Nach 208 Jahren insolvent: Traditionsbetrieb mit 180 Mitarbeitern ist Pleite

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Im 20. Jahrhundert sah eine Druckerei so in etwa aus. Die Druckerei Kaufmann (hier nicht abgebildet) existiert schon seit 1816 in Familienhand. © IMAGO

Eine Traditionsdruckerei, die seit 1816 in Familienhand geführt wird, mussten in dieser Woche Insolvenz anmelden. Die Zukunft der 180 Mitarbeiter ist zunächst ungewiss.

Lahr / Offenburg – Die Druckerei Kaufmann in Lahr (Baden-Württemberg) hat am 9. Juli 2024 in Offenburg beim Amtsgericht Insolvenz angemeldet. Das berichtet das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Demnach seien die verschiedenen Krisen der letzten Jahre ursächlich für die Pleite: Erst die Corona-Pandemie, dann der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, sowie die Konsolidierungen in der Branche durch fortschreitende Digitalisierung hätten den Traditionsbetrieb unter Druck gesetzt. Das Druckhaus Kaufmann in Lahr hat sich auf Zeitschriften und Katalogen spezialisiert und beschäftigt 180 Mitarbeiter.

Traditionsunternehmen ist insolvent: 208-jährige Geschichte

„1816 legte unser Ur-Ur-Ur-Großvater Ernst Kaufmann mit der Gründung einer Steindruckerei und Leihbibliothek den Grundstein für unser modernes vollstufiges Druckunternehmen in Lahr“, heißt es auf der Webseite der Firma, die heute von Markus Kaufmann geleitet wird. Damit wird die Druckerei bereits in sechster Generation von der Familie Kaufmann geführt.

Doch jetzt könnte diese lange Geschichte ein Ende finden – wenn der Insolvenzverwalter Thorsten Schleich von der Kanzlei Schleich & Partner mbB Rechtsanwälte es nicht gelingt, das Unternehmen wieder in profitablere Gewässer zu führen. Seit Frühjahr dieses Jahres befindet sich die Druckerei bereits in Kurzarbeit, da in der aktuellen Konjunkturlage die Aufträge immer weiter reduziert wurden oder ganz aus blieben, wie das Unternehmen beschreibt.

Zahl der Insolvenzen steigt 2024 deutlich an

Das Druckhaus Kaufmann ist leider nicht das einzige Unternehmen, das gerade mit der Lage zu kämpfen hat. Laut einer aktuellen Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg, die IPPEN.MEDIA vorliegt, stieg die Zahl der Großinsolvenzen im ersten Halbjahr 2024 um 41 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum an. „Die Rettung von Unternehmen aus der Insolvenz gestaltet sich zunehmend komplexer. Hohe Zinsen machen den Erwerb insolventer Firmen teurer oder unattraktiv. Ferner schrecken unsichere Umsätze aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage potenzielle Investoren ab“, erklärt Experte Jonas Eckhardt, Partner der Unternehmensberatung Falkensteg.

Jonas Eckhardt prognostiziert, dass dieser Trend langfristig anhalten wird: „Viele Unternehmen müssen sich wandeln, um in der Dynamik des internationalen Handels bestehen zu können. Doch übermäßige Regulierung, hohe Energiepreise und Steuern, mangelhafte Infrastruktur und unzuverlässige Förderprogramme bremsen die erforderliche Transformation. Deutschland ist aktuell zu träge. Das zeigt sich in den wachsenden Insolvenzzahlen.“

Zu den großen Insolvenzen der vergangen Wochen und Monaten gehörten die Modekette Esprit sowie Galeria Karstadt Kaufhof, aber auch mehrere Unternehmen in der Zuliefererbranche, die sich den Herausforderungen eines Wandels vom Verbrenner zum E-Auto stellen müssen.

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