„Naive Sicht auf wahre Lage bei Migration“: Landkreis-Politiker über Gesetzentwurf von Friedrich Merz

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Friedrich Merz (CDU), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, kommt ins Plenum des Bundestags im Reichstagsgebäude zu Beginn der Sitzung. © Kay Nietfeld/dpa

Der Antrag und die Abstimmung für den Fünf-Punkte-Plan zur Migrationspolitik der CDU/CSU hat im Bundestag und in der Öffentlichkeit für scharfe Debatten gesorgt. Auch die Meinungen der Bundestagsabgeordneten und -kandidaten aus dem Landkreis München sind gespalten.

Landkreis - Für den Fünf-Punkte-Plan von CDU/CSU zur Verschärfung der Migrationspolitik hatte es am Mittwoch im Bundestag eine hauchdünne 348:345-Mehrheit gegeben, am Freitag folgt in Berlin die nächste Abstimmung: über das „Zustrombegrenzungsgesetz“, das die Union um CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz als Gesetzentwurf einbringt. Wie stehen die derzeitigen Bundestagsabgeordneten aus dem Landkreis München und jene, die es bei der Bundestagswahl am 23. Februar werden wollen, dazu? Wie bewerten sie den Tabubruch-Vorwurf von Grünen und SPD, weil die Unions-Fraktionen in Kauf nehmen, dass die AfD ihren Vorschlägen zustimmt?

Gerold Otten (AfD): „Es ist ein ganz normaler demokratischer Vorgang“

„Tabubruch ist ein großes Wort, denn all die Vergleiche mit den 1930er Jahren hinken total“, findet der AfD-Abgeordnete Gerold Otten aus Putzbrunn. „Es ist ein ganz normaler demokratischer Vorgang: Wenn die Inhalte uns überzeugen, stimmen wir zu – das haben wir auch schon bei den Linken getan.“

Florian Hahn (CSU): „Müssen unkontrollierte Migration in den Griff bekommen“

Florian Hahn, CSU-Abgeordneter aus Ottobrunn, verweist darauf, dass CDU/CSU den Gesetzentwurf schon im September 2024 in den Bundestag eingebracht hatten. „Es kann also nicht von einem neuen Kurs die Rede sein“, sagt Hahn. „Hier von einem Tabubruch zu sprechen, wird der Sache nicht gerecht. Vielmehr versuchen SPD und Grüne, die AfD zu instrumentalisieren, um ihre naive Sicht auf die wahre Lage bei der Migration und ihre Minderheitsmeinung weiterhin durchzusetzen.“ Beide Parteien hätten diese Woche „keine ernsthaften Vorschläge gemacht, um die inzwischen völlig umgesteuerte und unkontrollierte Migration nach Deutschland in den Griff zu bekommen“. Hahns Fazit: „Wir müssen endlich anerkennen, dass wir bei der Migration überfordert sind und gegensteuern. Andernfalls werden die Bürger weiter zu den radikalen Kräften unseres Landes getrieben, das können wir als Union nicht zulassen.“

Anton Hofreiter (Grüne): „Historische Fehlleistung von Friedrich Merz“

Erwartungsgemäß gänzlich anders hört sich die Sichtweise von Anton Hofreiter an, der Grünen-Abgeordnete aus Unterhaching wirft Merz Wortbruch vor. „Friedrich Merz hat aus guten Gründen vor wenigen Wochen erklärt, dass Anträge nicht so formuliert werden, dass man auf die Unterstützung der Rechtsextremen angewiesen ist. Dieses Versprechen hat er jetzt gebrochen – eine historische Fehlleistung von Friedrich Merz“, sagt Hofreiter, der die Asylpläne von CDU/CSU für falsch hält: „Zurückweisungen an den Grenzen führen nicht zu weniger, sondern zu mehr Migration, weil andere EU-Staaten dann ihre Unterstützung versagen werden. Deshalb sind die Merz-Pläne komplett kontraproduktiv.“

Korbinian Rüger (SPD): „Wer Mehrheiten mit der AfD bekommt, verlässt politische Mitte“

„Wir können und müssen inhaltlich über alles reden, explizit auch in der Asyl- und Migrationspolitik, aber wenn Friedrich Merz und seine Fraktion Mehrheiten mit der AfD suchen und bekommen, verlassen sie die politische Mitte“, sagt SPD-Bundestagskandidat Korbinian Rüger aus Planegg. Sein Vorwurf an Merz und die Unionsparteien: „So gefährden wir unsere Demokratie.“

Otto Bußjäger (FW): „Wir müssen zuerst den Ton runterfahren und die Diskussion versachlichen

Um eine differenzierte Betrachtung bemüht sich Otto Bußjäger, Bundestagskandidat der Freien Wähler aus Höhenkirchen-Siegertsbrunn. „In der Summe war und ist es eine hitzige Debatte, welche die Menschen mehr verunsichert, als dass sie uns etwas bringt“, sagt Bußjäger. Wichtig sei: „Wir müssen zuerst den Ton runterfahren und die Diskussion versachlichen! Der eigentliche Skandal ist die jahrelange Tatenlosigkeit der Verantwortlichen in Berlin.“ In der Sache liegt Bußjäger auf einer Wellenlänge mit Friedrich Merz, „sein Antrag am Mittwoch war wichtig und ich hätte zugestimmt“. Denn, so der Vize-Landrat: „Eine Begrenzung des Zustroms nach Deutschland ist dringend geboten und ist nur durch eine bessere europäische Verteilung möglich.“ Die Debatte im Bundestag habe ihn befremdet, sagt Bußjäger: „Das Parlament hat es versäumt, das Thema aus der Mitte der demokratischen Mitte heraus vorerst zu beenden. Diese Chance haben alle Vertreter im Bundestag verpasst, die dem Antrag nicht zugestimmt haben.“

Thomas Klaue (FDP): „Wer eine echte Wende will, muss Lösungen liefern“

Ähnlich sieht es Thomas Klaue, FDP-Bundestagskandidat aus Pullach. „Die CDU/CSU geht mit ihren Anträgen in die richtige Richtung – es braucht klare Steuerung, schnellere Verfahren und eine konsequentere Umsetzung bestehender Gesetze“, sagt Klaue. „Eine funktionierende Migrationspolitik unterscheidet zwischen Fachkräfteeinwanderung und irregulärer Migration. Wer eine echte Wende will, muss Lösungen liefern – und nicht nur Debatten führen.“ Insofern zeige das Abstimmungsverhalten von SPD und Grünen, „dass sie weiterhin keine realistische Antwort auf die Migrationskrise haben“. Den Vorwurf des Tabubruchs wertet Klaue als „Ablenkung von eigenen Versäumnissen“, denn: „Entscheidend ist, dass wir geordnete Migration ermöglichen und illegale Migration begrenzen. Das ist Rechtsstaatlichkeit, kein Tabubruch.“

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