Schwere Kritik an Festnahmen durch Israels Armee: „Physische und psychische Folter“
Für die heftigen Militärschläge auf den Gazastreifen wird Israel von vielen Seiten kritisiert. Auch die Berichte Gefangener sorgen für Empörung.
Gaza/Tel Aviv – Immer wieder erheben ehemalige Gefangene der israelischen Armee heftige Vorwürfe gegen die Vorgehensweise der Streitkräfte mit von ihnen gefangen genommenen Terrorverdächtigen. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sprechen Betroffene nun von angeblichen Folterpraktiken und Völkerrechtsverstößen. Das israelische Militär weist Vorwürfe zu mutmaßlichem Fehlverhalten im Krieg in Israel immer wieder zurück.
Konkret behauptete etwa ein Palästinenser aus Beit Lahia unweit der Grenze zwischen nördlichem Gazastreifen und Israel, den die Nachrichtenagentur Brahim nennt, als Terror-Verdächtiger von Israel vier Wochen lang gefangengehalten und gefoltert worden zu sein. Er und mehrere seiner Mitgefangenen seien geschlagen und erniedrigend behandelt worden und hätten sich immer wieder ausziehen müssen. Beim Transport nach Israel seien ihnen zudem die Hände gefesselt und Augen verbunden worden.

Israel verteidigt sich gegen Kritik an Verhörmethoden: „Im Einklang mit dem Völkerrecht“
Von israelischer Seite heißt es dazu, dass beim Einsatz im Gazastreifen ausgemachte Terror-Verdächtige für Vernehmungen nach Israel gebracht würden und in diesem Zuge auch die Kontrolle der Kleidung notwendig sei. Dadurch werde sichergestellt, dass die Festgenommenen keine Waffen oder Sprengstoff mit sich führten. Nach Abschluss der Kontrollen erhielten die Gefangenen „sofern möglich“ ihre Kleidung zurück. Insgesamt betont Israel, dass es die inhaftierten Personen „im Einklang mit dem Völkerrecht“ behandle. Menschen, bei denen das Militär keine Beteiligung an Aktionen der Hamas sehe, würden im Anschluss an die Vernehmungen wieder freigelassen.
Dem widerspricht laut Agentur jedoch nicht nur der freigelassene Gefangene aus Beit Lahia. Auch eine 39 Jahre alte Mutter von fünf Kindern aus der Stadt Gaza gibt an, in Gefangenschaft in Israel misshandelt worden zu sein: „Männer und Frauen der israelischen Armee schlugen mir überall auf den Körper“, zitiert die Agentur die Frau, die angab, drei Wochen lang festgehalten und über ihre Nachbarn befragt worden zu sein. Andere Gefangene, berichtet sie, hätten sich während ihrer Zeit in israelischer Haft auch darüber beklagt, kein Zugang zu Nahrung, Wasser und Toiletten zu haben.
Wochenlang in israelischer Gefangenschaft: 39-jährige Mutter erhebt Vorwürfe
Den Militärkräften warf die 39-Jährige aus Gaza vor: „Sie wissen sehr genau, dass ich mich nicht politisch betätige, aber sie haben mich und alle anderen Inhaftierten absichtlich gedemütigt“. Auch Brahim betont gegenüber der dpa, dass er immer wieder seine Unschuld beteuert hätte. Dennoch seien ihm in Gefangenschaft auf Arabisch Hunderte Fragen über die Hamas, ihre Anführer, Aktivitäten sowie die Tunnel im Gazastreifen gestellt worden. Im Verhörraum sei er „verschiedenen Arten physischer und psychischer Folter“ ausgesetzt worden. Die Angaben der Quellen konnten laut dpa nicht unabhängig verifiziert werden.
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Israels Armee hatte am Samstag mitgeteilt, seit dem brutalen Terror-Angriff durch Hamas-Milizen am 7. Oktober insgesamt mehr als 700 Mitglieder von Terrororganisation aus dem Gazastreifen für Verhöre festgenommen zu haben. Aufnahmen von nur mit Unterhosen bekleideten palästinensischen Gefangenen im Gazastreifen hatten jüngst Besorgnis über Israels Festnahmeverfahren ausgelöst und Fragen über mögliche Rechtsverletzungen oder erniedrigende Behandlung aufgeworfen.
Israel hat unterdessen Berichte über Gräueltaten israelischer Soldaten bei einem Krankenhaus im Gazastreifen als Lügen zurückgewiesen. Die Armee (IDF) habe nichts mit Leichen zu tun, die beim Kamal Adwan-Krankenhaus in Dschabalia im Norden des Gazastreifens entdeckt worden seien, stand in einer Mitteilung vom Sonntag. (saka mit dpa)