Das Thema war zuletzt etwas untergegangen, auch wenn es augenfällig ist. Nun aber macht sich Schliersee auf den Weg, seine Ortsmitte aufzuwerten. Etwas zaghaft vielleicht, aber immerhin.
Wer durch Schliersee fährt – und das sind speziell an Wochenenden bekanntlich nicht wenige – , kennt diesen Eindruck: An manchen Abschnitten scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Leerstand, graue Fassaden, blinde Fenster – und das direkt an der Bundesstraße. Dem CSU-Gemeinderat Wolfgang Mundel war das schon ein Dorn im Auge, als er noch gar kein Mandat innehatte. Für den Wahlkampf hatte er daher ein Dossier erstellt, das den Status quo erfasst und als möglichen Schritt zur Besserung die Festlegung eines Sanierungsgebietes vorschlägt. Jetzt nähert sich der Gemeinderat einer Umsetzung. Einstimmig hat das Gremium beschlossen, einen ersten Schritt zu gehen. Der besteht darin, einen Experten zu suchen, der dann im Gemeinderat vorstellig wird.
Thema stand eigentlich ganz oben der Prioritätenliste
Eigentlich war das Thema Ortsmitte auf der Prioritätenliste des Gemeinderats ganz oben gestanden. So das Ergebnis einer Klausursitzung im Sommer 2021. Doch wegen diverser Umstände – Belastung der Verwaltung, andere Großprojekte, Finanzen – geriet der Ortskern ins Hintertreffen. Wobei die Stoßrichtung damals eher dahin ging, dass die Gemeinde zwischen Bahnhofstraße und alter Schule selbst tätig wird. Das ist mit der geplanten Festsetzung eines Sanierungsgebieta etwas anders. Denn zumindest Mundels Blick richtet sich eher auf die Miesbacher Straße, und gefordert wären dort die Grundstücksbesitzer. „Vielleicht können wir sie aufrütteln“, sagt Mundel im Gemeinderat.
Werkzeug ermöglicht höhere steuerliche Abschreibung
Das Instrument Sanierungsgebiet kann eine Gemeinde mehr oder weniger rigide einsetzen. In der schärferen Variante sind Hauseigentümer verpflichtet, Sanierungen vorzunehmen. Passiert dies nicht, kann die Gemeinde ein Vorkaufsrecht wahrnehmen. Solch „harte Bandagen“ will Mundel aber nicht auffahren. Er zählt eher darauf, dass steuerliche Vorteile Anreiz genug sind. So sind Sanierungsmaßnahmen über einen Zeitraum von zwölf Jahren, statt wie sonst 50, steuerlich abschreibbar. Auch auf Förderprogramme können Hauseigentümer in Sanierungsgebieten zugreifen.
Gemeinde kann „relativ viel relativ genau festlegen“
Das Rad neu erfinden brauchen die Schlierseer hier nicht. Mundel nannte Holzkirchen als Beispiel, und letztlich war auch die eigene Ortsmitte ein Sanierungsgebiet, festgesetzt im Jahr 1998. Im Zuge dessen wurde der Bereich rund um den Bahnhof aufgewertet. Wie Geschäftsleiter Jörn Alkofer in der Sitzung erklärte, kann eine neuerliche Festsetzung erfolgen, „ohne dass seitens der Gemeinde eine konkrete städtebauliche Sanierungsmaßnahme umgesetzt werden soll“. Freilich geht es aber nicht ohne Begründung, und hierfür braucht es eingehende Vorab-Untersuchungen. Sind Umfang und sogenannte städtebauliche Missstände festgelegt beziehungsweise identifiziert, kann die Gemeinde „relativ viel und relativ genau festlegen, was zu machen ist und was nicht“, wie es Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer (CSU) in der Sitzung sagte. Im Speziellen dürfte es an der Miesbacher Straße um energetische Sanierung und Modernisierung gehen.
Bernd Mayer-Hubner (Grüne) war Mundel „sehr dankbar für den ersten Aufschlag“. Dieser sei „wichtig und notwendig“. In den weiteren Prozess sollten aber die Ideen, die etwa bei einer Ortsbegehung durch den Gemeinderat entwickelt wurden, mit einfließen. Die Satzung lässt der Gemeinde genug Spielraum, um später auf Entwicklungen im Gebiet zu reagieren und auch selbst aktiv zu werden – unterstützt etwa auch durch die Städtebauförderung.
Problem Gasthof Zur Post mit Sanierungsgebiet wohl nicht lösbar
Zu verschönern gäbe es in der Ortsmitte genug. Am prominentesten sicherlich der Gasthof zur Post, wobei Schnitzenbaumer bezweifelt, dass dieser ins Sanierungsgebiet aufgenommen werden kann – mangels räumlichen Zusammenhangs. Sorgen bereitet der Gemeinde aber auch der Leerstand an der kleinen Fußgängerzone an der Karl-Haiderstraße. Dort hat das vormals festgesetzte Sanierungsgebiet weniger Wirkung entfaltet, als etwa am Bahnhof, wo ja Seerose und Bahnhofsgebäude ersetzt wurden. Wobei Mundel unterstreicht, dass die Zielsetzung in der Bestandsverbesserung besteht.