Neue Daten zu Kampfdrohnen enthüllen Russlands Verluste im Ukraine-Krieg

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Im Ukraine-Krieg werden Kampfdrohnen immer wichtiger. Wie Zahlen zeigen, sind die kleinen Objekte für große Verluste verantwortlich.

Moskau – Die Toten und Verwundeten im Ukraine-Krieg lassen sich auf beiden Seiten kaum noch zählen. Die Gefahr geht dabei aber nicht nur von Panzern, Raketen oder Schusswaffen in den Händen der Soldaten des verfeindeten Lagers aus. Sondern zu einem großen Maß auch von Drohnen. Die überwiegend fliegend auf die Reise geschickten unbemannten Objekte haben sich längst zu einer der wichtigsten Waffen auf dem Schlachtfeld entwickelt.

Das belegen aktuelle Zahlen zum Ukraine-Krieg. Das unabhängige Portal Important Studies, das bereits mit einigen Investigativ-Recherchen für Aufsehen sorgte, schreibt, dass mehr als 75 Prozent aller Verletzungen, die russische Soldaten während nicht-aktiver Kampfhandlungen erleiden, auf Angriffe ukrainischer Drohnen zurückzuführen seien. Dies gehe auf eine Studie russischer Militärärzte zurück, die im Military Medical Journal veröffentlicht wurde, das vom russischen Verteidigungsministerium herausgegeben wird.

Drohnen im Ukraine-Krieg: Für Großteil der Verwundungen verantwortlich

Für die Studie wurden demnach rund 6000 verwundete Soldaten befragt. Weitere 20 Prozent gaben an, durch Artilleriebeschuss verletzt worden zu sein, bei vier Prozent waren es Kleinwaffen. In der Studie ging es ausschließlich um Verletzungen, die auf Zusammenstöße geringer Intensität und Stellungskämpfe, bei denen keine der Parteien eine Offensive führte, zurückgehen.

Soldat lässt Drohne vor wolkenverhangenem Himmel steigen
Die tödliche Gefahr hebt ab: Ein russischer Soldat lässt eine Drohne in der Region Kursk fliegen. © IMAGO / SNA

Interessant ist auch, dass Drohnen demnach einen großen Einfluss darauf haben, wie viel Zeit nach einer Verwundung bis zur Evakuierung zur chirurgischen Versorgung vergeht. Die Spanne habe sich auf 14,5 Stunden verdreifacht.

Als Vergleich der aktuellen Zahlen wird eine ähnliche Studie herangezogen, die eine Gruppe Ärzte im Juli 2024 veröffentlichte. Darin ging es jedoch um Verwundungen, die Folgen aktiver Kämpfe waren. Drohnen wurden als Ursache nicht gesondert ausgewiesen. Aber 94,4 Prozent der Verletzungen wurden durch Splitter und Sprengstoffe verursacht. Alle von Drohnen beigefügten Verletzungen fallen in diese beiden Kategorien.

Drohnen und ihr Einfluss auf den Ukraine-Krieg: Mehr Soldaten getötet als Panzer oder Mörser

Mit dem Einfluss der Drohnen auf den Ukraine-Krieg befasste sich Anfang März auch die New York Times in einem Artikel. Darin heißt es, laut Roman Kostenko, Vorsitzender des Verteidigungs- und Geheimdienstausschusses im ukrainischen Parlament, seien Drohnen für rund 70 Prozent der Opfer auf russischer und ukrainischer Seite verantwortlich. Kommandeure würden sogar betonen, in manchen Gefechten betrage der Anteil bis zu 80 Prozent.

Einsatz in der Nacht: Ein ukrainischer Soldat macht eine Drohne startklar. © IMAGO / Ukrinform

Es lasse sich festhalten, dass Drohnen mehr Soldaten töten und mehr Militärfahrzeuge zerstören würden als alle anderen traditionellen Waffen wie Scharfschützengewehre, Panzer, Haubitzen und Mörser zusammen. Der Vorteil für die Truppen liegt auf der Hand: Drohnenpiloten können ihre tödliche Waffe aus Bunkern oder Stellungen im Schutz von Bäumen heraus manövrieren und ins Ziel steuern, würden sich dabei Kilometer von der Front entfernt aufhalten können.

Sie jagen aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeiten auch Fahrzeuge. Wer ins Visier genommen werde, fühle sich wie von Tausenden Scharfschützen verfolgt. „Vor Artillerie kann man sich verstecken“, wird Bohdan, stellvertretender Kommandeur der Nationalen Polizeibrigade, zitiert. Aber Drohnen seien „eine ganz andere Art von Albtraum“.

Russische Verluste laut ukrainischem Verteidigungsministerium (Stand: 28. März 2025)

Personal: 910.750

Fahrzeuge und Kraftstofftanks: 42.280

Unbemannte Flugobjekte: 31.070

Artilleriesysteme: 25.387

Bewaffnete Kampffahrzeuge: 21.762

Panzer: 10.455

Spezialausrüstung: 3787

Marschflugkörper: 3121

Mehrfach-Raketensysteme: 1344

Luftabwehrsysteme: 1119

Flugzeuge: 370

Helikopter: 335

Schiffe und Boote: 28

Boote: 1

Drohnen-Angriffe im Ukraine-Krieg: Anzahl von 2023 auf 2024 fast verdreifacht

Die Times betonte zwar, dass es kaum möglich sei, einen Überblick über alle Drohnen-Attacken zu bekommen. Doch die Zeitung lieferte ungefähre Zahlen der vom ukrainischen Verteidigungsministerium und anderen Quellen aufgelisteten Angriffe. Im ersten Kriegsjahr waren es demnach pro Monat höchstens 500, seit Januar 2024 sind es immer mindestens 700 im Monat.

Der Höchstwert von rund 1800 wurde im September 2024 erreicht, als Russland Vergeltung für das ukrainische Vordringen in die Region Kursk übte. Während im gesamten Jahr 2023 gut 4700 Drohnen-Angriffe registriert wurden, waren es im Jahr darauf mehr als 13.800. Ein Anstieg um fast das Dreifache.

Kein Wunder: Drohnen sind relativ einfach und günstig herzustellen. So schmerzt auch ein Verlust deutlich weniger als etwa ein zerstörter Panzer. Wadim Sucharewskyj, Oberbefehlshaber der ukrainischen Drohnen-Streitkräfte, betonte demnach, Kiew setze auf eine Militärstrategie nach dem Motto „Roboter zuerst“. Im vergangenen Jahr habe die Ukraine mehr Drohnen als großkalibrige Artilleriegeschosse abgefeuert.

Zwar sind die unbemannten Objekte, die vor allem durch die Luft schwirren, kein Ersatz für das konventionelle Kriegsgerät, das sich auch in dieser Auseinandersetzung bewährt hat. Aber zu mehr als nur einer reinen Ergänzung sind die Drohnen beim Blick auf die Zahlen schon jetzt aufgestiegen. (mg)

Auch interessant

Kommentare