„Wir sind Kriegsziel Russlands“: CDU-Politiker mit düsterer Prognose zum Ukraine-Krieg

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Roderich Kiesewetter ist bei Markus Lanz zu Gast. Er spart nicht mit Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz - und schockiert den ZDF-Moderator.

Berlin - Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter hat die Bundesrepublik in einer Talkshow als „Kriegsziel“ Russlands bezeichnet und das Zeigen einer klaren Kante gefordert. Im selben Atemzug kritisierte er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dieser sei bezüglich des Einsatzes deutscher Waffen gegen Russland im Ukraine-Krieg lange Zeit zu zurückhaltend gewesen.

Zunächst hatten die Gäste in der ZDF-Sendung Markus Lanz vom Mittwochabend (05. Juni) über die vermehrten Angriffe auf Politiker gesprochen. Kiesewetter war am vergangenen Wochenende angegriffen und als „Kriegstreiber“ beschimpft worden. Neben dem CDU-Politiker waren die Politikwissenschaftlerin Daniela Schwarzer und der Vize-Chefredakteur der Bild-Zeitung, Paul Ronzheimer, eingeladen.

„Ein Rückzug kann nicht die Möglichkeit sein“ - Gäste diskutieren bei Lanz über Angriffe auf Politiker

Trotz des jüngsten Angriffs zeigte sich Kiesewetter gelassen und sprach sich dafür aus, „dass sich alle aus der Kommunalpolitik, Landes- und Bundespolitik nicht entmutigen lassen und wir bei den Europawahlen ein klares Bekenntnis zur demokratischen Mitte ablegen“ - eine Ansicht, die Schwarzer teilte. „Ich glaube, wir müssen da ganz klar zeigen: Ein Rückzug kann nicht die Möglichkeit sein“, so die Politikwissenschaftlerin. Es sei zweifelsfrei „ein großes Risiko für unsere Demokratie, wenn politische Gewalt zunimmt und Menschen sich davon verschrecken lassen“. Dennoch dürfe man die Demokratie nicht „präventiv kaputt reden“.

Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter schockierte Talkmaster Markus Lanz mit seinen Aussagen zum Ukraine-Krieg.
Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter schockierte Talkmaster Markus Lanz mit seinen Aussagen zum Ukraine-Krieg. © IMAGO/teutopress GmbH

Auf die Frage des Moderators, ob den Medien eine gewisse Schuld an der aufgeheizten Stimmung im Land zukomme, gab der Bild-Vize zu, „dass wir manchmal zu hart mit Politikern umgehen“. Eine große Rolle der sozialen Medien dürfe man aber ebenfalls nicht vernachlässigen, wie Ronzheimer und Schwarzer klarmachten. Die Politikwissenschaftlerin stellte daraufhin einen Zusammenhang zwischen Fehlinformationen im Netz und einer „hybriden Kriegsführung“ von Russlands Präsident Wladimir Putin her. Wegen dieser Angriffe von außen sprach sie sich für eine innere Stärkung der Gesellschaft aus - ein Moment, den der Talkmaster nutzte, um das Gespräch auf sicherheitspolitische Fragen zu lenken.

„Dann sind wir lieber ein starker Gegner“ - Kiesewetter sieht klares Zeichen Putins

Lanz wollte von seinen Gästen wissen, wie sie den Kurswechsel des Bundeskanzlers in der Frage des Einsatzes deutscher Waffen auf Ziele in Russland einschätzen. Man habe „zu lange gewartet“, was sich jetzt räche, so Kiesewetter. Er wies darauf hin, dass „die nicht getroffenen Entscheidungen“ der Vergangenheit die „Opfer von heute“ seien. Daher sei es an der Zeit, zu handeln. „Wir müssen mehr tun. Das Ziel muss geändert werden. Nicht, solange es möglich ist oder nötig ist, sondern so rasch wie möglich“, so der CDU-Politiker. Man müsse der Ukraine helfen, ihre Grenzen wiederherzustellen und Putins Russland in die Schranken weisen.

Bereits jetzt ist Deutschland laut Kiesewetter in Russlands Visier: „Wir sind Kriegsziel Russlands. Putin hat im November gesagt, wir sind Feinde. Dann sind wir lieber ein starker Gegner“ - eine Aussage, die den Moderator schockierte. Ungeachtet der atomaren Bedrohung dürfe man nicht zu zurückhaltend sein, so der CDU-Politiker, der selbst lange in der Bundeswehr war. Von Lanz‘ Gedankenspiel über europäische Atomwaffen wollte er dennoch nichts wissen. „Das halte ich für einen absoluten Unsinn und für hochgefährlich“, so Kiesewetter.

Kurswechsel der Bundesregierung im Ukraine-Krieg - Scholz war zu Recht zurückhaltend

Die Bundesregierung hatte den Kurswechsel bezüglich des Ukraine-Kriegs am Freitag (31. Mai) angekündigt. Auch die USA hatten kurz zuvor eine ähnliche Aussage getroffen. Beide Länder begründeten den Schritt mit der russischen Offensive in der ostukrainischen Region Charkiw. „In den letzten Wochen hat Russlands insbesondere im Raum Charkiw von Stellungen aus dem unmittelbar angrenzenden russischen Grenzgebiet heraus Angriffe vorbereitet, koordiniert und ausgeführt“, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Aufgrund dieser Lage sei man zu dem Entschluss gekommen, dass das Völkerrecht der Ukraine erlaube, sich gegen diese Angriffe zu wehren - auch mit „von uns gelieferten“ Waffen.

Zuvor war Scholz lange Zeit nicht zu dem Schritt bereit gewesen und hatte zur Zurückhaltung gemahnt. Trotz vehementer Kritik könnte er damit aber auch dem Willen der Bevölkerung nachgekommen sein. Einer Studie der Körber-Stiftung zufolge, die im November des Vorjahres veröffentlicht wurde, wünschen sich 54 Prozent der Menschen in Deutschland mehr Zurückhaltung in internationalen Krisen. 76 Prozent der Befragten sprachen sich zudem dafür aus, bei solchem Engagement mehr auf Diplomatie zu setzen. Nur zwölf Prozent wünschen sich demnach mehr militärische Einmischung. (tpn)

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