Ampel-Streit über Bezahlkarte eskaliert: Rhein fordert Kanzler-Machtwort – FDP droht mit Bruch
Bei der Bezahlkarte für Asylbewerber sind die Ampelparteien geteilter Meinung. Hessens Ministerpräsident Rhein appelliert an den Kanzler.
Berlin – Ampel-Streit über die geplante Bezahlkarte für Asylbewerber: Knackpunkt ist die Frage, ob für die Einführung der Karte eine bundesgesetzliche Regelung nötig oder zumindest sinnvoll ist. Die Grünen sind dagegen, doch Vertreter der Fraktionen von FDP und SPD sowie der Chef der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), sprachen sich am Wochenende dafür aus. Die Habeck-Partei hält dagegen im Bundestag die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten für ausreichend.
Rhein mit deutlichen Worten an Scholz – Kubicki droht mit Koalitionsbruch
MPK-Chef Rhein warf den Grünen eine „Blockade“ vor und forderte ein Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD). „Der Bundeskanzler muss jetzt ein Machtwort sprechen für einen realpolitischen Kurs der Ampel bei der Migration“, äußerte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die Bezahlkarte sei ein wichtiger Schritt, „um Anreize für irreguläre Migration zu senken, Missbrauch von Asylleistungen zu verhindern und Schleuser zu bekämpfen“.

Sollte der Streit sich nicht auflösen, könnte dies für ein politisches Erdbeben sorgen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki drohte gar mit dem Bruch der Koalition. Er sagte Bild: „Sollten die Grünen diesen minimalinvasiven Eingriff in das Asylbewerberleistungsgesetz tatsächlich torpedieren, stellt das die Fortsetzung der Koalition infrage.“
Lindner rechnet wegen Bezahlkarte mit vielen Ayslbewerbern, die ausreisen werden
Auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte dem Münchner Merkur, man müsse die Karte flächendeckend eingeführt werden. Der Koalitionspartner solle schnell einlenken. „Der Widerstand der Grünen gegen eine Verabredung in der Regierung und mit den Ländern kommt überraschend. Die Grünen dürfen einen Konsens aller demokratischen Parteien nicht gefährden“, äußerte der 45-Jährige.
Lindner sagte, die Bezahlkarte könne gemeinsam „mit der von mir initiierten Reduzierung des Asylbewerberleistungsgesetzes zu einer deutlichen Reduzierung der Zahlen beitragen.“ Linder „rechne mit einer erheblichen Zahl von Asylbewerbern, die ausreisen werden, weil unser Sozialstaat plötzlich nicht mehr so attraktiv ist.“
SPD will Bundesländern bei Bezahlkarte Rechtssicherheit verschaffen
Ähnlich drückte sich die SPD aus: „Wir müssen den Bundesländern bei der Bezahlkarte jetzt Rechtssicherheit verschaffen. Das haben wir ihnen bereits im November zugesagt. Daran sollten sich nun auch alle Fraktionen halten“, stellte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese dem Berliner Tagesspiegel klar.
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Auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sagte dem Blatt: „Es muss möglich sein, innerhalb der Ampel-Koalition einen Kompromiss mitzutragen, der zwischen der Bundesregierung und 16 Landesregierungen unterschiedlichster Couleur abgestimmt ist.“
Grünen sehen keine Notwendigkeit für Bezahlkarte
Die Grünen sehen dafür keine Notwendigkeit. Ihre Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic verwies auf die begonnene Einführung der Bezahlkarte in Hamburg und die in zwei Wochen geplante Einführung in Bayern. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte sie: „Die Länder haben alle rechtlichen Möglichkeiten, die sie brauchen, und sie werden offenbar auch genutzt. Dies ist in der Koalition besprochen und wird auch vom Kanzleramt seit Monaten so vertreten.“

Ende Januar hatten sich 14 von 16 Bundesländern auf ein gemeinsames Vergabeverfahren zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt, das bis zum Sommer abgeschlossen sein soll. Mit der Karte soll unter anderem verhindert werden, dass Flüchtlinge Geld an Schlepper oder an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen.
Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, sprach von einer „populistisch aufgeladenen Scheindebatte, die vom eigentlichen Problem ablenkt“. „Anstrengungen müssen vor allem auf die schnelle Arbeitsmarktintegration gerichtet sein“, teilte sie mit. „Das hilft bei der Bewältigung unseres Arbeitskräftemangels und führt dazu, dass Menschen ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften können.“ (cgsc mit dpa)