpressen oder gegen uns wirken können.“
Mit zunehmender Nähe zu potenziellen Gefahren und Küstenregionen werde künftig verstärkt auf unbemannte Systeme zurückgegriffen. „Denn eins ist doch klar“, so der Vizeadmiral. „Wir würden doch das, was jetzt in der Ukraine passiert, in unserer Gesellschaft nicht aushalten können. Menschen in Massen ins Feuer zu schicken und nicht zurückzubekommen.“ (skr/dpa)