Pfarrverband Karlsfeld in der Glaubenskrise
Karlsfelds Pfarrer Bernhard Rümmler geht in den Ruhestand. Was in Karlsfeld zurückbleibt, sind eine noch immer gespaltene Glaubensgemeinschaft, der umstrittene Neokatechumenale Weg und viele offene Fragen.
Karlsfeld – Im Pfarrverband Karlsfeld wird es ab Oktober eine tiefgreifende Veränderung geben: Pfarrer Bernhard Rümmler geht im Oktober in den dauerhaften Ruhestand. „Ich freue mich, aber ich bin auch traurig, weil man nicht weiß, wie es weiter geht“, sagt der 69-Jährige. Ein Nachfolger steht noch nicht fest. Sicher ist aber: Der neue Priester wird – im Gegensatz zu Rümmler – nicht mehr eine ganze, sondern nur noch eine halbe Stelle haben. Für die Glaubensgemeinschaft in Karlsfeld bedeutet das: weniger heilige Messen, also weniger Eucharistiefeiern, denn dies kann nur ein Priester abhalten. Auf Wortgottesdienstfeiern wird der personelle Wechsel keinen Einfluss haben, da diese auch von Laien zelebriert werden können. „Wir haben Kräftemangel. Das ist einfach so“, sagt Rümmler ernüchtert. „Das hat sich abgezeichnet. Aber irgendwie ging es schon noch immer.“
Gespaltene Glaubensgemeinschaft in Karlsfeld
Als er 2012 nach Karlsfeld kam, fand er eine gespaltene Glaubensgemeinschaft in den Pfarreien St. Anna und St. Josef vor. Denn Rümmlers Vorgänger, Pfarrer Robert Krieger, hat etwas in Karlsfeld etabliert, das Zwietracht unter den Katholiken säte und das einzigartig im Landkreis Dachau ist: den Neokatechumenalen Weg.
Diese Gruppierung, die sich selbst als „nachkonziliarer pastoraler Aufbruch innerhalb der katholischen Kirche“ versteht, breitete sich unter Robert Krieger in St. Anna aus. Dort bildeten sich kleine Glaubensgemeinschaften, wie sie für den Neokatechumenalen Weg charakteristisch sind. Vier sind es, sie haben 15 bis 40 Mitglieder jeden Alters. Viele Gläubige kommen wegen des Neokatechumenats auch aus umliegenden Pfarreien nach Karlsfeld.
Neokatechumenaler Weg entzweit Karlsfelder Katholiken
Bei vielen Katholiken steht der Neokatechumenale Weg, den es bereits seit 38 Jahren in Karlsfeld gibt, in der Kritik. Dessen Glaubensgemeinschaften gelten als abgeschottet, rückwärtsgewandt. Der heutige Kirchenpfleger von St. Josef, Franz Koppold, kann sich noch gut erinnern an Kriegers „Höllenpredigten an Allerheiligen“ und daran, wie der Weg alle jene Katholiken ausgeschlossen hätte, die ihm nicht angehörten. „Das war ein riesiges Problem.“ Der Neokatechumenale Weg habe viele Gläubige aus St. Anna vertrieben, erzählt Koppold. Diese Menschen fanden Zuflucht in St. Josef.
„Pfarrer Krieger hat sicher Fehler gemacht. Jeder macht Fehler, auch ich.
Die Narben, die der neokatechumenale Weg in Karlsfeld hinterlassen hat, spürt man auch heute noch. „Die Gruppe bringt sich wenig in die Pfarrei ein. Sie sind sehr unter sich“, sagt Koppold. Er und viele weitere Katholiken halten den Neokatechumenalen Weg sogar für eine Sekte.
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„Pfarrer Krieger hat sicher Fehler gemacht. Jeder macht Fehler, auch ich“, räumt Rümmler ein, der selbst Anhänger des Neokatechumenalen Wegs ist. Gegen den Vorwurf, in einer Sekte zu sein, wehrt er sich vehement. „Wir sind von der katholischen Kirche anerkannt und wurden von der Diözese und Rom auf Rechtgläubigkeit geprüft“, betont Rümmler.
Rümmler ist Mitglied im Neokatechumenalen Weg
Für ihn hat der Neokatechumenale Weg eine besondere Bedeutung. Er habe ihn aus einer tiefen Lebenskrise gebracht, wie der Karlsfelder Pfarrer erzählt. Er ist fest davon überzeugt, dass der Neokatechumenale Weg auch eine Antwort auf die allgemeine Glaubenskrise sei. Denn der Grund, warum so viele Menschen aus der Kirche austreten, liegt Rümmler zufolge nicht am Zöllibat und den öffentlich gewordenen Missbrauchsfällen, die für Rümmler „nur die Spitze des Eisbergs“ darstellten, sondern daran, dass Kinder zwar getauft, aber nicht in den Glauben eingeführt würden.
Pfarrer Rümmler war sehr ausgleichend und hat auch andere außerhalb des neokatechumenalen Wegs toleriert.
Ungewissheit, wie es für den Pfarrverband weitergeht
Als Pfarrer Rümmler 2013 den Pfarrverband gründete, war es seine große Aufgabe, die gespaltenen Karlsfelder Gläubigen zu einen. Fragt man den Kirchenpfleger aus St. Josef, ist das jedoch nicht so wirklich gelungen. Dennoch seien die Gläubigen froh gewesen, als Rümmler nach Karlsfeld kam, sagt Koppold. „Pfarrer Rümmler war sehr ausgleichend und hat auch andere außerhalb des neokatechumenalen Wegs toleriert.“ Ob Rümmlers Stelle wieder mit einem Mitglied des Neokatechumenalen Wegs besetzt wird, ist derzeit noch nicht klar. Für den Fortbestand der umstrittenen Gruppierung hat Rümmlers Abschied jedenfalls keine Auswirkungen. Eigene Pfarrer braucht es dafür im Gegensatz zu einem Pfarrverband nicht.
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