Grafing auf Kollisionskurs mit der Bahn: Berufsschul-Pläne kreuzen Brenner-Zulauf

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Konfliktzone: Die Gleise durch Grafing-Bahnhof von Westen betrachtet, der möglichen Doppelbaustelle. sro Ungeachtet der verkehrspolitischen Bedeutung hat das Bahnprojekt Brenner-Nordzulauf im gegenwärtigen Verfahrensstadium keine planungsrechtliche Vorrangposition gegenüber der gemeindlichen Bauleitplanung. Die Stadt Grafing an die Adresse der Bahn © Stefan Roßmann

Die Stadt Grafing zurrt einen wichtigen Planungsschritt für eine Berufsschule fest – und kommt damit dem Brenner-Nordzulauf und der Deutschen Bahn ins Gehege

Grafing – Der Ton wird rauer, aber das ist kein Wunder. Denn für beide Beteiligten geht es um viel. In der Grafinger Bauausschusssitzung fiel am Dienstagabend im Rathaus einstimmig der Satzungsbeschluss für die geplante Berufsschule in Grafing-Bahnhof. Damit gibt es Baurecht – geschaffen in Rekordzeit. „Ein Meilenstein“, sagte Bürgermeister Christian Bauer. Die Stadt macht Druck, um alle Voraussetzungen zu schaffen für das begehrte Schulprojekt. Der Landkreis Ebersberg ist der einzige in Oberbayern, der bisher keine eigene Berufsschule hat. Die nächsten sind in den Landkreisen München, Rosenheim und Erding.

Bahn warnt Stadt vor Konflikt mit Brenner-Trasse

Die Deutsche Bahn hingegen ließ in der Beteiligung als Träger öffentlicher Belange keinen Zweifel, was sie von den Grafinger Plänen hält: gar nicht viel. „Die Aufstellung des Bebauungsplans steht nach aktueller Planung in Konflikt zu der bei Grafing-Bahnhof geplanten Trassenführung des Brenner-Nordzulaufs“, teilte die DB in ihrer Stellungnahme erneut mit. Deshalb könne den Plänen nicht zugestimmt werden.

Davon zeigten sich die Bauausschussmitglieder allerdings wenig beeindruckt. Das Argument für ihre Haltung lieferte die Bahn in der Begründung ihrer Stellungnahme selbst: „Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der exakte Umgriff der Eisenbahnplanung im gegenwärtigen Verfahrensstadium noch nicht abschließend festgelegt ist“, wird eingeräumt. Dennoch sei bereits jetzt erkennbar, „dass eine rechtliche Betroffenheit der Eisenbahnplanung durch die Aufstellung des Bebauungsplans in jedem Fall gegeben sein wird“.

Flächenmäßige Überschneidungen könnten für Ärger sorgen

Im Klartext: Berufsschule und neue Trassen des Brenner-Nordzulaufes könnten teilweise denselben Flächenumgriff beanspruchen. Wie existenziell dieser Konflikt für den Brenner-Nordzulauf ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt kaum abschätzen. Es zeichnet sich aber ab, dass sich die beiden Projekte gewaltig ins Gehege kommen könnten.

Verwiesen wird seitens der Bahn auf die „transeuropäische Bedeutung“ des Infrastrukturprojektes. Dann folgen eine Reihe von Bedenken, was die Neugestaltung des Bahnsteigzuganges, die Straßenkreuzung, die Baustellenzufahrt, Ausgleichsmaßnahmen, Regenrückhaltebecken und Lage der Gleise betrifft. Das seien die „Hauptkonflikte“, so die Bahn, die droht: „Für die Schäden, die der DB aus der Baumaßnahme entstehen, haftet der Planungsträger/Bauherr. Das gilt auch, wenn sich erst in Zukunft negative Einwirkungen auf die Bahnstrecke ergeben.“ Entsprechende Änderungsmaßnahmen seien dann auf Kosten des Vorhabensträgers zu veranlassen, wird zu bedenken gegeben.

...keine planungsrechtliche Vorrangposition gegenüber der gemeindlichen Bauleitplanung

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Schwer zu sagen, ob alle Bauausschussmitglieder das beliebte Comic „Asterix und Obelix“ kennen, unschwer aber sind in der aktuellen Auseinandersetzung Parallelen zum in ihm vorkommenden „unbeugsamen gallischen Dorf“ zu erkennen. Denn auf die deutliche Warnung der Bahn antwortete die Grafinger Bauverwaltung ungerührt so: „Ungeachtet der verkehrspolitischen Bedeutung hat das Bahnprojekt Brenner-Nordzulauf im gegenwärtigen Verfahrensstadium keine planungsrechtliche Vorrangposition gegenüber der gemeindlichen Bauleitplanung.“

Stadt hält Zustimmung der Bahn für unnötig

Es gebe bisher weder eine parlamentarische Befassung im Bundestag, noch einen Planfeststellungsbeschluss. Und dass der „exakte Umgriff“ der Planung „noch nicht abschließend festgelegt ist“, räumt die Bahn ja selbst ein. „Auf eine Zustimmung der Deutschen Bahn, wie sie in der Stellungnahme verweigert wurde, ist die Stadt Grafing also nicht angewiesen.“

Die Stadt äußert sich aber trotzdem zuversichtlich, dass Bahn und Berufsschule schließlich und dereinst in friedlicher Nachbarschaft koexistieren können. Denn der Konflikt kommt zur Unzeit. Nach wie vor werden öffentliche Diskussionen darüber geführt, ob angesichts der momentanen Haushaltslage des Landkreises zwei Großprojekte gleichzeitig finanziert werden können: Die Berufsschule in Grafing-Bahnhof und ein weiteres Gymnasium in Poing. „Darüber werden momentan Gespräche geführt“, berichtete Bürgermeister Bauer.

Die Stadt Grafing hat jedenfalls in der jüngsten Bauausschusssitzung alle ihre planerischen Voraussetzungen geschaffen. „Uns war es wichtig, den Satzungsbeschluss zu fassen“, meinte Bauamtsleiter Josef Niedermaier angesichts des von seiner Abteilung gemeisterten Kraftaktes. Damit sei Baurecht für die Berufsschule geschaffen, so Bauer. Und Stadtrat Josef Fritz (CSU) sagte: „Wir geben jetzt Gas.“

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