Pläne für Dorfheizung: Anliegerprotest zeigt Wirkung – Bauantrag zurückgezogen
Die Anlieger-Proteste haben Wirkung gezeigt: Der Projektentwickler zog den Bauantrag zur Errichtung einer Heizzentrale für die geplante Nahwärmeversorgung in Polling zurück. Der Standort neben dem Feuerwehrhaus ist damit obsolet.
Ob sich Projekte zur Energiewende reibungslos umsetzen lassen, hängt auch davon ab, wie offen Investoren ihre Pläne kommunizieren. Diesbezüglich dürfte Martin Echtler den ein oder anderen Fehler gemacht haben. Der Projektentwickler für die Pollinger Dorfheizung hatte in der Bürgerversammlung noch erklärt, dass es keinerlei Probleme mit der Genehmigung für den Heizzentralenbau auf der Kiesfläche neben dem Feuerwehrhaus geben würde. Offenbar ein Trugschluss: Ein paar Tage später nach einer Anliegerversammlung zog Echtler den im Landratsamt bereits eingereichten Bauantrag zurück. Zuvor war dem Vernehmen nach in der Rathausverwaltung zudem ein Gutachten aufgetaucht, das aufgrund der Altlasten auf der ehemaligen Deponiefläche eine Bautätigkeit als ausgeschlossen einstuft.
100 Unterschriften gesammelt
Die Heimatzeitung hat sich mit fünf Anliegern des nun obsolet gewordenen Heizzentralstandorts getroffen. Sie alle wohnen in der Dr.-Wallner-Straße. Ihren Namen möchten sie nicht in der Zeitung lesen: „Es geht uns um die Sache und nicht um öffentliche Glorifizierung“, heißt es.
Bei der Anliegerversammlung hat man Echtler respektive der Gemeinde eine Liste mit über 100 Unterschriften übergeben. Auf der haben sich nicht nur Anlieger aus der Dr.-Wallner-Straße, sondern unter anderem auch aus dem Griesbreitlweg eingetragen. Die Sorge ist mit dem Aus für den Standort am Feuerwehrhaus nicht verflogen. „Es geht nicht allein um die Verteidigung unseres Wohngebiets“, wird betont. Bedenken wegen der Feinstaubbelastung würden auch für andere Standorte gelten. Es mache keinen Sinn, die Problematik in eine andere Straße zu verlagern, „nur weil dort eventuell weniger Widerstand zu erwarten ist“. Man sei keineswegs gegen erneuerbare Energien, „aber sie müssen vernünftig sein – und es muss ein Standort gewählt werden, der für alle verträglich ist.“
Die Liste an Vorwürfen gegen Echtler ist lang: Die Anlieger sprechen von einer „katastrophalen Kommunikation“ und der Verbreitung von „Falschinformationen“. Der geplante Standort der Heizzentrale am Feuerwehrhaus sei lange „bewusst unter dem Deckel gehalten“ worden und nur den Anliegern mitgeteilt worden, die an die Heizung anschließen. Das seien in der Dr.-Wallner-Straße entgegen anderslautender Aussagen aber weit die Minderheit.
Stadtwerke Weilheim nicht interessiert
Des Weiteren geht es um die Feinstaubbelastung. Man habe Echtler mehrmals dazu aufgefordert, Gutachten vorzulegen: „Erst beim vierten Mal hat er eingeräumt, dass es keine gibt“, kritisieren die Anlieger. Es sei bei der Standortwahl nur um wirtschaftliche, aber nicht um gesundheitliche Aspekte gegangen. Der Umkreis der Betroffenen sei zudem viel weiter zu ziehen, weil Windrichtungen gar nicht mitberücksichtigt worden seien. Generell sei zu hinterfragen, ob es Sinn macht, Holz zu verbrennen und dadurch gebundenes CO₂ freizusetzen.
Wegen der in einem TÜV-Gutachten festgestellten Überschreitung von Lärmschutzgrenzwerten musste Echtler den zusätzlich geplanten Bau eines Hackschnitzelhäckslers neben der Heizzentrale bereits streichen. Dabei wurden die Lärmkontingente in den Planunterlagen ohnehin schon runtergerechnet, weil ein benachbarter Drechslerei-Betrieb berücksichtigt wurde, der aber nicht mehr produziert.
Und dann geht es da noch um den Gestattungsvertrag, den die Gemeinde mit Echtler bezüglich des Betriebs der Dorfheizung abschließen muss. Die Anlieger verweisen darauf, dass die Kommune nach § 75 der Bayerischen Gemeindeordnung zum Beispiel Grundstücke wie die Kiesfläche neben dem Feuerwehrhaus jemand anderem nicht unter Wert überlassen dürfe. Im konkreten Fall, so vermuten die Anlieger, würde Echtler sehr lukrative Konditionen erhalten. Ansonsten wäre das Projekt nicht finanzierbar. Energie-Südbayern und die Stadtwerke Weilheim hätten jedenfalls kein Interesse an einem Dorfheizungsbetrieb in Polling gezeigt, weil er aus deren Sicht nicht wirtschaftlich zu führen sei. Zudem müsse der Gestattungsvertrag so formuliert werden, dass die Gemeinde nicht in die Haftung gerate.
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Die Kommune müsse sich nun generell fragen, ob sie Echtler noch als zuverlässigen Partner betrachtet. Das Fazit der Anlieger: „Bei den Planungen für die Dorfheizung wurden wir als Kollateralschaden bewusst in Kauf genommen.“
Das sagt Martin Echtler
„Ich bin mir ganz sicher, dass das Projekt umgesetzt wird“, sagt Martin Echtler über die geplante Dorfheizung. Es sei ein Projekt für die Pollinger Bürger und viele der 260 Anschlussnehmer seien schlichtweg auf die Nahwärmeversorgung angewiesen – zum Beispiel das Kloster oder das Hospiz: „Wenn man nichts macht, werden die Leute noch lange an Öl und Gas festhalten.“ Echtler beteuert, dass er die Sorgen der Anlieger verstehe, aber die Grenzwerte zur Feinstaubbelastung seien weit unterschritten worden. Das Landratsamt habe deshalb auch keine weitere Begutachtung angefordert. Eine Statistik der „Energiewende Oberland“ (EWO) zeige zudem, dass die Feinstaubbelastung und der CO₂-Ausstoß in Polling mit der Dorfheizung sogar weit reduziert werde (von über 90 000 Gramm/Feinstaub pro Jahr auf unter 10 000; bei den 260 Wärmekunden, von denen ausgegangen wird).
Ja, er hätte vielleicht früher mit den Anliegern sprechen sollen, „aber ich wollte die Sache erst mit dem Landratsamt klären“, so Echtler. In der Bürgerversammlung hatte der Projektentwickler aus Oberhausen-Berg noch gemeint, das Grundstück neben dem Feuerwehrhaus sei das einzig zur Verfügung stehende. Nun sind plötzlich zwei weitere Standorte im Gespräch: laut Echtler ein Grundstück im näheren Umkreis des Feuerwehrhauses und eines an ganz anderer Stelle. Derzeit laufen Gespräche mit den Grundeignern, erst nach erfolgreichen Verhandlungen könne er nähere Details bekannt geben. Echtler erklärt, dass ihm die Flächen erst nach dem Rückzug des Bauantrags für die Kiesfläche neben dem Feuerwehrhaus angeboten worden seien. In der jüngsten Gemeinderatssitzung hieß es, dass nun ein Bürgerarbeitskreis an der Standortfrage beteiligt werden soll. Die Fehler bezüglich des Standorts am Feuerwehrhaus sollen nicht noch einmal gemacht werden – auch nicht von Seiten der Kommune, die in der Thematik bislang eher zurückhaltend agierte. Und was ist mit den Konditionen für den Gestattungsvertrag? „Wir werden nichts unter Wert anbieten. Das dürfen wir gar nicht“, sagt Rathaus-Geschäftsführer Jürgen Vavrovec.