Durch vergiftete Wassermelonen: Zwölf russische Soldaten in der Ukraine tot

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Früchte, Süßes, Alkohol: Ukrainische Partisanen dezimieren Russlands Truppen wiederholt durch Giftanschläge – und kopieren offenbar Putins Handschrift.

Mariupol – „Mit allen erdenklichen Mitteln“, schreibt der Geheimdienst des Verteidigungsministeriums der Ukraine auf seiner Website. Gemeint ist der Widerstand des ukrainischen Volkes – besonders der Zivilbevölkerung gegen die Invasionstruppen von Wladimir Putin. Die Meldung stammt von Anfang April 2022.

„Alle erdenklichen Mittel“ schließen offenbar Gift mit ein – jetzt sollen wieder ein Dutzend Soldaten Russlands in Mariupol umgekommen sein – durch vergiftete Wassermelonen. Der polnische Sender TVP World berichtet jetzt von dem Partisanen-Anschlag.

Offenbar hatten russische Soldaten auf einem ihrer Stützpunkte eine Kiste Wassermelonen gekauft – „es war klar, wer diese Wassermelonen geliefert hat, sagte Pjotr ​​Andrjuschtschenko dem ukrainischen Fernsehsender Kanal 24. Der Berater des Bürgermeisters von Mariupol sprach in diesem Zusammenhang von einer „einfachen Operation“. Neben den zwölf getöteten Soldaten sollen 30 Soldaten womöglich lebensgefährlich verletzt sein.

Russische Soldaten liefern Wasserflaschen an ihre Kameraden an der Saporischschja-Front.
Die Gefahr steckt im kleinsten Tropfen: Russische Soldaten versorgen sich mit Wasser – vergiftete Lebensmittel gehören inzwischen zum Standard-Repertoire ukrainischer Partisanen (Symbolfoto). © IMAGO/ITAR-TASS/Alexander Polegenko

Giftanschläge sind Teil des Widerstands gegen Russland geworden

Giftanschläge sind Teil des Ukraine-Krieges geworden. Eine scheinbar auf diese Methode spezialisierte Guerilla-Einheit scheinen die „Krim-Kampfmöwen“ zu sein – die Krim wurde bereits 2014 von Russland besetzt und bildet den Brückenkopf von Putins Fantasien, die Ukraine in die Russische Föderation einzugliedern.

„Munition ist nicht die einzige Methode, mit der die Ukrainer russische Besatzungstruppen eliminieren. Auch eine Reihe von Vergiftungen durch mutmaßliche Partisanen forderte ihren Tribut unter Moskaus Streitkräften.“

Jade McGlynn weist auf den entscheidenden Beitrag der Guerillas zu den militärischen Bemühungen der Ukraine hin. Die Analystin des Thinktanks Center for Strategic & International Studies (CSSI) betont deren wesentliche Rolle bei der Sammlung und Übermittlung von Informationen, der Unterstützung militärischer Operationen, der Sabotage feindlicher Logistik- und Kommandostrukturen sowie für die Vorbereitung ukrainischer Militärinitiativen. Giftanschläge gehören nach ihrer Definition anscheinend dazu. „Munition ist nicht die einzige Methode, mit der die Ukrainer russische Besatzungstruppen eliminieren. Auch eine Reihe von Vergiftungen durch mutmaßliche Partisanen forderte ihren Tribut unter Moskaus Streitkräften“, wie die Kyiv Post über den bisher größten bekannten Giftanschlag berichtete.

Auch Alkohol wird Putins Truppen zum Verhängnis

Im vergangenen Dezember hatten Angehörige der ukrainischen Guerillagruppe „Krim-Kampfmöwen“ in Mariupol 24 russische Soldaten tödlich vergiftet, trotz des hohen Risikos für ihr Leben, wie McGlynn schreibt. Darüber hinaus hat sie Berichte gesammelt aus Bachtschyssaraj auf der Krim, wo ukrainische Guerillas russische Soldaten töteten, indem sie auch dort Arsen und Rattengift in Kuchen und Alkohol mischten.

Das Arsen und Strychnin (Rattengift) soll in Mariupol ebenfalls in deren Wodka gesteckt haben sowie in Pasteten und Bier. Offenbar werden die russischen Soldaten an Lebensmitteln und Alkohol knapp gehalten und hatten über soziale Netzwerke versucht, welchen zu organisieren – was die Partisanen vermutlich ausnutzten, wie die Kyiv Post berichtet hat. Auf Telegram brüsteten sich die Attentäter der „Kampfmöwen“ später: „Wir arbeiten weiter und fordern alle auf, die Russen auf der Halbinsel wie Kakerlaken auszurotten.“

Atesh-Guerillas auf der Krim sind jung, kinderlos und Putins Albtraum

Neben Guerillagruppen wie den „Krim-Kampfmöwen“ sind einige der aktivsten Untergrundkämpfer auf der Krim in der Atesh-Bewegung versammelt. Die im Sommer 2022 gegründete Partisanen-Gruppe Atesh (auf Krimtatarisch „Feuer“) spielte wohl eine entscheidende Rolle für die Erfolge der Ukraine auf der Krim. Die erzwungene Rekrutierung von Menschen aus der Krim in die Moskauer Streitkräfte bot der entstehenden Widerstandsbewegung eine große Chance, die russische Armee von innen auszuhöhlen, schreibt Elina Beketowa vom Zentrum für europäische Politikanalyse. Das bekommt Russland jetzt zu spüren.

In einem Interview mit McGlynn sagte einer der Kommandeure der Atesh-Bewegung, dass es sich bei den Mitgliedern der Bewegung sowohl um Männer als auch um Frauen handle, die meisten davon unter 40 Jahren. Die meisten seien verheiratet, allerdings hätten nicht alle Kinder. Wenn Gift die Waffe darstellt, ist sie möglicherweise tatsächlich oft von Frauen eingesetzt worden, will Erika Eikermann herausgefunden haben.

Ukrainer vergiften Kirschen und lassen Russlands Soldaten leiden

„Wenn Frauen morden, dann fast immer mit Gift. Von alters her beschäftigte sich die Frau mit der Zubereitung von Speisen und der Krankenpflege innerhalb der Familie. Dadurch sammelte sie Erfahrungen beim Umgang mit Kräutern und Substanzen, die sie als Nahrungsmittel, als Heil-, aber auch als Giftmittel einsetzen konnte“, publizierte die Apothekerin in der Ärzte-Zeitung. Vergifteten Kuchen sollen in der nordöstlichen Stadt Isjum in den ersten Tagen der Besatzung zwei russische Soldaten zum Opfer gefallen sein. 28 andere mussten angeblich deswegen ins Krankenhaus, wie die Daily Mail berichtet hat. Einheimische sollen die Kuchen angeboten haben.

Aus Melitopol wird berichtet, dass Bauern in von Russen besetzten Gebieten bereits kurz nach der Invasion Süßkirschen mit Gift versetzt hätten. Tatsächlich sollen die Russen, die die Kirschen gestohlen hatten, ernsthaft krank geworden sein, wie der damalige Bürgermeister von Melitopol, Iwan Fedorow, lokalen Medien gegenüber geäußert hatte. „Unsere Bauern haben ein weiteres Geschenk für die Russen vorbereitet – frisch behandelte Süßkirschen, die bei denen, die sie den Bauern gestohlen hatten, Massenerkrankungen verursachten. Das ist die neueste Form des Partisanenwiderstands auf dem Gebiet von Melitopol“, sagte Fedorow.

Russland führt selbst Giftanschläge gegen erklärte Feinde durch

Auch in Charkiw sollen drei Soldaten vergiftet worden sein – ihnen sei der Biss in ein vergiftetes, gefülltes Brötchen zum Verhängnis geworden. „Eine bittere Ironie angesichts der Tatsache, dass es für den Kreml nichts Neues ist, seine Feinde zu vergiften“, schreibt die Daily Mail und spielt an auf den Giftanschlag auf den inzwischen verstorbenen Kreml-Kritiker Alexei Nawalny sowie eine russische Exiljournalistin. Als Auftraggeber wird Kreml-Chef Wladimir Putin verdächtigt.

Bereits im Sommer des ersten Kriegsjahres scheint Gift schon einige russische Soldaten dahingerafft zu haben – die Nachrichtenagentur Reuters hatte darüber berichtet. Nach Anschuldigungen Russlands soll die Ukraine im Juli einige ihrer Soldaten im von Russland kontrollierten Teil der südöstlichen ukrainischen Region Saporischschja vergiftet haben, wie Reuters schreibt. Nach Angaben der Agentur sei in den betroffenen Soldaten Botulinumtoxin Typ B nachgewiesen worden. „Russland bereitet mit den Ergebnissen aller Analysen unterstützende Beweise für den vom Regime des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sanktionierten chemischen Terrorismus vor“, hieß es in einer Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums laut Reuters.

Putins Armee krank durch Gammelfleisch in Russlands Rationen

Botulinumtoxin Typ B ist die Ursache für eine Lebensmittelvergiftung, die von Fleisch oder Wurst herrührt. Auf den Vorwurf, Kiew hätte den Giftanschlag verübt, reagierte Anton Heraschtschenko auf seinem Telegram-Kanal: Das russische Verteidigungsministerium verweigere die Auskunft, ob die Vergiftung etwa durch abgelaufenes Dosenfleisch verursacht worden sein könnte. Dort werde häufig Botulinumtoxin gefunden, mutmaßte der ehemalige stellvertretende Innenminister der Ukraine. „Überfällige Rationen werden von den Besatzungstruppen seit den ersten Tagen der Invasion der Ukraine massiv beklagt.“

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