Wirtschaftliche Lage: „Stimmung in Deutschland ist deutlich schlechter“

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Die schlechte Stimmung wirkt sich auf die deutsche Wirtschaft aus, sagt DIW-Chef Fratzscher. Notwendige Invesititionen bleiben aus.

Berlin – Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind weiterhin wenig optimistisch – im Unterschied zu anderen Ländern. Davon ist zumindest Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) mit Sitz in Berlin überzeugt. Die Forschenden rechnen für 2024 mit Stagnation.

Die Forscher merken, „dass die Stimmung in Deutschland extrem schlecht ist“, sagte Fratzscher der Wirtschaftswoche. Er hebt dabei vor allem Unternehmen hervor, aber auch private Konsumenten. Das Stimmungsbild wirke sich auch auf die Konjunktur aus. „Ein Teil dieser Schwäche hat sicherlich etwas mit Psychologie zu tun, mit der Stimmung, die in Deutschland deutlich schlechter ist als in vielen anderen Volkswirtschaften.“

DIW-Chef Fratzscher: Fehlende Investitionen deutscher Unternehmen sind „Haupttreiber der schlechten Entwicklung“

Das von Marcel Fratzscher geleiteten DIW prognostizierte einen Rückgang der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal 2024. Anschließend soll sich die Lage zwar bessern, insgesamt sei jedoch ein Nullwachstum zu erwarten, heißt es in der am Donnerstag, 7. März, veröffentlichten Prognose. Deutschland ist damit Schlusslicht in der EU, aber auch ohne Deutschland liegt das Wachstum im Euroraum lediglich bei einem Prozent.

„Haupttreiber der schlechten Entwicklung sind die Investitionen“, sagte Fratzscher. „Die Unternehmen halten sich mit Investitionen im Inland stark zurück und investieren stattdessen kräftig im Ausland.“ Das zeige, dass es nicht an Ressourcen und Kapital in Deutschland mangele, erklärte der Experte. „Viele Unternehmen wenden sich von Deutschland ab und eher dem Ausland zu.“

DIW-Chef Fratzscher fordert „massiven Schub“ an Investitionen, um Wirtschaft zu stärken

Die fehlenden privaten Investitionen bezeichnet Fratzscher als die „eigentliche Achillesferse“. Es brauche „einen massiven Schub“, forderte der DIW-Präsident gegenüber der Wirtschaftswoche. Dabei stellte Fratzscher auch fest: „Deutschland ist nach wie vor attraktiv.“ Er verweist auf große Investitionen durch Unternehmen aus dem Ausland, darunter Intel in Magdeburg, TSMC in Dresden und auch Tesla im brandenburgischen Grünheide.

DIW-Chef Marcel Fratzscher äußert sich auf einer Pressekonferenz zur wirtschaftlichen Lage.
Marcel Fratzscher beobachtet, dass durch die schlechte Stimmung Investitionen ausbleiben, die für die konjunkturelle Entwicklung nötig sind. (Archivfoto) © Bernd von Jutrczenka/dpa

Die DIW-Prognose kritisiert zudem die Politik. Die Finanzpolitik trage kaum zur konjunkturellen Entwicklung bei, heißt es darin. Fratzscher erneuerte im Interview mit der Wirtschaftswoche die Kritik. „Realistisch sehe ich wenig Hilfe, zu wenig Hilfe.“ Der Staat müsse in den Bereichen Digitales, Energie, Verkehr und Bürokratieabbau mehr tun. Zudem: „Die Fiskalpolitik ist angesichts der wirtschaftlichen Probleme zu restriktiv, sie müsste deutlich expansiver sein.“

Zinswende der EZB und privater Konsum bringen konjunkturellen Aufschwung – sagen Experten

Um die Lage zu verbessern, fordert Fratzscher Zinssenkungen durch die EZB. Durch die von den DIW-Fachleuten für den Frühsommer erwartete Zinswende werde sparen unattraktiver. „Der private Konsum wird zum Haupttreiber des konjunkturellen Aufschwungs“, sagte Timm Bönk, Co-Leiter des Bereichs für Prognose und Konjunkturpolitik am DIW.

Einen Aufschwung für die Wirtschaft sieht die DIW-Prognose jedoch durch eine Steigerung der globalen Produktion. Dadurch würden auch Exporte aus Deutschland zunehmen. Global rechnen die Forscher jedoch nur mit einem moderaten Wachstum.

Geopolitische Krisen und Donald Trump als Risiko für wirtschaftliche Entwicklung

Hintergrund seien Konflikte im Nahen Osten, etwa die Angriffe der Huthi-Miliz auf Handelsschiffe im Roten Meer, geopolitische Krisen wie der Ukraine-Krieg sowie die mögliche Wiederwahl von Donald Trump als US-Präsident. Fratzscher sieht deshalb die Gefahr, dass die Fachleute ihre Erwartungen nach unten korrigieren müssen. Ökonomen warnen außerdem vor der AfD. (ms)

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