Erdrutschsieg: Christian König (26) ist Direktkandidat von Bündnis 90/Die Grünen
Paukenschlag bei den Grünen: Mit haushohem Abstand ist der 26-jährige Christian König, der in Garmisch-Partenkirchen aufgewachsen ist, bei einer Versammlung in Seehausen zum Direktkandidaten für den Bundestag im Wahlkreis 225 gekürt worden.
Seehausen – „Solche Versammlungen haben ihre Eigendynamik“, sagt Martin Adler, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Landkreis Weilheim-Schongau. Eine „echte Erklärung“, warum Christian König bei der Aufstellungsversammlung im Seehauser Gasthof zum Stern 48 Stimmen bei 72 Wahlberechtigten bekam, habe er nicht. „Es haben sich eventuell viele gesagt, das ist ein junges Gesicht.“ Irmi Gallmeier, früher Kreissprecherin der Partei im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, sieht es so: „Ich glaube, es war der Qualität und der Person Christian König geschuldet.“ Er sei „ein anderes Kaliber“. Sie betont, es habe im Hintergrund „kein Geschiebe“ und „keine Intrigen“ gegeben. Auch Adler erklärt, ihm wäre nicht aufgefallen, dass im Vorfeld für König getrommelt worden wäre. „Wir haben darauf geachtet, dass wir als Kreisverband neutral sind.“
Doch von vorne: Zwei Männer, König und Dr. Dirk Fischer, sowie eine Frau, Petra Daisenberger, hatten im Vorfeld ihren Hut in den Ring geworfen. Im Rahmen der Aufstellungsversammlung meldete sich dann noch ein vierter: Martin Albrecht, 70, Bio-Landwirt aus Oderding (Gemeinde Polling).
Alle vier hatten dann sieben Minuten Zeit, um sich den 72 Wahlberechtigten vorzustellen. 42 stammten aus dem Landkreis Weilheim-Schongau, 30 aus dem Kreis Garmisch-Partenkirchen. Zudem mussten die Bewerber vier Fragen aus den Reihen der Mitglieder beantworten.
Interne Online-Vorstellungsrunde
Vorgelagert war eine interne Online-Veranstaltung gewesen, in der sich König, Fischer und Daisenberger vorgestellt und ebenfalls Fragen beantwortet hatten. König (26), der in Garmisch-Partenkirchen aufwuchs und jetzt in München lebt, ist Unternehmens- und Kommunikationsberater, Fischer (36, Innsbruck) Berater der öffentlichen Hand und die Murnauerin Daisenberger (54) Studentin und Friseurmeisterin.
Dann wurde es spannend. Viele rechneten mit einer Stichwahl. Für die absolute Mehrheit benötigten die Aspiranten 37 Stimmen. König riss diese Hürde im ersten Wahlgang locker. Gestern sprach er gegenüber dem Tagblatt von einem „tollen Ergebnis. Das gibt mir viel Rückenwind für den Wahlkampf. Ich dachte, dass es knapper wird“. Das ging wohl vielen so. „Ich war extrem überrascht, dass es so deutlich war“, sagt der Landtagsabgeordnete Andreas Hanna-Krahl. König war sein „Wunschkandidat“, daraus macht er kein Hehl. Das fulminante Ergebnis erklärt sich Hanna-Krahl so: „Er hat seine Hausaufgaben gemacht.“ König sei „gefühlt in jedem Ortsverband“ gewesen, „er hat sich vorgestellt und seine Gründe für die Kandidatur dargelegt“. Der 26-Jährige habe „als Person und mit seinen Themen überzeugt“, sagt eine Grünen-Politikerin aus dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen.
König hat in England Politikwissenschaften und nachhaltige Entwicklung studiert und an der Columbia University seinen Master in öffentlicher Verwaltung gemacht. In Berlin arbeitete er bei einem Think-Tank und war dort für Klima- und Außenpolitik zuständig. Derzeit ist er in München bei einer Agentur tätig, die politische Kampagnen organisiert und im Kommunikationsbereich unterwegs ist. König lebt mit seinem Partner in der bayerischen Landeshauptstadt. Bei den Grünen ist er seit 2020 Mitglied, seit September dieses Jahres ist er Schriftführer im Kreisverband (KV) Garmisch-Partenkirchen.
Nur acht Stimmen für Daisenberger
KV-Sprecherin ist seitdem Daisenberger. Beobachter dachten, dass sie es zumindest in die Stichwahl schafft. Doch weit gefehlt. Die Murnauerin, auch Sprecherin des Ortsverbands, bekam lediglich acht Stimmen. „Eine Watschn“, wie aus Grünen-Kreisen zu hören ist. Zur Erinnerung: Aus dem Kreisverband Garmisch-Partenkirchen waren 30 Wahlberechtigte vor Ort. Bei der Vorstandswahl des Kreisverbands Garmisch-Partenkirchen hatte sich Daisenberger im September mit 17:15-Stimmen den Sprecherinnen-Posten gesichert. Das Procedere sorgte für Ärger, es war von einer Kampfkandidatur die Rede. Daisenberger wies das damals zurück (wir berichteten).
Meine news
Falls sie enttäuscht sein sollte, lässt es sich Daisenberger nicht anmerken. „Für mich ist das Ergebnis völlig in Ordnung“, sagte sie gestern. „Die Mitglieder haben sich schon was überlegt.“ Ihre Kandidatur hatte sie erst relativ spät bekannt gegeben. Ein Fehler? „Ich glaube nicht, dass das entscheidend war.“ Es sei ein „offenes Geheimnis“ gewesen, dass sie eine Kandidatur erwogen habe. „Mir war es wichtig, als Frau in den Ring zu steigen.“ Fischer und Albrecht erhielten jeweils sechs Stimmen.
König beackert, wie er in seiner Bewerbungsrede ausführte, die Themen Klimaschutz und Klimaanpassung, gesellschaftlicher Zusammenhalt und wirtschaftliche Transformation. Den Grünen wird von der CSU oft vorgeworfen, ideologisch zu agieren. König drehte den Spieß um, hielt dies CSU-Platzhirsch, Landesgruppenchef und Direktkandidat Alexander Dobrindt vor. Und überhaupt: „Alexander Dobrindt hat diesen Wahlkreis nicht gepachtet. Zeigen wir es ihm.“ Schwarz-Grün ist aus Königs Sicht eine Option. „Ich finde regieren besser als nicht regieren.“
Aktuell ist der 26-Jährige dabei, ein Wahlkampfteam mit Mitgliedern aus beiden Landkreisen zusammenzustellen. Um Chancen auf einen Einzug in den Bundestag zu haben, bräuchte König einen guten Listenplatz. Genaueres weiß man nach dem Parteitag der bayerischen Grünen Mitte Dezember in Hirschaid (Oberfranken), wo die Bundestagsliste aufgestellt wird. „Solche Veranstaltungen haben ihre Dynamik“, sagt König.
Auch interessant: SPD nominiert Clemens Meikis für Wahlkreis Weilheim