Nach dem islamistischen Anschlag von Solingen wird bundesweit über eine Änderung in der Migrationspolitik debattiert. Die Ampel plant angeblich, bei den Leistungen für Asylbewerber zu kürzen.
Berlin – Die Ampel-Koalition erwägt einem Zeitungsbericht zufolge eine Ausweitung der Leistungskürzungen für bestimmte Flüchtlingsgruppen. Das Asylpaket, über das das SPD-geführte Innenministerium, das grüne Wirtschaftsministerium und das FDP-Justizministerium derzeit verhandelten, sehe die strikte Begrenzung der Leistungen auf sogenannte Dublin-Flüchtlinge vor, berichtet die Bild-Zeitung.
Kürzungen für Flüchtlingen im Gespräch: Was bekommen Asylbewerber heute?
Betroffen wären demnach Geflüchtete, die über einen anderen EU-Staat eingereist und dort registriert worden sind. Den Plänen zufolge sollen diese Menschen weder Geldleistungen noch eine Geldkarte erhalten, sondern nur die nötigsten Sachleistungen wie Unterkunft, Verpflegung und Hygieneartikel (Bett-Brot-Seife-Prinzip), berichtet die Zeitung weiter.
Was bedeutet das aber konkret? Um die Kürzungen nachvollziehen zu können, hier erstmal ein Überblick darüber, was Geflüchtete in Deutschland aktuell an Leistungen bekommen.
Geflüchtete bekommen in Deutschland Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, einzige Ausnahme sind Ukrainer und Ukrainerinnen, die bei der Ankunft in Deutschland direkt Bürgergeld beziehen können. Das wurde mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs 2022 beschlossen, damals war die Idee dahinter, dass die ukrainischen Geflüchteten so schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen sollten.
Leistungen für Asylbewerber im Überblick: Gemeinden wählen zwischen Geld und Sachleistungen
Wer in Deutschland einen Asylantrag stellt, erhält Asylbewerberleistungen. Dabei erhalten Geflüchtete einmal Geld zur Deckung der Bedürfnisse des persönlichen Lebens (der „notwendige persönliche Bedarf“) sowie Leistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung und Kleidung (der „notwendige Bedarf“). Letzteres kann entweder als Sachleistung oder ebenfalls in Form von Geld oder Gutscheinen auszahlt werden. Die beiden Kategorien entsprechen 2024 folgender Höhe:
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| Bedarfsstufe | Notwendiger Bedarf | Notwendiger persönlicher Bedarf | Gesamt |
|---|---|---|---|
| Alleinstehend / Alleinerziehend | 256 Euro | 204 Euro | 460 Euro |
| Paare | 229 Euro | 184 Euro | 413 Euro |
| Erwachsene unter 25 Jahren | 204 Euro | 164 Euro | 368 Euro |
| Jugendliche 14-17 Jahre | 269 Euro | 139 Euro | 408 Euro |
| Kinder 6-13 Jahre | 204 Euro | 137 Euro | 341 Euro |
| Kinder bis 5 Jahre | 180 Euro | 132 Euro | 312 Euro |
Eine Asylbewerberfamilie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern (beide zwischen 6 und 13 Jahren) würde also monatlich 642 Euro Bargeld für den persönlichen Bedarf bekommen. Weitere 866 Euro gibt es entweder in Form von Sachleistung (Kleidung, Essen, Unterkunft) oder in Form von Geld oder Gutscheinen. Darüber entscheidet die jeweilige Gemeinde, in der Regel kommt es dabei auf den Verwaltungsaufwand an.
Weniger Geld für Flüchtlingen bedeutet hohen Verwaltungsaufwand für Städte und Gemeinden
Die neuen Pläne der Bundesregierung sehen nach Angaben der Bild vor, dass es für Geflüchtete, die eigentlich den Asylantrag in einem anderen EU-Land stellen müssten, sowohl für den notwendigen als auch für den persönlichen Bedarf gäbe. Dabei sind die Details noch unklar. Viele Gemeinden entscheiden sich heute nämlich gegen Sachleistungen, weil das Aushändigen von Essen, Kleidung und Hygieneartikel Personal braucht, ebenso wie die Beschaffung dieser Güter. Das Überweisen von Geld – sei es auf ein Konto oder auf eine Bezahlkarte – ist wesentlich verwaltungsärmer.
Schon seit Jahren beklagen Städte und Gemeinden ihre Überforderung mit den Geflüchteten. Die Unterbringung müssen sie organisieren und bezahlen und sind an die Grenze des Machbaren gekommen. Ohne zusätzliches Personal und ohne Entlastung vom Bund werden die Gemeinden die neuen Regeln, sollten sie von der Ampel so übernommen werden, nicht stemmen können.
Das hat der Deutsche Städtetag im Herbst 2023 bereits moniert, als die FDP schon mal Sachleistungen statt Bargeld forderte. Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte damals die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Verbands, Verena Göppert, es wäre eine „riesige logistische Herausforderung für die Städte“, viele dezentrale Einrichtungen regelmäßig mit Lebensmitteln, Kleidung und anderen Artikeln des täglichen Bedarfs zu versorgen.