Union und SPD werden sich beim Wehrdienst nicht einig. Ein mögliches Losverfahren mit Wehrpflicht sorgt für Zoff. Indes drängt die Zeit für die Bundeswehr gewaltig.
Berlin – Es kracht ordentlich in der schwarz-roten Koalition von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Im Fokus des Streits zwischen CDU/CSU auf der einen sowie der SPD auf der anderen Seite steht die Bundeswehr. Genauer gesagt, der Wehrdienst, der für tausende junge Männer in Deutschland doch zur Wehrpflicht werden könnte. Entschieden ist das noch nicht, während die NATO erheblichen Druck auf die deutschen Streitkräfte ausübt.
Dabei geht es etwa um die Panzerverbände des deutschen Heeres. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge hatte das Militärbündnis unlängst die schwarz-rote Bundesregierung gebeten, Deutschland müsse bis 2030 sieben neue Kampfbrigaden für seine NATO-Aufgaben aufstellen. Dabei dürfte es um etwa 35.000 neue Soldatinnen und Soldaten für Panzer-Kampfverbände gehen, da eine Brigade nach Bundeswehr-Verständnis normalerweise bis zu 5000 Mann hat.
Wehrdienst oder Wehrpflicht? Bundeswehr soll tausende neue Panzer bekommen
Auch die Rahmenbedingungen werden offenbar vorbereitet. Denn: Wie Reuters, das Wirtschaftsmagazin Bloomberg und die Bild im Juli übereinstimmend berichtet haben, will Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in den kommenden Jahren bis zu 1000 neue Leopard-2-Panzer und bis zu 2500 Radpanzer GTK Boxer beschaffen. Dabei sind für den Panzer-Bestand der Bundeswehr aktuell etwa schon 50 Schützenpanzer Puma und 123 moderne Leopard 2A8 bestellt.
Ukraine-Krieg und internationale Russland-Aggression unter Kreml-Autokrat Wladimir Putin dienen als Mahnungen. Doch: Während das russische Regime etwa an der Grenze zu Estland oder durch ein U-Boot vor der NATO-Küste Frankreichs weiter provoziert, stellt sich im Deutschen Bundestag und im Verteidigungsministerium die Frage, wer künftig in diesen tausenden Panzern sitzen soll. Schließlich soll der Personalbestand von derzeit rund 182.000 auf 260.000 Berufssoldaten erhöht werden.
Mitte Oktober stürzt nun der Wehrpflicht-Streit die Merz-Regierung geradezu ins Chaos. Anstoß des Streits war das Anliegen der Union, ein Losverfahren in den Gesetzentwurf zum (eigentlich) freiwilligen Wehrdienst einzubauen. Um notfalls per Los aus den gemusterten jungen Männern zu bestimmen, wer zum Wehrdienst (dann) doch verpflichtet wird. Sollten nicht genügend Freiwillige gefunden werden. Die Sozialdemokraten lehnen das unter Pistorius ab.
Wehrdienst in Deutschland: CDU/CSU und SPD streiten über mögliches Losverfahren
Schwarz-Rot bekräftigte am Mittwoch (15. Oktober) zumindest, dass der Gesetzentwurf weiter zielstrebig vorangetrieben werden soll. Während die Frage nach einem möglichen Losverfahren zum Ausgleich von Personallücken bis zum Nachmittag, Stand 15 Uhr, immer noch nicht geklärt war. Aber: Ab Januar sollen die ersten dann 18-jährigen jungen Männer in Deutschland einen Online-Fragebogen ausfüllen, in dem Interessen, Fitness, Bildungsabschlüsse und die Bereitschaft zum Wehrdienst abgefragt werden.
Wer Interesse zeigt und als geeignet erscheint, wird zur freiwilligen Musterung eingeladen. Junge Frauen ab 18 Jahren können den Fragebogen indes freiwillig online ausfüllen. Ab Juli 2027 wird die zunächst freiwillige Musterung für alle 18-jährigen Männer verpflichtend. So sehen es die aktuellen Pläne im Gesetzentwurf vor, über den schon vor den Beratungen mit der Opposition im Parlament die Bundesregierung heftig streitet.
Und auch in der Gesellschaft läuft die Debatte. Eine Mehrheit der Deutschen ist einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für den Stern zufolge für die Wiedereinführung der Wehrpflicht. 54 Prozent der Befragten befürworten demnach einen verpflichtenden Dienst. Die Umfrage dokumentiert aber große Unterschiede nach Altersgruppen. Die ältere Generation ab 60 Jahren befürwortet eine Wehrpflicht, bei den 18- bis 29-Jährigen sind jedoch 63 Prozent dagegen. (Quellen: Reuters, Forsa, dpa) (pm)