Weltkonzern baut Jobs ab: Bayern bangt um weit mehr als Jobs
Der Sparkurs in der Raumfahrt- und Rüstungssparte schürt Ängste, dass Airbus sich weiter aus München zurückzieht. Die Staatsregierung, die auf dem Airbus-Areal einen riesigen Campus aufbaut, ist alarmiert.
Ottobrunn/Taufkirchen – Bayern beobachtet den angekündigten Stellenabbau bei Airbus Defence and Space in Ottobrunn und Taufkirchen mit Argusaugen. Die TUM und der Freistaat errichten derzeit in der direkten Nachbarschaft zu Airbus einen Campus für Luft- und Raumfahrt, das sogenannte „Space-Valley“. Nun herrscht die Sorge, dass ein Kahlschlag bei Airbus den Forschungscampus schwächen könnte, bevor dieser wirklich in Betrieb geht. „Für die Forschungskooperation wäre es problematisch, wenn Airbus in Ottobrunn-Taufkirchen viele Stellen in der Forschung und Entwicklung streicht“, warnt Professor Thomas Hofmann, Präsident der TUM. Auch Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) fordert von Airbus „ein klares Bekenntnis zu Ottobrunn-Taufkirchen“.
Das „Space-Valley“ soll mit bis zu 4.000 Studenten und 50 Professoren der größte Forschungscluster für Raumfahrt in Europa werden. Der Freistaat hatte dafür erst im September weitere Flächen von Airbus gekauft. „Gerade durch sein unternehmerisches Umfeld ist der Standort prädestiniert“, sagte Wissenschaftsminister Blume damals. Der Lehrbetrieb soll im Wintersemester 2025/2026 starten. Die direkte Nähe zu Airbus war ein wichtiges Argument für die Ansiedlung in Ottobrunn.
Aderlass bei Airbus: Weltkonzern baut Stellen ab - Betriebsrat meldet sich zu Wort
Bis vor zehn Jahren hatte der deutsch-französische Weltkonzern, der zunächst unter EADS firmierte, seine Zentrale in Ottobrunn-Taufkirchen. Seither hat Airbus kontinuierlich Kompetenzen und Mitarbeiter aus München abgezogen. Etwa vor zehn Jahren wurde die Zentrale komplett nach Toulouse in Frankreich verlegt, heute beherbergt Ottobrunn-Taufkirchen noch den Firmensitz der Airbus-Tochter Defence and Space sowie das Kompetenzzentrum, in dem etwa die Antriebe der Ariane-Rakete entwickelt werden. Auch wissenschaftliche Satelliten für Missionen zum Jupiter und dem Merkur baut man dort.

2.200 Mitarbeiter beschäftigt der Konzern derzeit in München. Doch die Zahl schrumpft. In der jüngsten Sparrunde der Rüstungs- und Raumfahrtsparte von Airbus, von der über 2.000 Jobs betroffen sind, müssen in Ottobrunn 244 Stellen abgebaut werden, 93 davon im Satellitenbau, der unter der harten Konkurrenz von Firmen wie SpaceX leidet. Zu betriebsbedingten Kündigungen soll es zwar nicht kommen. Dennoch kritisiert der Betriebsrat, dass die Pläne den Standort Ottobrunn-Taufkirchen überproportional treffen.
Wissenschaftsminister Blume gibt sich besorgt - Airbus-Abgang wäre ein „Treppenwitz“
„Meine nicht unbegründete Sorge ist, dass der Aderlass bei Airbus weitergeht und immer weitere Kompetenzen Schritt für Schritt nach Frankreich verlagert werden“, sagt Wissenschaftsminister Blume gegenüber unserer Zeitung. „Airbus darf in Ottobrunn-Taufkirchen die Forschung nicht wegkürzen“, betont er, der Freistaat habe sich schließlich deutlich zum Standort bekannt und liefere mit der TUM Technologie und Talente. „Wir erweitern gerade das Ökosystem vor Ort und bauen dort für eine Milliardensumme den größten Campus für Luft- und Raumfahrt in Europa auf. Es wäre ein Treppenwitz, wenn Airbus sich gleichzeitig auf Raten verabschiedet.“
Auch mit Blick auf die „Zeitenwende“ müsse Ottobrunn-Taufkirchen Sitz von Airbus Defence and Space und damit der zentrale Ort unternehmerischer Entscheidungen bleiben, meint Blume. „Das ist im vitalen nationalen Interesse und nicht verhandelbar.“ Der Zugang zum Weltraum und neue Konzepte der Luftfahrt seien sicherheitspolitisch von größter Bedeutung. „Ich erwarte deshalb auch vom Bund, dass er nicht länger wegschaut. Das Airbus-Management muss in die Pflicht genommen werden, die Systemfähigkeit im Land zu halten. Deutschland darf sich nicht mit der bloßen Zuliefererrolle zufriedengeben.“
„Space Valley“ in Bayern: Auch der TUM-Präsident hofft auf Airbus-Verbleib
Ähnlich sieht es auch TUM-Präsident Hofmann. Es gebe mit IABG, Hensoldt oder Isar Aero Space zwar weiter starke Raumfahrtfirmen in der Region. „Aber Airbus ist für uns ein sehr zentraler Forschungspartner“, bestätigt der TUM-Präsident. Er sieht durch die Nähe zum Campus auch viele Vorteile für das Unternehmen: „Es gibt einen enormen Andrang auf unsere Raumfahrt-Studiengänge, wir haben viel mehr Bewerber als Studienplätze“, berichtet er. „Für Airbus ist das ein riesiges Reservoir an begabten und bestens ausgebildeten Nachwuchskräften – viele Absolventen kommen im Rahmen von Seminaren, Projekten oder Forschungsarbeiten ja früher oder später in Kontakt mit dem Konzern. Das sollte das Unternehmen nicht leichtfertig aufgeben.“
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Bei Airbus gibt man sich dagegen irritiert über die Mahnungen aus München. Es würden zwar Stellen in München gestrichen„aber die Forschung und Entwicklung ist dabei per se gar nicht betroffen“, erklärte ein Sprecher des Unternehmens. Dass Bayern sein Raumfahrtzentrum in OttobrunnTaufkirchen angesiedelt habe, lobte er als „strategischen Meilensteinfür dieWeiterentwicklungdesCampus“.Gemeinsam mit der Universität wolle man auch künftig „gemeinsame Potenziale identifizieren“ und im „Space Valley“ in OttobrunnTaufkirchenumsetzen.