Orbán warnt: „Rücken jede Woche näher an den Krieg“ – Kreml stellt sich hinter ihn
Viktor Orbán ist gegen die Einführung einer EU-Armee sowie einer Wehrpflicht. Er sieht Europa kurz vor einem Krieg. Im Kreml stimmt man ihm zu.
Budapest – Laut dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán rückt ein Krieg in Europa immer näher. In diesen werde Ungarn von seinen westlichen Verbündeten hineingezogen. Gleichzeitig kritisierte er die Pläne zur Schaffung einer europäischen Armee sowie die Wiedereinführung der Wehrpflicht, auch in Deutschland. Aus dem Kreml kam prompt Zustimmung. Europa sei „in eine Zwischenphase der Kriegsvorbereitungen mit Russland eingetreten“, hieß es von dort.

„Jede Woche rücken wir näher an den Krieg heran, und jede Woche passiert etwas, das darauf hindeutet, dass wir auf einen Krieg zusteuern oder in einen Krieg eintreten“, äußerte Orbán am Freitag (31. Mai) in einer Radiosendung der ungarischen Station Radio Kossuth. Er machte auch deutlich, dass eine Wiedereinführung der Wehrpflicht, seiner Ansicht nach, Sache der einzelnen Nationen sei. Sie dürfe nicht in einer einheitlichen „imperialen, in Brüssel ansässigen EU-Armee“ erfolgen. Das, so Orbán, würde bedeuten, dass „jemand anderes über das Blut der Ungarn entscheidet“ - was ihm zufolge inakzeptabel wäre.
Europawahl entscheidet, „ob Europa in den Krieg oder in den Frieden geht“ – Orbán kritisiert Weber
Der deutsche Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CDU), spreche von der Wiedereinführung der Wehrpflicht im Rahmen einer einheitlichen EU-Armee, so Orbán weiter. Solche Pläne würden jedoch bedeuten, dass „die Kontrolle über das Schicksal unserer eigenen jungen Menschen der nationalen Zuständigkeit entzogen“ werde.
Auch der Kommunikationsdirektor von Orbáns Fidesz-Partei, Tamás Menczer, äußerte sich ähnlich. Das berichtet die regierungsnahe Nachrichtenwebsite des ungarischen Rundfunks Hirado. „Bei den Wahlen am kommenden Sonntag geht es darum, ob Europa in den Krieg oder in den Frieden geht“, habe Mencze gesagt - und ebenfalls auf Weber hingewiesen. Auch den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (SPD) nahm er aufs Korn. Seine Aussage „dass militärische Sicherheit und die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft miteinander verknüpft sind und dass die Einführung der Wehrpflicht diskutiert werden sollte“ habe der Kommunikationsdirektor ebenfalls abgelehnt, so der Bericht.
Orbán sieht die Gefahr eines Weltkriegs – und zweifelt Ungarns Nato-Mitgliedschaft an
Orbán ging in dem Radiointerview allerdings noch weiter. Vor dreißig Jahren sei die Wehrpflicht vielerorts abgeschafft, weil in Europa Frieden herrschte. Der Kalte Krieg sei beendet gewesen, „die Russen und die Sowjetunion aus Mitteleuropa zurückgedrängt worden“. Die Nato habe im Wesentlichen keine rivalisierende Militärmacht auf dem Planeten gehabt. Deshalb sei die ständige Bereitschaft und Ausbildung junger Generationen für den ständigen Krieg, die durch die Wehrpflicht erreicht wurde, nicht notwendig, und die Länder könnten durch eine Berufsarmee verteidigt werden, erklärte er weiter.
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Ungarn sei der Nato beigetreten, weil diese ein Verteidigungsbündnis sei. Ihre Aufgabe sei es, den Schutz seiner Mitgliedstaaten zu gewährleisten, und nicht, um in einen bewaffneten Konflikt außerhalb des NATO-Gebiets einzugreifen, der die Gefahr eines Weltkriegs mit sich bringe.
Eine Situation wie „im Ersten und Zweiten Weltkrieg“? Der Kreml stimmt Orbán Ausführungen zu
Doch jetzt werde Ungarn, wie schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg, von seinen westlichen Verbündeten in einen bewaffneten Konflikt hineingezogen. Er habe im Hinblick auf die russische Invasion in der Ukraine „die Dokumente über die Verhandlungen zwischen Hitler“ und dem Ungarn Miklos Horthy „erneut geprüft“, so der Rechtspopulist weiter. Ungarn habe damals unter „enormem Druck gestanden, so schnell wie möglich mehr Soldaten an die Front zu schicken und mehr Juden“ in die Todeslager zu deportieren. Er sage „nicht, dass das, was wir jetzt erleben, das gleiche Niveau erreicht hat, aber wir bewegen uns in die Richtung“, so der Ministerpräsident, der trotz des Ukraine-Kriegs enge bilaterale Beziehungen zu Moskau aufrechterhält.
Aus Moskau ernte Orbán für diese Aussagen im Handumdrehen Beifall. Der Kreml stimme zu, „dass Europa in eine Zwischenphase der Kriegsvorbereitungen mit Russland eingetreten“ sei, ließ der Pressesprecher des russischen Präsidenten Dmitri Peskow verlauten. Das schreibt die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Man sei sich mit Orbán einig: „Das alles kann sich natürlich nur sehr negativ auf die Gesamtsituation auswirken. Die Eskalation der Spannungen geht weiter“, so Peskow.
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