Rente reicht nicht: Senioren-Union schlägt Alarm – „Sozialfälle“ wegen der Pflegekosten
Die Senioren-Union fordert bei IPPEN.MEDIA neue Maßnahmen gegen hohe Pflegekosten: Aktuell könne man trotz lebenslanger Arbeit zum „Sozialfall“ werden.
Die Rente bleibt Streitthema. Geringe Altersbezüge sind ohnehin für viele Menschen in Deutschland ein Problem, besonders problematisch ist die Lage aber für Pflegebedürftige. Die Senioren-Union in der CDU schlägt nun Alarm: Sie fordert dringend eine Reform bei der Finanzierung der Pflege in Deutschland, wie der Chef der Vereinigung, Fred-Holger Ludwig, IPPEN.MEDIA sagt.
Hohe Pflegekosten machten viele Menschen in Deutschland zu Sozialfällen, obwohl sie ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, warnt Ludwig: „Der Eigenanteil liegt weit über der durchschnittlichen Rente.“
Gerade erst hat der Verband der Ersatzkassen eine durchaus beunruhigende Statistik vorgelegt. Zum Stichtag 1. Juli zahlten Heimbewohner in Deutschland durchschnittlich 2871 monatlich selbst. Das sind 211 Euro mehr als vor rund einem Jahr, allen Kostenbremsen zum Trotz. Das gilt im ersten Jahr im Heim, danach sinken die Kosten – aber nicht in den unproblematischen Bereich. Ab dem vierten Jahr sind den Daten zufolge durchschnittlich 1865 Euro Eigenanteil im Monat fällig; 91 mehr als vor Jahresfrist.
Pflegekosten übersteigen Rente: Senioren-Union will den Staat mehr zahlen lassen
Auf diese Zahlen verweist nun auch die Senioren-Union. Denn die Rente liege weit unter diesen Kostenwerten: Für Männer habe die Durchschnittsrente 2022 bei 1278 Euro gelegen, für Frauen sogar nur bei 1072 Euro. Im Ausland sei das Problem teils besser gelöst: So übernehme etwa in den Niederlanden der Staat einen Großteil der Pflegekosten. Und in Skandinavien ermögliche eine umfassendere staatliche Unterstützung für Pflegekosten niedrige Lasten für die Betroffenen.

Die Senioren-Union möchte nun Bund und Länder stärker in die Verantwortung nehmen. Eine konkrete Forderung: Investitionen bei Bau und Sanierung von Pflegeeinrichtungen sollten die Länder tragen. Der Bund hingegen müsse bei der „Ausbildungsumlage“ einspringen. Mit Letzterer beteiligen sich die Einrichtungen an den Kosten der Pflegeausbildung. Und beide Faktoren beeinflussen die Kosten, denen pflegebedürftige Menschen ausgesetzt sind. Investitionskosten etwa schlugen laut der Ersatzkassenerhebung zuletzt mit 490 Euro im Monat für die zu Pflegenden zu Buche.
Ludwig richtete den Blick aber auch in Richtung EU: Die neue Kommission müsse tätig werden, forderte er. Ihre Chefin wird nach Stand der Dinge vermutlich die CDU-Parteifreundin Ursula von der Leyen. Sie könnte am 18. Juli in Straßburg offiziell gewählt werden.
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Rente zu gering für Pflegekosten: Lauterbach arbeitet an nächster Reform – Wut und Sorge bereits groß
Hohe – teils überwältigende – Kosten für die Pflege sind aber bereits seit geraumer Zeit Thema. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bereits eine Reform angekündigt. Dabei war erst vor einem Jahr eine solche in Kraft getreten. Sie hatte die Eigenanteile jedenfalls für die reinen Pflegekosten im Heim gesenkt. Trotzdem kosteten allein diese zum 1. Juli monatlich durchschnittlich 1426 Euro an finanzieller Eigenleistung – vor einem Jahr waren es noch 1295 Euro.
Im Herbst will Lauterbach ein Konzept vorlegen. Doch schon jetzt ist die Sorge groß. „Die Menschen werden so in ihren letzten Lebensjahren in die Sozialhilfe getrieben. Das ist eine Schande“, sagte die Vorstandschefin des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier. Die Stiftung Patientenschutz warnte vor Gefahren sogar bei umsichtiger Planung. Explodierende Eigenanteile seien „selbst für Menschen unkalkulierbar, die Vorsorge treffen wollen und können“, sagte ihr Vorstand Eugen Brysch.
Die andere Seite sind wachsende Kosten. „Steigende Sachkosten sowie höhere Pflegelöhne treiben die Preise“, hieß es vom Arbeitgeberverband Pflege. Die Große Koalition habe Pflegebedürftigen mit dem Versprechen Sand in die Augen gestreut, höhere Pflegelöhne gäbe es zum Nulltarif. „Die jetzige Regierung ignoriert das Problem.“ Schon 2023 zahlten die Pflegekassen 4,5 Milliarden Euro an Entlastungszuschlägen, um die Finanzlast der Pflegebedürftigen zu mindern. Und die Pflegeversicherung erwartet für 2024 und 2025 ein Minus in der Kasse. (fn mit dpa)