In Trump-Team tobt Ukraine-Machtkampf - mit einer Spinne im Netz

Es sind schwere Vorwürfe, die ein ukrainisches Medium gegen den US-Sondergesandten Steve Witkoff erhebt. Laut Recherchen des Kyiv Independent hat der Vertraute von Donald Trump vor Monaten eine Art Schattenoperation innerhalb des Weißen Hauses gestartet. Das Ziel: die pro-ukrainischen Kräfte im Weißen Haus an die Seitenlinie zu drücken. Und durch diese laut des Berichts erfolgreiche Operation konnte er sich als eine der zentralen Figuren für die Erarbeitung des nun auf dem Tisch liegenden Friedensvorschlags positionieren. 

Witkoff und der Machtkampf in Trumps Weißem Haus

Klar ist, dass der Kyiv Independent aus einer eindeutig pro-ukrainischen Haltung berichtet. Aber die Rechercheergebnisse des Portals, welches über gute Quellen innerhalb des ukrainischen Regierungsapparats verfügt, decken sich teilweise mit anderen Berichten. Demnach ist Witkoff in den vergangenen Monaten einerseits immer einflussreicher geworden, andererseits aber auch teilweise schwer ausrechenbar und vor allem sehr empfänglich für den Einfluss aus dem Kreml. 

Und so ergibt sich eben folgendes Bild: Witkoff hat sich in den vergangenen Monaten mehrfach mit der russischen Seite, insbesondere mit Kreml-Machthaber Wladimir Putin, getroffen. Nach diesem Treffen hat er sowohl von den großen Fortschritten geschwärmt als auch immer wieder für die Ukraine kaum annehmbare Vorschläge ventiliert. 

Witkoff betreibt "umfassende Operation"

Vor allem mit seinem wichtigsten Gesprächspartner auf russischer Seite, Kirill Dmitriev, soll Witkoff einen sehr engen Draht entwickelt haben. Dmitriev gilt als Schlüsselfigur in Moskaus Bemühungen, Einfluss auf Washington auszuüben. Zusammen mit ihm betreibe Witkoff „eine umfassende Operation, um die pro-ukrainischen Stimmen in der Trump-Regierung auszuschalten“, wie der „Kyiv Independent“ mit Bezug auf eine mit den Machtverhältnissen vertraute Quelle berichtet.

Demnach tobt im Weißen Haus gerade ein Machtkampf von verschiedenen Fraktionen. Sie wollen, so zumindest berichtet es das ukrainische Portal, die Deutungshoheit gewinnen. Das beginnt schon bei der Frage, wer an dem unter Experten und europäischen Politikern durchaus umstrittenen Plan überhaupt beteiligt war. Die Sprecherin des Weißen Hauses sagte, Witkoff und Außenminister Marco Rubio seien daran beteiligt gewesen. 

"Wunschliste der Russen"

Der „Kyiv Independent“ wiederum will erfahren haben, dass Rubio, der Putin auch schon mal als Kriegsverbrecher bezeichnet hatte, nicht involviert war. Dazu passt, was mehrere US-Abgeordnete nun von einem Telefonat mit Rubio berichten. Rubio sei "sehr offen" gewesen und habe „sehr deutlich gemacht“, dass der 28-Punkte-Plan von einem Vertreter Russlands an Trumps Sondergesandten Witkoff „übermittelt wurde“, so der republikanische Senator Mike Rounds. Es sei nicht der Friedensplan der USA. Ein Abgeordneter sagte: „Der durchgesickerte 28-Punkte-Plan – der laut Außenminister Rubio nicht die Position der Regierung widerspiegelt – ist im Wesentlichen die Wunschliste der Russen, die nun den Europäern und Ukrainern vorgelegt wird.“ 

Bizarr ist die Lage rund um Witkoff aus mehreren Gründen. Denn Witkoff ist ein Immobilienmogul ohne diplomatischen oder sicherheitspolitischen Hintergrund. Dass ausgerechnet so ein Mann mit den mit allen Wassern gewaschenen Kreml-Leuten ein für die gesamte Welt so enorm wichtiges Thema verhandelt, sorgt seit Monaten für Sorgenfalten bei der Ukraine und ihren europäischen Partnern. 

Ukraine-Sonderbeauftragter gibt Amt ab

Auch weil es eigentlich einen ganz anderen Ukraine-Beauftragten innerhalb der Trump-Regierung gibt: Keith Kellogg, ein Armee-Veteran mit Erfahrung in der Sicherheitspolitik, der mehrere hochrangige Regierungsposten inne hatte. Doch Kellogg hat in den vergangenen Monaten immer mehr an Einfluss verloren. Konsequenterweise wird er, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, sein Amt im Januar niederlegen. Sein Rückzug könnte die Position der Ukraine in Washington weiter schwächen. 

Warum Kellogg sein Amt niederlegt, ist unklar. Klar ist, dass die Position immer auf ein Jahr angelegt ist und er vom Senat neu bestätigt werden müsste. Kellogg sei aber schon zu Beginn von Trumps Amtszeit bei den Mitarbeitern des Weißen Hauses in Ungnade gefallen, die ihn als zu ukrainefreundlich empfanden, wie US-Medien, berichten. Sein Rückzug ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Recherchen des „Kyiv Independent“ zutreffen. Und im Weißen Haus ein gnadenloses Hauen und Stechen im Gange ist – mit Witkoff als Spinne im Netz.