„Schlimmstes Szenario verhindert“: Ampel einig über Haushalt 2025 – So reagiert die Wirtschaft
Die Ampel-Spitzen haben sich auf Kernpunkte des Haushalts 2025 geeinigt. Was denken die Wirtschaftsverbände darüber? Wir haben nachgefragt.
Berlin – Nach langen Verhandlungen war es am Freitagmorgen so weit: Die Spitzen der Ampel-Koalition haben einen Durchbruch beim Bundeshaushalt 2025 und über ein Wachstumspaket erzielt. Unter anderem sieht die zum Haushalt und zum Finanzplan bis 2028 getroffene Einigung vor, die Schuldenbremse einzuhalten – eine Notlage hätten die Ampel-Spitzen nicht festgestellt. Das hatte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) aus Koalitionskreisen erfahren.
Bauindustrie über die Einigung zum Haushalt 2025
Ein „Wachstumsturbo“ soll außerdem ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von rund einem halben Prozent auslösen. Umgerechnet wären das 26 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung. Der „Wachstumsturbo“ beinhaltet unter anderem beschleunigte Abschreibungen von Investitionen und eine verbesserte Forschungszulage. Reicht das der Wirtschaft aus? Die Verbände sind geteilter Meinung.
Die Bauindustrie zeigte sich am Freitagvormittag zufrieden. „Die Bundesregierung hat von ihrem harten Sparkurs Abstand genommen. Damit konnte das schlimmste Szenario für unsere Straßen, Brücken und Schienen verhindert werden. Das ist eine gute Nachricht für den Infrastrukturbereich“, sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, zu der haushaltspolitischen Entscheidung der Bundesregierung im Bereich der Verkehrsinfrastruktur.
Zusätzliche Mittel im Haushalt 2025 – über Nachtragshaushalt
Gleichwohl gebe es Ausbaubedarf. Die Regierung bleibe bei ihrer Linie für den Straßen- und Brückenbau: Hier sind pro Jahr 6,2 Milliarden Euro vorgesehen, obwohl Baupreise, Planungs- und Personalkosten enorm gestiegen seien. „Kommen keine zusätzlichen Mittel ins System, wird somit weit weniger gebaut als nötig. Wichtige Brückenbauprojekte zur Anbindung unserer Häfen, von Metropolregionen mit dem ländlichen Raum oder zur Aufrechterhaltung des europäischen Transitverkehrs bleiben auf der Strecke.“
Darum sei es wichtig, dass die Bundesregierung noch 2024 zusätzliche Mittel bereitstellt – über einen Nachtragshaushalt. „Die Ampel muss jedoch mittelfristig und verlässlich deutlich mehr investieren, um Brückensperrungen und einen Kollaps des Straßenverkehrsnetzes zu vermeiden. Die geplante Erhöhung ab 2026 ist hierbei ein Lichtblick“, erklärte Müller.
Meine news
„Noch nicht genug“ – Großhandel fordert höhere Entlastungen im Haushalt
Der deutsche Technologie-Riese Bosch begrüßt es ebenfalls, dass es zu einer Einigung kam – allerdings gab es zum Zeitpunkt der Anfrage durch IPPEN.Media noch keine tiefergehenden Details. Dr. Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen, äußerte sich ausführlicher: „Ich begrüße die Einigung auf einen verfassungsgemäßen Bundeshaushalt ausdrücklich. Dass in die Einhaltung der Schuldenbremse bestätigt wurde, ist notwendig.“
Jandura zufolge ist die Wachstumsinitiative durchaus positiv einzuschätzen, „aber noch nicht gut genug, um aus der Krise zu kommen“. Die Entlastungen müssten seiner Einschätzung nach „deutlich höher“ ausfallen. Eine mögliche Maßnahme wäre die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Die von der Ampel geplanten Anreize bei der Fachkräfteeinwanderung befürworte Jandura dagegen „ausdrücklich“. Seiner Meinung nach ist die wichtigste Maßnahme, die die Ampel treffen könne, die Entbürokratisierung. „Der Mittelstand muss endlich von der Lawine an Berichtspflichten befreit werden.“
„Gutes Zeichen für die Wirtschaft“ – Das denken die Familienunternehmen über den Haushalt 2025
Die Familienunternehmen sprechen nach der Einhaltung der Schuldenbremse von einem „guten Zeichen für die Wirtschaft“. Denn so seien Steuererhöhungen zur Finanzierung der zusätzlichen Schulden unwahrscheinlicher. „Es ist auch ein gutes Zeichen für die junge Generation, die vor noch höheren Schuldenbergen bewahrt wird“, sagte Marie-Christine Ostermann, die Präsidentin der Familienunternehmer.
Ostermann hob außerdem die „symbolische Bedeutung“ der Maßnahme hervor, dass das deutsche Lieferkettengesetz ausgesetzt wird, bis die europäische Version in Kraft tritt. „Damit hat Wirtschaftsminister Habeck gezeigt, dass er den Bürokratiefrust im deutschen Mittelstand ernst nimmt.“ Weiter lobte Ostermann, dass die Koalitionsspitzen sich überhaupt zusammenraufen konnten, „um der wankenden Wirtschaft einen ersten Hoffnungsschimmer aufzuzeigen.“ Damit die Wirtschaftswende aber am Ende Realität werde, müsse sich an das Dynamisierungspaket „ein echtes steuerpolitisches Reformpaket noch in dieser Legislaturperiode anschließen.“
Der Sozialverband Deutschland begrüßt vor allem die „guten Ansätze“ für Kinder, Jugendliche und ihre Familien. „Auch die Förderung des Wohnungsbaus mit 20 Milliarden Euro in den nächsten Jahren, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist der richtige Weg“. sagte Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des SoVD. „Jetzt bleibt zu hoffen, dass sich das Gezerre um die Ausgestaltung der Details nicht bis zum Ende des Jahres hinzieht.“
Einigung zum Haushalt ändert nichts – Verteidigungsindustrie mahnt zu mehr Investitionen
Die Verteidigungsindustrie hatte im Juni ein Paper veröffentlicht, unterzeichnet von den führenden Köpfen der Branche, darunter Armin Papperger vom Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. Mit der heutigen Entscheidung der Ampel-Koalition habe sich daran jedoch nichts verändert, sodass die Kernpunkte nach wie vor Geltung hätten. Die Verteidigungsindustrie warnt, dass Deutschland ohne zusätzliche Investment das Zwei-Prozent-Ziel der NATO langfristig nicht würde einhalten können.
„Spätestens in 2027 wird dieses Sondervermögen aufgebraucht sein“, heißt es in der entsprechenden Mitteilung. Immer wieder habe die Regierung versprochen, das Ziel einzuhalten, aber „die amtliche Haushaltsplanung spricht eine andere Sprache“. Die geltende mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung habe den Etat des Bundesverteidigungsministeriums für die kommenden Jahre konstant bei 52 Milliarden Euro „eingefroren“. Die Unterzeichner des Papers setzten sich dafür ein, dass die anstehende Haushaltsplanung der Bundeswehr die entsprechenden Mittel zuweisen müsse, um den voraussichtlichen Bedarf zu decken.