Prozess gegen Klimaaktivisten: IAA-Kletterer erringen Teilerfolg vor dem Amtsgericht Freising

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Einen entspannten Eindruck machten die Klimaaktivisten, die sich am Freisinger Amtsgericht verantworten mussten, bereits vor der Verhandlung. © Fischer

Mit einer Abseilaktion auf Autobahnen haben Klimaaktivisten 2021 gegen die IAA protestiert. Vor Gericht in Freising legten sie Videos vor, die sie entlasten.

Freising - Der Aufruhr vor Prozessbeginn hielt sich im Vergleich zur ersten Hauptversammlung im März 2023 in Grenzen. Keine Demonstration vor dem Amtsgericht für die IAA-Kletterer diesmal, und auch die Polizeipräsenz war am Montag deutlich zurückgeschraubt. Ganz zu schweigen vom Publikumsandrang, der noch vor gut zwei Jahren enorm war. Im Sitzungssaal 1 fanden sich gerade einmal zehn Prozess-Interessierte ein. Die bekamen eine knapp achtstündige Verhandlung zu sehen, bei der eine ganze Reihe von Zeugen geladen war. Nicht alle wurden gehört.

Klimaaktivisten hatten mit einer spektakulären Protestaktion gegen die Internationale Automobilausstellung IAA im September 2021 den Verkehr rund um München lahmgelegt. Auf mehreren Autobahnen seilten sich Aktivisten von den Brücken ab, überhängten Autobahnschilder mit Protest-Nachrichten und blockierten den Verkehr. Betroffen waren davon auch zwei Posten im Kreis Freising: die A92 auf Höhe Neufahrn und die A9 bei Fürholzen. Auf der A9 etwa hatten die Aktivisten die Autobahnschilder überklebt. Statt Ortsnamen waren dort nun Botschaften zu lesen wie „Verkehrskollaps in 2000 Metern“ 

Angeklagte ziehen Polizeimaßnahmen in Zweifel

Nachdem im März 2023 ein chaotisch verlaufender Prozesstag mangels stichhaltiger Beweise am Amtsgericht Freising ausgesetzt worden war, gab es nun die Neuauflage. Und es ging nicht weniger lang zur Sache. Am meisten Spannung bot die Anhörung des Polizeibeamten, der als erster am Einsatzort war und die Entscheidung getroffen hatte, die A9 vollständig zu sperren. „Aus Sicherheitsgründen und auch, um die Klimaaktivisten zu schützen“, wie er angab.

Ob das aufgrund der Aktion auch der Verhältnismäßigkeit entsprochen habe, oder ob es sich vielleicht doch eher um eine überzogene Maßnahme gehandelt habe, wollten die beiden Rechtsbeistände der Angeklagten wissen – und zogen das zunehmend in Zweifel. Mehr noch: Die Verteidigung stellte sich auf den Standpunkt, dass die Gefahrenlage durch den daraus folgenden Stau womöglich noch verschärft worden sei. Darüber hinaus legten sie Amtsrichterin Tanja Weihönig ein Video vor, das zeigte, wie SEK-Beamte offenbar auf der noch befahrenen Autobahn herumliefen. Die Klimaaktivisten beriefen sich quasi darauf, dass nicht sie allein es gewesen seien, die Gefahr heraufbeschworen hätten.

Angeklagte legen Video als Beweis vor

Schließlich führte die Verteidigung einen ähnlich gelagerten Fall an, bei dem ein Gericht den Tatbestand der Nötigung fallen gelassen hatte. Eine solche Aktion sei „vom Versammlungsrecht abgedeckt“, lautete die Argumentation. Nach knapp vier Stunden gab die Staatsanwaltschaft dann den Anklagepunkt „Nötigung“ auf, um „das Verfahren zu straffen“, wie sie erklärte. Damit war der Vorwurf der Nötigung vom Tisch, was die Atmosphäre im Saal spürbar entspannte.

Hart gerungen wurde dennoch. Jetzt ging es darum, inwieweit überhaupt eine Sachbeschädigung vorgelegen habe. Wieder wurde vonseiten eines Rechtsbeistands der Angeklagten als Beweismittel ein Video vorgehalten, in denen zu sehen war, wie Arbeiter der Autobahn GmbH die Aufkleber scheinbar mühelos und in wenigen Minuten wieder abnehmen konnten. Der Dienststellenleiter der Autobahn GmbH sah sich fortan bohrenden Fragen gegenüber, die darauf abzielten, dass es im Grunde keine bleibenden Schäden an den Autobahnschildern gegeben habe. Der Dienststellenleiter sprach zwar von Spuren die von Händen und Füße herrühren mochten. Fotos die das belegen sollten, zogen die Rechtsbeistände aber ebenfalls in Zweifel.

Prozess wird am 2. Juni fortgesetzt

Ein Protokoll über festgestellte Schäden lag ohnehin nicht vor. Das wiederum veranlasste einen der Rechtsbeistände dazu, einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens zu stellen. Schließlich habe es sich bei den verwendeten Aufklebern nur um „eine Art Sticker“ gehandelt, die leicht wieder zu entfernen gewesen seien. „Ein Minimaldelikt“, wie er fand.

Zu einem Urteil kam es am Montag trotz achtstündiger Verhandlung nicht. Eine komplette Einstellung des Verfahrens steht im Raum. Fortsetzung folgt am 2. Juni.

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