Erdogan hofft nach Trump-Sieg auf bessere US-Beziehungen: „Gratuliere meinem Freund“

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Der türkische Präsident Erdogan hofft nach Trumps Sieg bei der US-Wahl auf bessere Beziehungen zu Washington. Doch es warten Herausforderungen für beide Seiten.

Washington, D.C./Ankara – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat dem Republikaner Donald Trump zu dessen Wahlsieg bei der US-Präsidentschaftswahl gratuliert und mit diesem über die künftige Zusammenarbeit beider Länder gesprochen. Wie die türkische Präsidentschaft am Donnerstag erklärte, brachte Erdogan in einem Telefonat seinen Wunsch zum Ausdruck, „die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und den USA in der kommenden Zeit auszubauen“.

Erdogan nennt Trump „Freund“

Auch auf X gratulierte Erdogan dem neu gewählten Trump. „Ich gratuliere meinem Freund Donald Trump, der die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika nach einem großen Kampf gewonnen hat und als Präsident der Vereinigten Staaten wiedergewählt wurde“. Nach der US-Wahl erhofft sich Erdogan offenbar einen Neuanfang der Beziehungen zwischen der Türkei und den USA.

„In dieser neuen Ära, die mit der Wahl des amerikanischen Volkes beginnt, hoffe ich, dass die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA gestärkt werden, dass regionale und globale Krisen und Kriege, insbesondere die Palästina-Frage und der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, ein Ende haben werden, und ich glaube, dass mehr Anstrengungen für eine gerechtere Welt unternommen werden“, so Erdogan auf X.

Ex-Präsident Trump hatte Erdogan während seiner ersten Amtszeit zwischen 2017 und 2021 zwei Mal im Weißen Haus empfangen. Unter seinem Nachfolger Joe Biden war der türkische Staatschef hingegen nie in Washington empfangen worden. Ein für Mai geplanter Staatsbesuch war abgesagt worden.

Lage zwischen Türkei und USA unter Biden angespannt

In den vergangenen Jahren war das Verhältnis zwischen den USA und der Türkei angespannt. Die Türkei hat entgegen der Warnungen der USA das russische Flugabwehrsystem S-400 angeschafft und wurde deswegen aus dem F-35-Programm suspendiert. Später hatte Erdogan den Beitritt von Schweden und Finnland in die Nato blockiert. Erst nachdem die Türkei dem Beitritt beider skandinavischen Länder in die Nato zugestimmt hatte, wollte Washington das Land mit F-16 Kampfflugzeugen beliefern.

Wird es nach der US-Wahl bessere Beziehungen zwischen Washington und Ankara geben?
Der türkische Präsident Erdogan nennt Donald Trump „meinen Freund“. (Archivfoto) © IMAGO/Alex Wroblewski

Doch auch nach der US-Wahl, mit Donald Trump als neuer Präsident, kann es erneut massive Probleme zwischen beiden Staaten geben. Im Oktober 2019 hatte Trump den türkischen Präsidenten vor einem Einmarsch in Syrien gewarnt, da Erdogan dort gegen kurdische Verbündete der US-Regierung vorgehen wollte. „Seien Sie kein Dummkopf“, schrieb Trump an den mächtigen Mann in Ankara und drohte: „Sie wollen nicht für das Abschlachten von Tausenden von Menschen verantwortlich sein, und ich will nicht für die Zerstörung der türkischen Wirtschaft verantwortlich sein – und ich werde es sein.“ Trump ließ den Brief veröffentlichen und zeigte so, dass Washington mit einem Einmarsch in Syrien nicht einverstanden war.

Erdogan musste Entlassung von US-Pastor Brunson veranlassen

Ähnlich waren beide Regierung 2018 aneinander geraten, weil Erdogan den US-Pastor Andrew Brunson verhaften ließ, weil er auch Verbindungen zur Gülen-Bewegung gehabt haben sollte und somit in den Augen Ankaras als Terrorist galt. Erdogan wollte Brunson damals mit dem seit 1999 im US-Exil lebenden und neulich verstorbenen Predigers Fethullah Gülen austauschen. „So lange du ihn (Fethullah Gülen, Anm. d. Red) uns nicht gibst, wirst du diesen Terroristen, so lange ich lebe, nicht bekommen“, sagte Erdogan am 11. Januar 2018 vor den Kameras. Am 12. Oktober 2018 veranlasste Erdogan dann aber doch die Freilassung des Amerikaners. Schon alleine die wirtschaftspolitische Androhung Trumps hatte die Börse in Istanbul in massive Turbulenzen versetzt.

Konfliktpotenzial: Türkei will in weitere Gebiete in Syrien einmarschieren

Die Türkei will in weitere Gebiete in Nord- und Ostsyrien einmarschieren und bereitet sich darauf offenbar auch vor. Mit Drohnen, Artilleriebeschuss und Kampfjets greift das türkische Militär seit letztem Mittwoch flächendeckend den Nordosten Syriens an. „Die Angriffe finden als Vergeltung für einen Anschlag auf den türkischen Rüstungskonzern TUSAŞ am 23. Oktober in der Nähe von Ankara statt, zu dem sich die kurdische Arbeiterpartei PKK bekannt hat“, schreibt Anita Starosta von der Holfsorganisation medico und kritisiert, dass dabei vor allem zivile Infrastruktur zerstört wird.

Raketen und Bomben trafen vor allem Standorte des Agrar-, Industrie- und Dienstleistungssektors – Elektrizitätswerke, Ölfelder, Gasstationen, Bäckereien, eine Molkerei und ein Lager für Weizen. Mindestens 17 Menschen seien dabei ums Leben gekommen.

Selbstverwaltung zeigt sich nach Trump-Sieg optimistisch

Die Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien bietet nach der US-Wahl dem neuen Präsidenten eine Fortsetzung der guten Beziehungen an. „Wir haben die Wahlen genau verfolgt. Für uns war von Anfang an klar, dass wir unsere Zusammenarbeit fortsetzen wollen, unabhängig vom Wahlausgang. Wir gratulieren Präsident Donald Trump zum Wahlsieg und bekunden unsere Bereitschaft für eine engere und vertiefte Zusammenarbeit. Der Nahe und Mittlere Osten darf nicht im Chaos versinken. Unsere Streitkräfte haben sich in den letzten Jahren als verlässlicher Partner erwiesen, und wir möchten diese Partnerschaft weiter stärken“, sagt Khaled Davrisch, Vertreter der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien, im Gespräch mit fr.de von IPPEN.MEDIA.

Die Selbstverwaltung sei auch weiterhin zum Dialog bereit und werde stets für eine friedliche Lösung eintreten. „Unser Einsatz für eine politische Lösung für ganz Syrien ist unmissverständlich“. Doch Erdogan scheint es auf das türkische Nachbarland abgesehen zu haben und könnte sich nur durch ein Machtwort von Trump von seinem Vorhaben abbringen lassen. (erpe/AFP)

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