Nach der Schließung: Ausverkauf im Anzinger Forsthof
Teller, Tassen, Besteck, Vasen, Tischwäsche, Gläser aller Art, Kochtöpfe, Rumtöpfe, Dekoration, ausgestopfte Wald- und Wiesenbewohner, Geweihe, alte Bilder, Musikinstrumente: Das Inventar des Anzinger Forsthofs wird verkauft.
Einst bot die Gaststätte im Anzinger Sportzentrum Platz für immerhin bis zu 180 Gäste. Tanznachmittage gab es hier, Stammtische mit volkstümlicher Livemusik, ja sogar Bürgerversammlungen der politischen Gemeinde. Das alles ist nun Vergangenheit. Die großzügigen Räumlichkeiten haben sich seit Beginn der vergangenen Woche verwandelt in ein Gebrauchtwaren-Kaufhaus. Alles muss raus. Am Samstag und Sonntag, jeweils von 9 bis 17 Uhr, ist großer Abverkauf. Es geht um fast alles, was so in einem Wirtshaus mit bayerischem Flair in Gebrauch war: Vom kleinen Stamperl für Obstler über noch nie gebrauchte Weingläser bis hin zu Blumentöpfen, Kunstblumen, Tischdecken oder waidmännisch angehauchter Dekoration, die in einem Wirtshaus mit einem „Forst“ im Namen durchaus erwartbar ist.
„Willkommen in der Galeria Forsthof“, scherzt Stefanie, Tochter der Wirtin Danka Löbel. Und doch schwingt jede Menge Traurigkeit in ihren Worten mit. Das, was man hier verkaufen werde, ergänzt die scheidende Wirtin wenige Tage vor dem endgültigen Ende ihrer 19-jährigen Tätigkeit als Forsthof-Wirtin, sei ein großes Stück ihres beruflichen Wirkens in Anzing. Zu jedem Teil gebe es gewissermaßen auch ein Stück ganz persönlicher Erinnerung. Fast alles hier, was am Wochenende in den Abverkauf komme, könne Geschichten erzählen: der ausgestopfte Greifvogel an seinem angestammten Platz in einem Eckerl des großen Saals ebenso wie der professionelle KFS-Hendlgrill, den Danka Löbel mit ihren Töchtern Stefanie und Melanie sowie der Nichte Anna und Marek, einem Freund der Familie, erst einmal direkt an den Haupteingang platziert hat.
Hendlgrill zum Ursprungspreis eines Kleinwagens
Der Hendlbrater sieht nicht nur funkelnagelneu aus, sondern ist es auch. Das sei ein Grill, wie ihn auch Wiesn-Wirte benutzten, erklärt Danka Löbel. Maximal sei er zehnmal in Gebrauch gewesen. Eingestellt habe man das Hendlgeschäft, nachdem ihr Mann Wolfgang verstorben war. Und habe ihn seither nie wieder hergenommen. Der ist wie Omas Auto, das zwar 15 Jahre alt sei, aber erst 10 000 Kilometer gefahren sei, sagen die Löbels. Also so gut wie neu. Ziehe man den Neupreis her, rede man von einem Kleinwagen, heißt es. Der Wunschpreis jetzt lautet: Die Hälfte vom Kaufpreis.
Ebenfalls nur für Profis geeignet ist eine Softeismaschine, die nur wenige Meter dahinter steht. Angeschafft im Frühjahr 2019. Doch dann kam Corona. Der Eisverkauf erlosch sozusagen. Nur noch ganz selten wurde die Anlage wieder in Betrieb gesetzt. Auch hier wünscht sich Danka Löbel wenigstens den halben Neuwarenpreis.
Ein anderes Relikt aus der unsäglichen Pandemiezeit ist eine Vakuummaschine. Damit war es dem Forsthof in der Covid-Phase möglich gewesen, wenigstens Speisen „to go“ zu veräußern (wir berichteten damals). Mit dem Ende der Pandemie wurde auch sie nicht mehr benötigt. Auch hier, sagt die Gastronomin, handele es sich um ein Profigerät und nicht um etwas, was man privat gebrauchen könne, wenngleich sie selber nach eigenen Worten daheim zu einem echten Vakuumier-Freund („ich rede von perfekter Frische“) geworden sei.
Weitere Spezialgeräte, für die sich Gastronomen aus der Region interessieren könnten, sind Niedrigtemperaturöfen mit und ohne Wasserbad, ein Steckerlfischgrill (für diese Spezialitäten war der Forsthof weit über die Grenzen Anzings bekannt) oder das erst drei Jahre alte Kassensystem.
Einige Profigeräte sind fast noch ungebraucht
Erste zarte Anfragen von Kollegen aus einem Landkreis westlich von München hat es übrigens schon gegeben, berichtet Danka Löbel. Das ihr gemachte Angebot sei aber inakzeptabel gewesen. „Die Kollegen wissen“, sagt sie, „was solche Profigeräte kosten“. Aber über den Tisch ziehen lassen wolle sie sich keineswegs. Eher setzen die Löbels in den nächsten Tagen in Verhandlungen mit den zahlreich erwarteten Interessenten auf das Motto „Leben und leben lassen“. Und darauf, dass man auf einer guten Basis zu vernünftigen Geschäften kommen werde. „Ich bin nicht in der Not, dass ich jeden Euro bräuchte“, fügt die Wirtin an.
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Melanie Löbel versichert, dass man im Vorfeld alles aussortiert habe, was man nicht mehr guten Gewissens verkaufen könne; zum Beispiel bei Beschädigungen oder Verschleißspuren.
Was ihre Preisvorstellungen angeht, werde man sich noch zusammensetzen und mit Internethilfe versuchen, halbwegs realistische Preise zu recherchieren. Und sie wissen: Nicht immer wird das ganz einfach werden. Zum Beispiel nicht bei den zahlreichen präparierten Waldbewohnern vom gefiederten Freund bis zum Rehkitz, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben. Kaum etwas davon hat man erworben, vielmehr sei das meiste irgendwann einmal von Freunden oder Stammgästen geschenkt worden; schon zu Zeiten, als die Eheleute Löbel noch das Wirtshaus in Ingelberg betrieben.
Einer dieser Freunde war Hanns Stierhoff, Revierförster aus Pöring, der die Löbels einst davon überzeugt hatte, aus dem Fischrestaurant in Ingelsberg in Anzing eine Gaststätte zu machen, in der man sich besonders auf Wild (und nicht zuletzt aus Wild aus dem Ebersberger Forst) spezialisieren sollte. Stierhoff hat viele der Präparate beschafft, die dann zu Dekozwecken den Weg in den Forsthof fanden.
Was besagte Dekoration anging, hatte vieles im Forsthof mit dem benachbarten Wald zu tun. Zwei Gewehre findet man am Wochenende zum Verkauf, viele Kunstblumen, alte Bilder mit waidmännischen Motiven. Tischwäsche mit entsprechenden Stickereien und und und.
Warum die Löbels das alles verkaufen wollen und nicht einem Nachfolger anbieten? „Es gibt keinen“, sagt Danka Löbel, die inzwischen in Aschheim in der Ismaninger Straße 7a ein gutgehendes Café betreibt.
Mit dem Abverkauf kommenden Samstag und Sonntag ist dann aber noch immer nicht endgültig der Auszug verbunden. Zu guter Letzt müssen die Löbels das gesamte Mietobjekt noch vor der Schlüsselrückgabe weißeln.