ARD-Doku deckt schonungslos Deutschlands Leopard-2-Problem für die Bundeswehr auf

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Eine ARD-Dokumentation zeigt, wie wenige Leopard-2-Panzer in München gebaut werden. Und: Bevor die Bundeswehr drankommt, ist auch Ungarns Viktor Orban an der Reihe.

München - Es sind spektakuläre Einblicke, für die die Geheimdienste von Kreml-Autokrat Wladimir Putin aus Russland mitten im Ukraine-Krieg mutmaßlich wohl einiges geben würden. Die Bilder stammen aus München-Allach im Nordwesten der bayerischen Landeshauptstadt.

Leopard-2-Panzer aus Deutschland: Begrenzte Kapazitäten bei KNDS in München

Die ARD hat in der Dokumentation „NATO – wer wird Europa schützen?“ exklusive Aufnahmen aus den Fabrikhallen des deutsch-französischen Rüstungskonzerns KNDS veröffentlicht, in denen der berüchtigte Leopard-2-Kampfpanzer zusammengeschraubt wird. Der Beitrag zeigt vor allem eines: Und zwar, dass die jährliche Stückzahl jener „Leoparden“, die gefertigt werden, sehr überschaubar ist, während der Bedarf in den Nato-Staaten riesig ist.

Bemerkenswert offen spricht KNDS-Geschäftsführer Ralf Ketzel im ARD-Interview so auch unbequeme Wahrheiten zur Leopard-2-Produktion an. Zum Beispiel: Vom Auftrag bis zur Auslieferung eines einzelnen Kampfpanzers dauert es etwa zwei Jahre. Und: In den Produktionsstätten am Stadtrand Münchens können pro Jahr nur 40 bis 50 Panzer gebaut werden.

KNDS-Deutschland-Geschäftsführer Ralf Ketzel steht in den Produktionshallen in München vor einem Leopard-2-Panzer, der sich im Bau befindet.
KNDS-Deutschland-Geschäftsführer Ralf Ketzel steht in den Produktionshallen in München vor einem Leopard-2-Panzer, der sich im Bau befindet. © Screenshot ARD Mediathek

Leopard 2 aus München: Bundeswehr muss lange auf neue Panzer warten

„Wir dürfen nur das produzieren, was erlaubt ist. Kriegswaffen darf man nicht auf Vorrat schaffen. Es ist kein Wirtschaftsgut. Sondern wir arbeiten auf Regierungsaufträge. Dafür muss es Genehmigungen zur Herstellung geben, genauso Genehmigungen zum Export und zur Auslieferung. Sie können von uns nicht erwarten, dass wir Panzer auf Halde bauen“, erklärt Maschinenbau-Diplom-Ingenieur Ketzel, der seit 2021 die Deutschland-Sparte von KNDS in der Isarmetropole leitet. Das sei die rechtliche Hürde, die einer schnelleren Produktion von mehr Panzern im Weg stünde, schildert der einstige Artillerie-Offizier der deutschen Bundeswehr.

„Die zeitliche Limitation ergibt sich daher, dass das Produkt Kampfpanzer hochwertig ist und eine komplexe Lieferkette hat, wofür viele Lieferanten vorher komplexe Produkte zu fertigen haben. Das dauert, bis diese Kette angelaufen ist. Dann könnte man mehr produzieren“, erklärt er. Laut des Berichts sind an der Fertigung eines Leopard 2A7 für die Bundeswehr zum Beispiel zweitausend Lieferanten beteiligt. Das ging alles schon mal unkomplizierter. „Ich bin 1990 in die Firma gekommen“, erzählt Ketzel: „Die Firma wurde zum Aufbau der Leopard-1-Flotte gegründet. Wir haben hier die Leopard 2 gefertigt. Wir hatten drüben eine echte Bandmontage im Werk. Und wir waren in der Lage, round about einen Panzer pro Tag zu liefern.“

Leopard-2-Panzer: Ungarn und Bundeswehr werden gleichzeitig bedient

Die Produktion dauert heutzutage nicht nur sehr lange. KNDS-Chef Ketzel würde zudem mehr Einheitlichkeit zwischen den Leopard-Panzer-Typen der verschiedenen Nato-Mitglieder begrüßen. „Der wichtige Vorteil ist: Sie können Fahrzeuge austauschen, sie können die Ausbildung gleich machen. Die Leute können umsteigen. Wir können sie mit den gleichen Ersatzteilen versorgen. Es gibt keine Komplexität. Das wäre wirklich ein großer Fortschritt, wenn man das könnte“, sagt er.

Denn: Je nach Nato-Staat haben die „Leos“ unterschiedliche Waffenanlagen oder Schutzsysteme, weswegen sich auch die Typ-Bezeichnungen unterscheiden. Und noch eines zeigt der Bericht: Obwohl das Rüstungsunternehmen in Deutschland produziert, muss die Bundeswehr länger warten, weil zeitgleich andere Nato-Staaten bedient werden. Brisant: Darunter ist aktuell insbesondere auch Ungarn, dessen Ministerpräsident Viktor Orban Waffen-Lieferungen an die Ukraine im Speziellen und die Nato sowie die Europäische Union (EU) im Allgemeinen immer wieder blockiert. Und der der einzige Regierungschef aus dem Verteidigungsbündnis ist, der noch gute Kontakte nach Moskau hat.

Ein Leopard 2 A7+HU für die ungarische Armee steht in den Fabrikhallen von KNDS in München.
Ein Leopard 2 A7+HU für die ungarische Armee steht in den Fabrikhallen von KNDS in München. © Screenshot ARD Mediathek

Leopard-2-Kampfpanzer: Bestellungen aus Deutschland, Ungarn und Norwegen

In München kommt es bei der Produktion des „Leo“-Nachschubs derweil offenkundig zu einem langen Stau. Das Bundesverteidigungsministerium hatte etwa im Mai 2023 auf seiner Website die Bestellung von 18 Leopard 2A8 vermeldet, um ebenso viele an Kiew abgegebene Leopard 2A6 bei der Truppe zu ersetzen. Die Panzer sollen demnach zwischen 2025 und 2026 ausgeliefert werden.

In der ARD-Dokumentation sind in den Fabrikhallen von KNDS dann auch mehrere Bundeswehr-„Leos“ sowie ein neuer ungarischer 2A7+HU und mindestens ein Leopard 2 für die kanadische Armee zu sehen. Budapest hatte bei KNDS im Dezember 2018 insgesamt 36 Leopard 2 A7+HU bestellt. Laut dem Magazin für Europäische Sicherheit & Technik waren Stand 11. Januar 2024 aber erst acht dieser „Leos“ an die Ungarn ausgeliefert. Die letzten ungarischen Panzer sollen (eigentlich) 2025 fertig sein. Im Februar 2023 hatte ferner Norwegen insgesamt 54 Leopard 2A8 NOR beim Münchner Panzerbauer geordert. Laut Angaben aus Oslo können die ersten Exemplare jedoch erst 2026 in Empfang genommen werden. (pm)

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