Piesenkamer Protest legt den Verkehr lahm
Zu Stoßzeiten überrollt der Berufsverkehr den kleinen Ort Piesenkam. Die Anwohner organisierten eine Protestaktion der besonderen Art.
Piesenkam – Die Straßensperrung war ein Fest für die Piesenkamer. Kein Durchkommen für Autos und Lkw, freie Bahn für Fußgänger, Kinder konnten auf der Straße spielen. An einem Werktag, am Montag nämlich, zwischen 15 und 21 Uhr, wenn ansonsten die Pendler auf der heimlichen Südumgehung Holzkirchens durch den Ort rauschen. Weil Anwohner ein Straßenfest beantragt hatten, genehmigten die Behörden für ein paar Stunden das, was der Wunschtraum der Piesenkamer wäre: eine Sperrung der Dorfstraße für den Durchgangsverkehr. „Eine kleine Prostestaktion“, sagt Siegfried Mair, der seit 67 Jahren im Anwesen gleich neben dem Maibaum wohnt. Auf dem Grundstück seines Sohnes fand das Straßenfest statt, das Dach des Carports schützte am Abend vor einem Schauer. „Der Besuch war gut“, freut sich Mair. Nicht nur die direkten Anwohner, auch viele andere Piesenkamer kamen.
Kleiner Aufwand, große Wirkung
Es war ein Fest mit viel Gemeinschaft, aber ohne Getränkestand und Grillwürstl. Um den Aufwand auch für die Genehmigung in Grenzen zu halten, brachten die Anwohner Kaffee, Chips und Limo selbst mit. Etwas Nervennahrung war durchaus wichtig: Nachdem eine weiträumige Absperrung schon an der Einmündung in Richtung Piesenkam von Unbekannten beiseite gestellt worden war, fanden sich viele Autofahrer plötzlich direkt vor der Absperrung fürs Straßenfest wieder und mussten umkehren. „Die waren schon ungehalten“, berichtet Mair. Diese Situation hätten die Organisatoren auch vermeiden wollen.
Belastung ist stark gewachsen
Aber: Dass morgens und abends, zur Zeit des Berufsverkehrs, der Verkehr mit Wucht über das Dorf hereinbricht, wollen die Piesenkamer auch nicht mehr hinnehmen. „In den letzten Jahren ist es viel, viel schlimmer geworden“, weiß Mair. Nach jüngsten Messungen sind es ihm zufolge etwa 3800 Fahrzeuge gewesen, die sich durch Piesenkams Mitte zwängen und dabei oft auf den Gehweg ausweichen. Gefährlich vor allem für Kinder, stressig für alle. Zuletzt, erinnert Mair, sei eine Radfahrerin angefahren worden.
Anwohner hoffen auf Maßnahmen
Schuld am enormen Verkehrszuwachs ist nach Einschätzung der Anwohner die Verkehrsführung durch Navis, die Piesenkam als schnellste Route in Richtung Bad Tölz ausweisen. „Oft ist es nur eine Minute“, sagt Mair. Um die Strecke unattraktiv zu machen, wollen die Piesenkamer den Verkehr verlangsamen. Ideen gibt es etliche: Ampel, Stoppschild und Zebrastreifen, Radfahrer-Streifen und Geschwindigkeitsbegrenzungen auch außerorts. Ein Katalog von Vorschlägen liegt im Rathaus vor. „Aber die Gemeinde kommt nicht in die Gänge“, findet Mair. Dagegen versichert Bürgermeister Norbert Kerkel einmal mehr, die Genehmigungsbehörden bräuchten Messungen über einen längeren Zeitraum, um handeln zu können. Diese seien gerade im Gange.
Die Anwohner hoffen, dass bald etwas passiert. Dabei macht sich Mair keine Illusionen: „Den ganzen Berufsverkehr werden wir nicht wegbringen.“ Aber wenn die Strecke so verlangsamt würde, dass die Navis andere Routen empfehlen, sei schon viel gewonnen: „Dann wäre ein Drittel weg.“