Dramatische Entwicklung: Unternehmen geben Standort Deutschland schlechteste Note seit 15 Jahren
Eine neue Studie der Handelskammer lässt aufhorchen: In Deutschland sind die Rahmenbedingungen für Unternehmen auf einem historischen Tiefstand. Die Innovationskraft schwindet dahin.
Berlin – Die Stimmung könnte in der Wirtschaft schlechter kaum sein. Seit Jahren kommt sie nicht mehr richtig in Schwung, die Multi-Krise hat ihr einen richtigen Dämpfer verpasst. Noch dazu beklagen Unternehmen aus allen Branchen, dass es an politischer Verlässlichkeit fehle, die Investitionen ausbleiben lasse. Das zeigt sich nun auch in einer neuen Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), die am Montag (4. Dezember) veröffentlicht wurde. Demnach bewerten deutsche Unternehmen die Rahmenbedingung in Deutschland so schlecht, wie noch nie seit Beginn der Studie im Jahr 2008. Sie geben dem Standort die Schulnote 3,4 - im Jahr 2020 lag die Bewertung bei 3,0 und im Jahr 2017 noch bei 2,6.
Deutsche Unternehmen werden durch Bürokratie und Fachkräftemangel ausgebremst
Viele Unternehmen sind vollauf damit beschäftigt, mit den aktuellen Herausforderungen klarzukommen“, berichtet DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben laut einer Mitteilung. „Sie kümmern sich um das Kerngeschäft, sie sind beschäftigt mit dem Einhalten oder Umsetzen von Vorschriften und haben dann kaum noch Ressourcen für die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen. Diesen Trend müssen wir unbedingt umkehren, damit Deutschland wieder an seine klassischen Stärken anknüpfen kann.“
Die größten Bremsen für Innovation sind der Studie zufolge der Fachkräftemangel und die Bürokratie. 71 Prozent der 2200 befragten Unternehmen gaben an, dass fehlendes Fachpersonal zu den wichtigsten Bremsen bei ihrer Innovationskraft zählen, gefolgt von 68 Prozent, die die hohen bürokratischen Hürden nannten.

Um das Fachkräfteproblem in den Griff zu bekommen, geben mehr Unternehmen an, in Zukunft auf die Akquise von Personal aus dem Ausland zu setzen. Vor allem bei den größeren Betrieben mit mehr als 500 Mitarbeitenden wurde angegeben, im kommenden Jahr stärker als bisher im Ausland zu suchen. In kleineren und mittelständischen Unternehmen (KMU) sind die Ressourcen aber begrenzt, um dasselbe zu tun, weshalb die Hälfte der KMUs keine Akquise aus dem Ausland plant.
Unternehmen denken über Abwanderung ins Ausland nach
Um die Probleme mit dem Standort Deutschland zu umgehen, planen immer mehr Firmen, ins Ausland abzuwandern - insbesondere wenn es um den Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) geht. 63 Prozent der großen Unternehmen planen einen solchen Schritt, zeigt die DIHK-Studie. 2020 waren es noch 55 Prozent, die für Innovationstätigkeiten ins Ausland gehen wollten. Der Trend sinkt stetig mit der Zahl der Mitarbeitenden – allerdings gaben auch bei den kleinen Unternehmen 25 Prozent an, über den Aufbau von FuE im Ausland nachzudenken.
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Für DIHK-Chef Wansleben sollte die Politik diese Zeichen erkennen und schnell handeln: „Neue Ideen und Produkte ‚made in Germany‘ brauchen wir jedoch dringender denn je, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. Der Wirtschaftsstandort Deutschland lebt von der Innovationskraft seiner Unternehmen. Wenn Deutschland den Sprung in die Zukunft schaffen soll, muss es jetzt schnell Signale der Politik an die forschenden Unternehmen geben. Wir brauchen Innovationsbeschleuniger!“
Eigentlich will die Bundesregierung bis 2025 erreicht haben, dass die Innovationskraft in Deutschland 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes repräsentiert. Angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen lässt sich das zwar nur schwer vorstellen. 2021 wurden aber schon 3,1 Prozent des BIPs für FuE investiert. Für 2022 gibt es noch keine Daten.