Ampel-Kürzungen beim Bürgergeld: Bundesagentur für Arbeit warnt eindringlich vor „drastischen Auswirkungen“

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Die Ampel-Regierung will im Haushalt 2025 wohl Milliarden im Sozialetat einsparen. Jetzt richtet die Bundesagentur für Arbeit einen eindringlichen Appell an die Bundesregierung.

Berlin – Die geplanten Kürzungen im Sozialhaushalt für 2025 sorgen für Alarm bei den Jobcentern und der Bundesagentur für Arbeit (BA). In einer neuen Pressemitteilung warnt die BA gemeinsam mit dem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen Städtetag eindringlich vor weiteren Mittelkürzungen. „Um alle Menschen im Bürgergeldbezug weiterhin angemessen zu beraten und in Arbeit zu integrieren, sind ausreichend finanzielle Ressourcen notwendig – sowohl für die Verwaltung als auch für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen“, heißt es in der Mitteilung vom Dienstag (25. Juni).

Hintergrund sind die aktuell laufenden Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025. Am Freitag hatte das Bundesnetzwerk für Arbeit und soziale Teilhabe in einem offenen Brief an Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) appelliert, Kürzungen im Bereich des Bürgergeldes nicht vorzunehmen. Angeblich plant die Regierung, im kommenden Jahr 2,6 Milliarden Euro weniger für die Jobcenter auszugeben als noch 2024.

Kürzungen für Bürgergeld-Empfänger: BA fordert mehr Geld für die Jobcenter, nicht weniger

„Die Bundesagentur für Arbeit sowie der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städtetag als Träger der Jobcenter – sowohl der gemeinsamen Einrichtungen als auch der kommunalen Jobcenter – appellieren an die Bundesregierung, die Grundsicherungsstellen adäquat finanziell auszustatten. Einsparungen beim Bürgergeld lassen sich nur erzielen, wenn ausreichend Mittel für die Aktivierung und Vermittlung der Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger zur Verfügung stehen“, schreibt die BA in ihrer Mitteilung weiter.

Ähnlich hatte am Montag schon der Sozialverband Deutschland gegenüber IPPEN.MEDIA reagiert: „Steuerzahlende durch Einsparungen in der Eingliederungshilfe zu entlasten, ist zynisch, denn gleichzeitig wird strukturelle Arbeitslosigkeit verfestigt“, sagte die Vorsitzende Michaela Engelmeier. Wer mehr Menschen in Arbeit bringen wolle, müsse in die Jobcenter investieren und nicht genau dort kürzen.

Nach Angaben der Landesarbeitsgemeinschaft Arbeit (ein Verbund aus Sozialunternehmen, die eng mit den Jobcentern zusammenarbeiten), plane die Ampel-Regierung im Haushalt 2025 folgende Kürzungen vorzunehmen:

Ampel-Kürzungen hätten „drastische Auswirkungen“ für Jobcenter und Bürgergeld-Empfänger

Diese Kürzungen würden vor allem Langzeitarbeitslose treffen, da an den Maßnahmen, die diese Gruppe benötigt, gespart werden würde. Dazu gehören insbesondere die Leistungen zur sozialen Teilhabe, also solche, die Arbeitslosen dabei helfen, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die sie für den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt brauchen. Dazu gehören auch Leistungen, die diesen Menschen auch im Alltag helfen – beispielsweise beim Einkaufen – ohne die sie keine Arbeit aufnehmen können.

Hubertus Heil (SPD) im Bundestag. Für die Berechnung des Bürgergeldes gibt es einen gesetzlichen Rechenweg, der die Preissteigerung berücksichtigt.
Hubertus Heil (SPD) im Bundestag. Ein Brief an Heil und Finanzminister Lindner fordert mehr Geld von der Regierung. © dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Zahlen der LAG bestätigt die Arbeitsagentur in ihrer neuen Pressemeldung zwar nicht konkret; doch scheint sie darüber informiert zu sein, dass die Finanzplanung des Bundes für kommendes Jahr deutliche Einschnitte vorsieht: „Die aktuelle Finanzplanung des Bundesministeriums der Finanzen für 2025 schreibt den Haushaltsansatz der Vorjahre fort. Damit werden die aktuelle konjunkturelle Situation ebenso wie die zusätzlichen Aufgaben, die in den vergangenen Jahren hinzugekommen sind, außer Acht gelassen, sodass dies einer faktischen Mittelkürzung in den Jobcentern gleichkommt. Die bereits erfolgten Haushaltskürzungen 2024 beim Gesamtbudget des Sozialgesetzbuches II konnten nur durch zusätzliche finanzielle Mittel in Höhe von 1,35 Milliarden Euro durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags ausgeglichen werden. Entfallen diese für 2025, hätte dies drastische Auswirkungen für die Jobcenter.“

Bürgergeld-Kürzungen: Jobcenter müssten Mittel umschichten

Die geplanten Kürzungen in den Budgets der Jobcenter, die Fixkosten wie Mieten und Personalkosten haben, müssten zwangsweise auf die Leistungen für Langzeitarbeitslose „umgeschichtet“ werden, so die BA weiter. „Nach ersten Kalkulationen stünde so mehr als jedes fünfte Jobcenter vor der Herausforderung, zu Beginn des kommenden Jahres kein Budget für neue Maßnahmen zu haben.“ Diesen Langzeitarbeitslosen würde also nicht bei der (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt geholfen werden, so die Schlussfolgerung.

Abschließend wird die BA, die die Mitteilung zusammen mit dem Landkreistag und dem Städtetag formuliert hat, sehr deutlich: „Die Bundesagentur für Arbeit, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städtetag möchten ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Konsens leisten und langzeitarbeitslose sowie geflüchtete Menschen bei der Aufnahme einer Beschäftigung gut unterstützen. Im Gegenzug bitten wir die Bundesregierung mit allem Nachdruck, die Jobcenter finanziell so auszustatten, dass diese ihre gesetzlichen Aufgaben in einer herausfordernden Zeit mit den zur Verfügung gestellten Finanzmitteln gut erledigen können.“

Haushalt 2025: Lindner pocht weiter auf Kürzungen im Sozialetat

Ob die Appelle bei der Bundesregierung Gehör finden werden, ist natürlich offen. Vor allem Finanzminister Lindner hat in den vergangenen Wochen immer wieder auf Einsparungen im Sozialen gepocht. „Wir wenden Milliarden Euro auf, um Menschen zu unterstützen, die nicht arbeiten“, sagte Lindner dem Portal The Pioneer erst in der vergangenen Woche. „Man muss nicht die Schuldenbremse aufheben, sondern muss diese Verteilungspolitik einstellen“.

Der Haushaltsplan für das kommende Jahr sollte ursprünglich am 3. Juli im Bundeskabinett verabschiedet werden. Angesichts eines Haushaltslochs von rund 25 Milliarden Euro verlangt Lindner deutliche Kürzungen in den Budgets mehrerer Ministerien, vor allem des Sozialressorts. Insidern zufolge verschiebt sich der Beschluss nun, es werde nach Angaben der Agentur Reuters der 17. Juli ins Auge gefasst. Damit seien noch alle Fristen für eine Zuleitung des Entwurfs an den Bundestag einzuhalten

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