Wie es der Ukraine in Kursk gelang, 800 km² in nur sechs Tagen einzunehmen
Die ukrainische Kursk-Offensive traf Putin unvorbereitet. Aber nicht nur das Überraschungsmoment soll Selenskyjs Truppen beim Vormarsch in Russland geholfen haben.
Kursk – Innerhalb von sechs Tagen sollen die ukrainischen Truppen nach eigenen Angaben rund 1.000 Quadratkilometer in der russischen Grenzregion Kursk eingenommen haben. Das gab der Generalober der ukrainischen Streitkräfte, Oleksandr Syrskyj, am 12. August – knapp eine Woche nach Beginn der Offensive – in einem Video auf Telegram an. Damit hätte die Ukraine innerhalb von sechs Tagen beinahe so viel Gebietsgewinne in Russland gemacht, wie Russland in der Ukraine im Jahr 2024.
Nach Angaben des US-Thinktanks Institute for the Study of War (ISW) soll Russland von Januar bis Juli 2024 1.175 Quadratkilometer in der Ukraine eingenommen haben. Die Angaben des ukrainischen Generalstabs über die ukrainischen Gebietsgewinne in der Region Kursk lassen sich nur schwer unabhängig prüfen. Das ISW kommt in einer Analyse vom 17. August jedoch zu einer ähnlichen Einschätzung und erklärt den „starken Kontrast“ zwischen den russischen und ukrainischen Gebietsgewinnen.
Kursk-Offensive: Ukraine soll laut ISW in Russland 800 km² in sechs Tagen eingenommen haben
Das ISW gehe davon aus, dass die ukrainischen Truppen vom 6. bis zum 12. August rund 800 Quadratkilometer in der russischen Grenzregion eingenommen haben. Bis zum 17. August sollen die Truppen 28 Kilometer in Russland vorgerückt sein. Zwar sei, laut ISW, das Ausmaß der Gebietsgewinne „kein Indikator für den Erfolg der Operation“, dennoch zieht die Denkfabrik Schlüsse aus dem Vormarsch der ukrainischen Truppen.
Schlüssel zum Erfolg der Kursk-Offensive: „Manöver in Verbindung mit operativer Überraschung“
„Der ukrainische Einsatz von Manövern im Gebiet Kursk dient als Beispiel dafür, wie ukrainische Manöver in Verbindung mit operativer Überraschung in wesentlich kürzerer Zeit und mit weniger Personal und Material zu vergleichbaren Erfolgen führen können“, schreibt das ISW in der Analyse. In der Gegenüberstellung der russischen und ukrainischen Gebietsgewinne zeige sich, dass Manöver im Vergleich zu einem Stellungskrieg zu „wesentlich schnelleren Vorstößen führen“ können.
Zu Beginn war es auch das Überraschungsmoment, dass den ukrainischen Truppen einen Vorteil verschafft hatte. Der Einmarsch der ukrainischen Soldaten traf die Truppen des russischen Präsidenten Wladimir Putin unvorbereitet. In einem CNN-Bericht wird die Geheimhaltung der Operation vor Beginn als ein Indikator für den Erfolg der Offensive ausgemacht.
Ukrainischer Überraschungs-Einmarsch in Russland: Putin lässt im Ukraine-Krieg Truppen verlegen
Der überraschende Angriff zeige außerdem, „dass die russischen Nachrichtendienste einen ukrainischen Vorstoß in die Region nicht vorhersehen konnten“, erklärte Natia Seskuria, Associate Fellow am britischen Royal United Services Institute für Verteidigungs- und Sicherheitsstudien gegenüber CNN. Als Reaktion auf den ukrainischen Einmarsch ließ der Kreml-Chef Berichten zufolge Truppen in die russische Grenzregion verlegen.
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Jedoch habe die Ukraine es durch Manöver geschafft, trotz der Entsendung russischer Verstärkung „schnell voranzukommen“. In einem langwierigen Stellungskrieg würden die Knappheit an militärischer Ausrüstung der Ukraine zum Nachteil werden, heißt es in der ISW-Analyse. Die Kriegsführung der ukrainischen Soldaten in der russischen Grenzregion sei demnach ein Indiz dafür, dass die Ukraine „die Lehren aus den vergangenen Monaten der Stellungskriegsführung verinnerlicht“ habe.
Putins Strategie für den Ukraine-Krieg: Langer „Zermürbungskrieg“
Putin deutete zuletzt an, dass seine Strategie im Ukraine-Krieg eine andere sein könnte. Im Juni analysierte das ISW eine Rede des Kremlchefs auf dem St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum. Dabei soll Putin eingeräumt haben, dass das russische Militärkontingent für einen „schnellen Sieg“ im Ukraine-Krieg zurzeit nicht ausreichen würde. Putin soll laut Ukrajinska Prawda daher erklärt haben, schrittweise vorgehen zu wollen. Das ISW schrieb von einem „Zermürbungskrieg“, den Putin in der Ukraine führen wolle. Dass ein langer Stellungskrieg nur Russland helfen würde, betone auch der damalige ukrainische Oberkommandierende Walerij Saluschnyj im November 2023. (pav)