„Kann Menschenleben kosten“: Jetzt äußern sich die Retter zur ILS-Diskussion - sie hoffen auf eine Wende

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Geretsried-Wolfratshausen
  4. Wolfratshausen

Kommentare

Helfer von BRK, Bergwacht und Feuerwehr sind in Sorge: Die Integrierte Leitstelle soll geschlossen werden. © Bartl

In der Debatte um die Weilheimer Leitstelle geht‘s um Feuerwehr, Bergwacht, Wasserwacht und BRK. Viele haben sich geäußert, jetzt sprechen einige Retter selbst.

Es gibt Petitionen und Erklärungen, die einen werfen den anderen Lüge vor, die anderen glauben, es gibt keine andere Wahl: Die geplante Fusion der Integrierten Leitstelle Weilheim mit Fürstenfeldbruck ist längst kein formaler Akt mehr, sondern ein handfester Streit geworden. Mitarbeiter, Landräte und ein Petitent haben sich öffentlich geäußert. Jetzt sprechen die Retter selbst. Und die sind gar nicht begeistert von den Plänen des Zweckverbands.

„Habe Ergebnis in der Zeitung gelesen“: Retter überrascht von ILS-Entscheidung

„Wir haben sehr persönliche Verbindungen nach Weilheim. Wir kennen die Disponenten und die kennen unsere Arbeitsweise – das ist das wichtigste. Ich befürchte, dass das verloren geht. In einer Riesenleitstelle in Bruck kennt uns kein Mensch mehr“, sagt Andreas Bauer im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr hat in seiner ehrenamtlichen Laufbahn schon die eine oder andere Umstellung in der Alarmierungskette erlebt, „und es hat sich immer wieder irgendwie eingespielt“. Eine so zentralisierte ILS wie sie in Fürstenfeldbruck entstehen könnte, wäre aber Neuland. Sieben Landkreise würden von den Disponenten in der Gemeinde Maisach betreut, ziemlich genau eine Million Menschen leben in der Region. „Das ist schon enorm“, sagt Bauer. Umso wichtiger sei die richtige Vorbereitung – und die gibt es teilweise bereits. „Die Alarmpläne greifen immer“, sagt Bauer. Egal, wo der Disponent sitzt. Ortskenntnis könne trotzdem helfen, zeigt die Erfahrung bei Wohnhausbränden und anderen Einsätzen. „Ich stelle mir das in Maisach schwer vor“.

Vor allem geografische Besonderheiten können bei Rettungs-Einsätzen für Probleme sorgen. Lieblings-Beispiel der Fusionsgegner sind die Voralpen. Der Tölzer Bergwacht-Chef Horst Stahl kann das Argument verstehen. „Das Gelände ist nicht komplett digitalisiert, wo wir unterwegs sind.“ Soll heißen: Karten am Computer könnten lückenhaft sein, wichtige Informationen fehlen. „Das muss man kennen, um Entscheidungen zu treffen.“ Stahl fürchtet, dass die Einsatzkräfte bei Notfällen öfter auf sich allein gestellt werden. „Am Ende, müssen wir im Notfall selber schauen, wie wir es machen.“ Gerne hätte der Tölzer Bergwachtler seine Bedenken im Vorfeld geäußert, sich vielleicht mit eingebracht in die Überlegung. „Aber es hat ja niemand etwas gewusst, das war alles nicht öffentlich und am Ende habe ich ein Ergebnis in der Zeitung gelesen.“

ZRF stimmt für Leitstellen-Fusion - Retter ärgern sich über die Entscheidung

Ein Bereitschafts-Mitarbeiter aus dem Landkreis ist enttäuscht vom Zweckverband, der die ILS führt. Seinen Namen möchte der Retter nicht in der Zeitung lesen – so wie alle BRK-Bereitschafts-Mitarbeiter, bei denen unsere Zeitung angefragt hat. „Man könnte meinen, dass es ein großes Bedürfnis einer Landrätin oder eines Landrats ist, so viel wie möglich in den eigenen, regionalen Bevölkerungsschutz zu investieren“, sagt er mit Blick auf die drei Landräte von Bad Tölz-Wolfratshausen, Weilheim-Schongau und Garmisch-Partenkirchen. „Der Erhalt regionaler kritischer Infrastrukturen, welche den Zweck des Bevölkerungsschutzes verfolgen, sollte eines der obersten Ziele sein.“ Das Oberland sei einzigartig – mit vielen Flüssen, Seen und Bergen. Die zuständige Leitstelle, die das alles kennt, zu schließen, „ist ein immenser Rückschritt“. Für die Menschen die hier leben genauso wie für „Abermillionen Tagestouristen“.

„Ortsfremde“ in der Leitstelle? BRK-Mitarbeiter tobt

Menschen in Not müssten „bald in einer Leitstelle anrufen, wo völlig ortsfremde Mitarbeiter sitzen, denen wichtige regionale Merkmale zum Teil völligst unbekannt sind“. Etwa mit Disponenten, die in ihrem ganzen Leben noch keinen Bergrettungseinsatz koordiniert hätten. „Das kann Menschenleben kosten“, sagt der BRK-Mitarbeiter. In seinen Augen ist dieser Preis zu hoch, „nur aufgrund der Tatsache, dass man sich offensichtlich nicht um den Neubau der ILS Oberland oder einen Umzug kümmern wollte“.

Wie gehts weiter mit der ILS? Petition läuft erfolgreich an

Wie berichtet hat das BRK, das Vermieter der ILS ist, Eigenbedarf für die Räumlichkeiten an der Johannes-Damrich-Straße angemeldet. Außerdem wären sie auf Dauer eh zu klein. „Es musste ein neuer Standort für die ILS Oberland gefunden werden“, schrieb der Zweckverband aus den drei beteiligten Landkreisen jüngst in einer Stellungnahme. Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Oberland nannte als weitere Argumente für die Fusion technische Neuerungen, die eingeführt werden müssten. Mitarbeiter der ILS Oberland sehen das ganze kritisch. Sie haben sich mit zwei offenen Briefen zu der Thematik geäußert. Wie berichtet gibt es auch eine Petition zum Erhalt der ILS in Weilheim. Über 5000 Menschen hatten am Freitagnachmittag schon unterschrieben.

Auch interessant

Kommentare