Recherchen legen nah, warum Trump wirklich so besessen von Grönland ist
Donald Trump hat sich in seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident einmal mehr als Gegner von Maßnahmen gegen den Klimawandel präsentiert. Seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus strich er systematisch Klimaschutzprogramme und erklärte immer wieder unverblümt, dass der Klimawandel kein Thema sei, mit dem sich sein Verteidigungsministerium zu beschäftigen habe. „Das Ministerium macht keinen Klimawandel-Mist“, stellte Verteidigungsminister Pete Hegseth kürzlich auf X klar.
Trump: „Wir brauchen Grönland“. Aber warum eigentlich?
Diese Haltung entspricht dem Bild, das Trump seit Jahren vermittelt: Den Klimawandel bezeichnete er als Erfindung der Chinesen, oder als Mittel der politischen Linken, um Kontrolle auszuüben. Er ist aus dem Pariser Klima-Abkommen ausgetreten, hat Offshore-Windenergieprojekte auf Eis gelegt und angekündigt, das Arctic National Wildlife Refuge wieder für Öl- und Gasbohrungen zu öffnen.
Doch Trumps wiederholtes Interesse an Grönland passt nicht in dieses Bild.
Auswirkungen des Klimawandels: Unmittelbares Sicherheitsrisiko für die USA
Denn Recherchen des US-Magazins „The Atlantic“ deuten darauf hin, dass die wahren Gründe viel tiefer liegen könnten. Denn auch wenn Trump den Klimawandel öffentlich leugnet, scheint er sich dennoch auf die geopolitischen Veränderungen vorzubereiten, die mit dem Abschmelzen der Polkappen einhergehen könnten.
Während das Polareis immer weiter zurückgeht, geraten wertvolle Ressourcen wie Seltene Erden, Öl und Gas ins Visier globaler Mächte. Zugleich eröffnen sich durch das Schmelzen neue Schifffahrtsrouten im Arktischen Ozean, die wirtschaftliche und strategische Vorteile versprechen. Die USA fürchten, dass China und Russland von diesen Veränderungen profitieren könnten, indem sie neue Handelsrouten dominieren oder militärische Präsenz in der Region aufbauen.
Wie „The Atlantic“ berichtet, stellen die Auswirkungen des Klimawandels für die USA auch ein unmittelbares Sicherheitsrisiko dar: Schmelzendes Eis und Veränderungen im Salzgehalt sowie in der Temperatur der Ozeane könnten die Überwachungssysteme der US-Marine beeinträchtigen. Gleichzeitig könnte das Auftauen des Permafrosts in Russland wirtschaftliche Instabilität, soziale Unruhen und territoriale Konflikte auslösen.
US-Ministerium: „Der Klimawandel ist keine der Prioritäten des Präsidenten“
In den letzten Jahren haben die größten Militärapparate der Welt – darunter auch das US-Verteidigungsministerium und die Nato – den Klimawandel in ihre Planungen einbezogen. Beide Institutionen analysieren regelmäßig, wie Klimarisiken die militärische und zivile Sicherheit beeinflussen könnten. In den USA beschäftigen sich nationale Geheimdienste damit, „über strategische Überraschungen nachzudenken“, die durch den Klimawandel verursacht werden könnten, so die Klimawissenschaftlerin Julie Pullen im Gespräch mit „The Atlantic“.
„So wie zum Beispiel die Defense Intelligence Agency die Möglichkeit abwägen muss, dass Iran eines Tages Atomwaffen besitzen könnte, sollten Geheimdienstmitarbeiter auch die nicht auszuschließende Möglichkeit berücksichtigen, dass die Ostküste der USA unter Wasser stehen könnte“, erklärt Pullen.
Doch während die Nato und das US-Militär unter der Biden-Regierung damit begannen, den Klimawandel als ernsthafte sicherheitspolitische Herausforderung zu behandeln, scheint sich diese Haltung unter Trump geändert zu haben. Auf Anfrage von „The Atlantic“ erklärte ein Sprecher des Ministeriums, dass „Klimawandel-Programme und -Initiativen abgeschafft werden“ und dass „ der Klimawandel nicht Teil der Kriegsführungsmission des Ministeriums oder der Prioritäten des Präsidenten“ sei.
„Grönland ist ein wunderbarer Ort“
Doch auch wenn Trump öffentlich Klimawandel-Maßnahmen ablehnt, ist sein Interesse an Grönland ein indirektes Eingeständnis, dass sich die Welt rasant verändert. Ein Szenario, in dem die Arktis zunehmend zugänglich wird, scheint für Trump kein ferner Mythos zu sein, sondern eine kalkulierbare Entwicklung.
In diesem Kontext erscheinen seine Bemerkungen zu Grönland in einem anderen Licht:
„Grönland ist ein wunderbarer Ort“, hatte der gerade erneut gewählte Trump vor Weihnachten gesagt. „Wir brauchen die Insel für unsere internationale Sicherheit. Und ich denke, wir werden sie bekommen – so oder so.“ Kurz vor der umstrittenen Grönland-Reise von Vizepräsident JD Vance hatte Trump seine Rhetorik noch einmal verschärft. „Wir werden so weit gehen, wie wir gehen müssen", sagte der US-Präsident. „Wir brauchen Grönland. Und die Welt ist darauf angewiesen, dass wir Grönland haben. Auch Dänemark. Dänemark muss uns Grönland überlassen.“
Begründet wird diese aggressive Rhetorik offiziell mit sicherheitspolitischen Interessen: Das Ziel seines Besuchs, so Vizepräsident Vance in einem Video auf X, sei es, Grönlands Sicherheit zu überprüfen, weil andere Länder „dessen Territorien und Wasserstraßen nutzen könnten, um die Vereinigten Staaten zu bedrohen“.
Trump und der „Grönland-Deal“.
Evan van Bloom, ein Global Fellow am Polar Institute des Wilson Center und ehemaliger Beamter des Außenministeriums ist sich aber sicher: „Das Militär und andere Behörden werden den Klimawandel weiterhin berücksichtigen, weil sie es müssen.“ Wenn man Trump über Grönland sprechen höre, höre man ihn über die Geopolitik des Klimawandels sprechen, so van Bloom zu „The Atlantic“ – „ob er es so nennen will oder nicht.“
Trump will keine Klimaschutzpolitik betreiben. Doch sein geopolitisches Interesse an Grönland zeigt, dass er sehr wohl auf eine schmelzende Arktis und die daraus resultierenden Veränderungen vorbereitet sein will. Statt Klimaschutz zu fördern, versucht er allerdings lieber, die neuen Bedingungen zu seinem Vorteil zu nutzen – und zwar, ganz in Trump-Manier, mit einem angestrebten „Grönland-Deal“.