Flamenco-Kurs in Geretsried: Älteste Teilnehmerin (84) „will mindestens bis hundert tanzen“

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Hoch konzentriert tanzen die Teilnehmerinnen die Schrittfolge nach, die ihnen Wiltrud Krieg vorgeführt hat. Später, wenn die Füße alles richtig machen, kommen die Hände dazu. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Die pensionierte Studiendirektorin Wiltrud Krieg unterrichtet in Geretsried den Tanz der spanischen Gitanos: den Flamenco. Wir besuchten eine Tanzstunde.

Geretsried – Leise Gitarrenklänge ertönen. Sechs Frauen in langen Röcken bewegen sich graziös durch die Turnhalle am Schulzentrum in Geretsried. Immer und immer wieder wiederholen sie bestimmte Schrittfolgen. Ihre Haltung spiegelt Stolz wider, ihre Oberkörper sind aufgerichtet. Die Absätze ihrer schwarzen Stöckelschuhe klappern auf dem Turnhallenboden. Dann verstummt die Musik. Energisch klatscht Wiltrud Krieg in die Hände und zeigt dazu eine Schrittfolge, die als Nächstes geübt wird.

Die sechs Frauen tanzen Flamenco. Wiltrud Krieg ist ihre Lehrerin. Immer montags üben die Frauen gemeinsam. Krieg kam über ihre spanische Verwandtschaft zum Flamenco. „Durch meine Schwägerin aus Andalusien bin ich Anfang der 1970er Jahre auf den Flamenco aufmerksam geworden“, erzählt sie. „Nach einer durchtanzten Nacht in einer Bar in Córdoba hat mich das Flamenco-Fieber gepackt.“ So begann Krieg, sich mit dieser Musik- und Tanzkultur zu befassen. In jahrelanger Fort- und Weiterbildung habe sie sich dann dem Flamenco angenähert.

Die pensionierte Studiendirektorin hat 24 Jahre lang am Geretsrieder Gymnasium Sport- und Flamencounterricht erteilt und mit ihren Tanzgruppen etliche Preise abgeräumt. Mit dem Ruhestand hörte Krieg nicht auf, zu tanzen. Ganz im Gegenteil: Stattdessen unterrichtet sie beim Kulturverein Caminata diesen besonderen Tanzstil auch weiterhin.

Heutzutage ist der Flamenco weit über Spanien hinaus bekannt. Doch wie wurde er überhaupt so populär? Dazu muss man erst einmal die Geschichte dieses Tanzes kennen. „Man vermutet verschiedene Einwanderungswellen von Nordindien nach Europa“, erklärt Krieg, „wobei die Gitanos (Zigeuner) über Nordafrika hauptsächlich nach Südspanien kamen und im andalusischen Bergland wie Nomaden umherzogen.“ Durch ihre Musik- und Tanzkultur wurden die Einheimischen auf sie aufmerksam und der Flamenco konnte sich im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts von Spanien aus über Europa verbreiten“, erzählt Wiltrud Krieg nach der Flamenco-Stunde in der Umkleide.

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Und er hat es bis nach Geretsried geschafft. Dort besucht unter anderem Manuela Poignée-Heger aus Bad Tölz den Kurs von Krieg. „Ich habe Flamenco zum ersten Mal in Spanien gesehen und mag die Musik und die Variabilität sehr“, erzählt sie. Für Poignée-Heger bedeuten die Stunden Entspannung. „Es ist ein respektvoller Tanz“, findet sie. Und sie moniert: „Flamenco hier im Oberland zu tanzen, ist nicht leicht. Deshalb ist es umso schöner, dass sich diese Truppe hier formiert hat.“

Wiltrud Krieg mit der ältesten Kursteilnehmerin Uta Schimanko
Flamenco hält fit: Wiltrud Krieg (li.) gemeinsam mit der ältesten Kursteilnehmerin Uta Schimanko (84). © Sabine Hermsdorf-Hiss

Älteste Teilnehmerin (84) hat Flamenco im Fernsehen entdeckt: „Wollte das auch können“

Die älteste Teilnehmerin am Kurs in Geretsried ist 84 Jahre alt. Uta Schimanko ist mit 50 Jahren zum Tanzen gekommen. „Ich will mindestens bis hundert tanzen“, sagt sie und lacht. Mit dem Flamenco hat Schimanko als Ausgleich zur Arbeit begonnen. „Ich wollte mich einfach bewegen“, erzählt die 84-Jährige. Im Fernsehen hat sie Flamenco gesehen, „da wollte ich das auch können.“

„Flamenco ist für die andalusischen Gitanos bis heute ihr Lebensausdruck“, berichtet Krieg. „Und bedeutet lebenslangen Lernen.“ Schnelle Erfolgserlebnisse – Fehlanzeige. Denn oft müssten Arme, Handgelenke, Schrittkombinationen und Fußarbeiten sehr komplex zueinander koordiniert werden. Und das zu einer Musik, die nicht unbedingt unserem mitteleuropäischen Musikempfinden entspricht.

„Für raschen Konsum ist der Flamenco nicht geeignet“, fasst Krieg zusammen. „Man muss sich ihm mit Engagement widmen, dann bekommt man eine kleine Ahnung vom Lebensgefühl der Gitanos.“ Zudem sei es von Vorteil, die Texte der Lieder, zu denen getanzt wird, zu verstehen. Bei der Übersetzung der fremdsprachigen Texte hat ihr die spanische Verwandtschaft geholfen. Am liebsten aber verwendet Krieg instrumentale Musikstücke. Alle Choreografien, die sie in ihren Kursen lehrt, hat sie selbst gestaltet.

Info: In den laufenden Flamenco-Kurs kann man jederzeit einsteigen. Er findet montags um 17.30 Uhr in der alten Turnhalle am Schulzentrum, Adalbert-Stifter-Straße 14, statt. Anmeldung unter Ruf 0 81 71/1 05 86. Rock und Schuhe können geliehen werden.

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