„In unseren Breiten äußerst selten“: Hobby-Vogelkundler gelingen besondere Naturfotos
Die Aufnahmen, die dem Jachenauer Hans Schwaiger gelungen sind, haben Seltenheitswert: Der Hobby-Vogelkundler bekam dieser Tage einen Gänsegeier vor die Kameralinse.
Jachenau – Schwaiger geht nach Rücksprache mit Experten vom Nationalpark Berchtesgaden davon aus, dass der Greifvogel aus Südfrankreich stammt, aber seine weiten Kreise bis in die Jachenau gezogen hat.
Gänsegeier in der Jachenau: Vogelkunde ist seit vielen Jahren Hans Schwaigers Hobby
Ornithologie, also Vogelkunde, ist seit vielen Jahren das Hobby von Hans Schwaiger. Das Interesse sei bei ihm schon als Bub dagewesen, berichtet er. Als Erwachsener habe er sich dann irgendwann einmal gewundert, einen Vogel in seinem Garten zu sehen, den er nicht kannte. Schwaiger begann, sich schlau zu machen und nach und nach die Welt der Singvögel, der Spechte, später auch der Wasservögel mit der Kamera zu erkunden.

Um das Hobby zu vertiefen, schloss er sich einem Kartierungsprogramm des Landesamts für Umwelt für Steinadler an. In bestimmten Revieren im Vorkarwendel kontrolliert Schwaiger seit mittlerweile 20 Jahren die bekannten Horste des Steinadlers, schaut zum Beispiel nach, ob die Adler sich gegen Ende des Winters für die Brut vorbereiten, ob sie dort im Frühjahr Eier ablegen und ob am Ende Jungvögel schlüpfen und auch flügge werden.
Hans Schwaiger: „Die Leute wissen, dass ich einen Vogel habe“
In der Jachenau ist Schwaigers Hobby bekannt. „Die Leute wissen, dass ich einen Vogel habe“, sagt er mit einem Lachen. Als der Jachenauer Tom Stöger im Gemeindegebiet eine besondere Beobachtung machte, rief er deswegen sofort Schwaiger an. Einen „großen Vogel“ habe er gesehen, teilte Stöger mit und vermutete, es könnte sich um einen Bartgeier handeln. Schwaiger machte sich umgehend zusammen mit seinem Sohn auf den Weg zum Ort des Geschehens. Eingepackt hatte er seine große Kamera mit einem Objektiv mit 500 Millimeter Brennweite.
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Der Greifvogel war glücklicherweise noch nicht davongeflogen, sondern mitten auf einer Wiese, außerhalb einer Jungviehweide, sitzen geblieben. „Ich habe schon auf die Entfernung durchs Fernglas erkannt, dass es sich um einen Gänsegeier handelt“, berichtet Schwaiger. Das Vieh auf der Weide sei schon etwas unruhig gewesen, weil es den großen gefiederten Gast nicht einordnen konnte. Gefahr ging von dem Gänsegeier laut Schwaiger aber keine aus. „Das sind reine Aasfresser. Sie haben weder Krallen noch einen Schnabel, mit dem sie eine Beute erlegen könnten.“ Der Gänsegeier sei dann genau in Richtung von Schwaiger und seinem Sohn losgeflogen und sei für ihn daher perfekt zu fotografieren gewesen.
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Warum der Gänsegeier in der Jachenau landete, darüber lässt sich nur spekulieren
„Für mich als Laie war das eine super Beobachtung“, sagt der Jachenauer. Trotz seiner langjährigen Vogelbeobachtung habe er zum ersten Mal einen Gänsegeier gesehen. „Er kommt in unseren Breitengraden äußerst selten vor.“ Schwaiger hielt Rücksprache mit der Naturparkverwaltung Berchtesgaden und bekam von den dortigen Experten bestätigt, dass es sich um einen zwei bis drei Jahre alten unberingten Gänsegeier handelt. „Das heißt, der junge Gänsegeier entstammt einer Wildbrut“, erläutert der Hobby-Ornithologe. Es sei anzunehmen, dass der Vogel seine Heimat in Südfrankreich habe. Ein mögliches Herkunftsgebiet könnte die Verdonschlucht in der Provence sein. „Es ist bekannt, dass die Gänsegeier sehr weit umherziehen“, so Schwaiger.

Warum der Gänsegeier in der Jachenau landete, darüber lässt sich freilich nur spekulieren. Tom Stöger hatte beobachtet, dass eine Schar Mittelmeermöwen – sie brüten auf der Insel Sassau im Walchensee – den Gänsegeier attackiert hatte. „Der Gänsegeier ist in der Luft im Vergleich viel zu groß und träge. Da war vielleicht seine einzige Rettung, auf den Boden zu fliegen.“ Es könne aber auch sein, dass er hier auf seiner Nahrungssuche einen Tierkadaver gefunden habe. Seither wurde der Gänsegeier in der Jachenau nicht mehr gesehen. An seinen gelungenen Fotos aber hat Hans Schwaiger große Freude. (ast)