Die Freitagsabrechnung: Ein Satz über Trump lässt mich zusammenzucken
Vielleicht hat es sich ja so langsam herumgesprochen: Der Präsident der USA heißt, Überraschung, Donald Trump. Für die Menschen unter uns mit Interesse an der neuesten Geschichte: Die 60. Präsidentschaftswahl fand am 5. November 2024 statt. Seit dem 20. Januar 2025 ist Donald Trump der 47. Präsident der USA.
Der 78-Jährige regiert also in der immerhin schon elften Woche. Diese Fakten nur zur Sicherheit, weil mich an meinen TV-Abenden häufig der Verdacht befällt, dass sich mancher Fernsehschaffende noch immer schwertut, diese Wirklichkeit zu akzeptieren.
Meinungsfernsehen im seriösen Outfit
Bis hinein in die Hauptnachrichtensendungen wird beleidigt, dass sich die Balken biegen. Das ist ärgerlich. Für das Wort „Narzisst“, das dem US-Präsidenten angehängt wurde, hätte man eine Strichliste führen können. Auch sonst wurden hinreichend Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit geäußert.
Eine besonders bemerkenswerte Entgleisung fiel schon in der Anfangszeit der Präsidentschaft. Da trat Markus Gürne im Ersten vor die Kameras. Der Ressortleiter der ARD-Börsenredaktion trug ein blaues Hemd, blauen Anzug, eine rot-grau gestreifte Krawatte – und zum gewohnt seriösen Outfit bemerkenswert offensiv seine Meinung ins öffentlich-rechtliche Fernsehen.
Der 54-Jährige sprach von „politisch finsteren Tagen“. Das kann man so sehen. Er versprach dem Zuschauer „Licht – und das lässt sich finden“. Und dann folgte der Satz, bei dem ich tatsächlich zusammengezuckt bin: „Ausgerechnet der verhaltensauffällige Onkel aus Amerika hat es uns Europäern eingeschaltet.“
Hat denn jeder einen Steinwurf frei?
„Der verhaltensauffällige Onkel aus Amerika“: Es ist, als hätte in diesen Tagen jeder im deutschen Fernsehen einen Steinwurf frei auf den US-Präsidenten. Nun liegt es mir völlig fern, Donald Trump verteidigen zu wollen. Seine Zollpolitik ist für wenige nachvollziehbar, aber viele werden die Folgen spüren müssen.
Es tat weh, die öffentliche Demütigung des ukrainischen Präsidenten durch den US-Präsidenten und seinen Vize vor laufenden Kameras anschauen zu müssen, wieder und immer wieder. Es war ein abstoßendes Schauspiel, das die neue US-Regierung der Weltöffentlichkeit da geboten hat. Und es ist sicher nicht nur geschmack-, sondern auch verantwortungslos, wie da bei Putin und Selenskyj in Wild-West-Manier der schwarze und der weiße Hut vertauscht werden.
Trump als Clown? Das verharmlost ihn nur
Wir machen es uns zu einfach, wenn wir den US-Präsidenten verächtlich machen. Damit verharmlosen wir ihn zu einem Kuriosum – auch wenn er dafür bereitwillig immer neuen Stoff frei Haus liefert. Da schwärmt er gerade von seiner schönen Dusche und seinem „schönen Haar“, wenn er per Dekret die Vorschriften abschafft, den Wasserverbrauch durch Regeln für Duschköpfe zu senken.
Das wirkt lachhaft. Verspricht aber seinen Wählern, dass er und er allein ihnen eine gute alte Zeit zurückbringen kann. Da ist es nicht angemessen, den US-Präsidenten als Clown zu verharmlosen oder als „Onkel aus Amerika“ zu titulieren und ihm das Attribut „verhaltensauffällig“ anzuhängen.
Lasst uns das Wort „Deal“ wieder streichen!
Sollen wir zurückbeleidigen? Die Antwort ist: nein. Mag der US-Präsident seine bisherigen Verbündeten und Wirtschaftspartner beschimpfen: „They’re kissing my ass.“ Uns nützt in aufgeregten Zeiten keine verbale Nachrüstung. Die Zuschauer, die Wähler, die Menschen haben eines gemeinsam: Sie erwarten Lösungen.
Auch aus diesem Grund sollten wir uns der Verblödung verweigern. Deshalb, liebe Fernsehleute: Lasst uns das Wort „Deal“ wieder aus unserem Wortschatz streichen. Den kaputtgebombten Gazastreifen zum Tourismus-Hotspot zu erklären: Das ist kein „Deal“, das ist menschenverachtend.
Wladimir Putin, der nach seriösen Schätzungen allein 900.000 seiner eigenen Landsleute mit dem Ukraine-Krieg in Tod oder Versehrtheit kommandiert hat, kann man nicht behandeln wie in einem Gebrauchtwagen-„Deal“. Politik braucht Vernunft. Politik braucht Verantwortung, gerade heute. Alles andere sind schmutzige Geschäfte.