Als Stadt durchs neue Jahr: Haar feiert Erhebung ausgiebig – Gespräche für neues Gewerbegebiet laufen
Die Gemeinde Haar wird dieser Tage zur Stadt erhoben. Das wird ausgiebig gefeiert. Zudem braucht die Kommune Geld, daher soll ein neues Gewerbegebiet entstehen. Das ist nicht unumstritten.
Die Kassen sind klamm, doch die Haarer sind gut gelaunt. Schließlich wird aus der 25 000-Einwohner-Gemeinde am 28. Januar offiziell die Stadt Haar. Für die Bürger ändert sich wenig, doch Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) setzt auf einen Image-Gewinn als Standort für steuerkräftige Unternehmen. Vorerst helfen die 10,9 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich, doch muss etwa die Volkshochschule mit deutlich weniger Zuschüssen ein „stadtgerechtes“ Programm bieten.
Am Dienstag, 28. Januar, wird Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vor geladenen Gästen dem Bürgermeister die Stadturkunde überreichen. Drei Tage später steigt rund um das Rathaus für alle Bürger ein zünftiges Volksfest. Dabei werden auch alte Ortsschilder versteigert und Gemeinderelikte wie alte Bierkrüge verkauft. Dann will Haar das ganze Jahr hindurch jeden Monat feiern, vom Volksfest und Mittelaltertagen bis zum „SOMMA in der Stadt“ oder dem generationen- und kulturenübergreifenden Musiktheater „Konferenz der Tiere“ im Kleinen Theater.
Bei vergnüglichen Stadtwanderungen soll es menscheln und sich historischer Klatsch mit spannenden Anekdoten abwechseln. Die „Stadtführerinnen“ mischten sich auf einem historischen Foto schon einmal zur Familie von Franz Bibinger, der vor 115 Jahren geschäftstüchtig eine Schranke auf der heutigen B304 angelegt hatte; damit jeder, der dort entlangkam, in seinem Gasthaus Alter Wirt einkehrt oder zumindest einen Obulus entrichtet, um zu passieren.
Auch Haar muss Einnahmen generieren. Dafür will es Gewerbe auch auf der Finckwiese ansiedeln und diese in ein Gewerbegebiet umwandeln. Das ist Konsens im Gemeinderat, doch formiert sich zunehmend Widerstand bei Umweltschützern und Anwohnern. Aktuell führt die Gemeinde Gespräche mit kaufinteressierten Unternehmen.

2023 wurde Haar zur „Circular City“ und richtet im Juli eine Konferenz dazu aus, wie Städte beim Bauen und der Mobilität Rohstoffe sinnvoll wiederverwerten, anstatt sie zu verschwenden. Dieses cradle-to-cradle-Prinzip soll beim Neubau des Jugendfreizeitheims Dino beispielgebend angewendet werden. Die Planung läuft, ein Bautermin steht noch nicht.
Das Geothermie- und Fernwärmenetz wird weiter ausgebaut. Und bei Salmdorf sorgt eine Herde kleiner, hornloser Lowline-Angus-Rinder schon jetzt dafür, dass das Gras dort kurz bleibt, wo bald eine große Freiflächen-Photovoltaikanlage zur regenerativen Energiegewinnung beitragen soll.
Endlich soll auch die Bürger-App kommen, mit der Bürger an Umfragen teilnehmen, die Verwaltung kontaktieren oder Schäden an Straßenleuchten oder in der Fahrbahn melden können. Umgekehrt kann die Verwaltung im Fall einer Katastrophe ihre Bürger schnell informieren.
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Für die Kindergärten in der Rechnerstraße und am Wieselweg werden neue Modulbauten errichtet und es wird geprüft, ob das Bürogebäude am Lindenplatz 1 zum Schulcampus mit Realschule und FOS/BOS umgebaut werden sollte. Ebenso ist die Sanierung des Bürgerhauses fest im Plan.

Zu den Jubilaren, aber auch Sorgenkindern, gehört die Leibstraße. Vor einhundert Jahren entstand hier der erste Kiosk, der Getränke und Süßwaren anbot. Jetzt soll Haars Einkaufsmeile deutlich aufgewertet werden, etwa durch breitere Bürgersteige und barrierefreie Zugänge zu den Geschäften. Der nahe Busbahnhof wird für das Mehr an (Express-)Bussen flott gemacht.
Sein 120-jähriges Bestehen feiert das heutige kbo-Isar-Amper-Klinikum. Es entstand 1905 und hat neben seiner deutschlandweit geschätzten Expertise für psychiatrisch-neurologische Krankheiten bekanntermaßen eine „Stroke-Unit“ zur Akutbehandlung, die die Folgen eines Schlaganfalls deutlich minimieren hilft. Diese hoch spezialisierte Klinik war mit ausschlaggebend dafür, dass Haar sich ab 28. Januar Stadt nennen darf. Die Gemeinde ist dann Geschichte.
Tanja Möller