Ein Bürgergeld-Experiment auf TikTok zeigt die Realität des Lebens mit Sozialleistungen. Die Ergebnisse dürften einige überraschen.
Seit 2024 erhält ein alleinstehender Erwachsener ohne Kinder nicht mehr 502, sondern 563 Euro Bürgergeld im Monat, zusätzlich zu den Mietkosten. Diese Anpassung wurde durch die Inflation der letzten zwei Jahre notwendig, wie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte.
Diese Erhöhung des Bürgergeldes war umstritten. Kritikerinnen wie Julia Klöckner (CDU) argumentierten, dass das Bürgergeld „nicht zur Arbeit anreize, sondern eher zum Nichtarbeiten“. Sollte die Union (CDU/CSU) die Bundestagswahl 2025 gewinnen, plane sie eine Verschärfung der Bürgergeldregeln, sagte auch Merz. Der ehemalige FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai betonte: „Wer arbeiten geht, muss stets deutlich mehr in der Tasche haben, als jemand, der vom Geld der Steuerzahler lebt“. Eine Bürgergeld-Rechnung zeigt, dass der Unterschied manchmal knapp ist.
Bereits mit der Einführung des Bürgergelds im Januar 2023, welches das ALG II oder „Hartz IV“ ersetzte, wurde der monatliche Betrag für Langzeitarbeitslose um 50 Euro erhöht. Die 36-jährige Marketing-Projektmanagerin Kathrin hat deshalb im Winter 2023 in einem Bürgergeld-Experiment getestet, wie es sich tatsächlich anfühlt, mit einem monatlichen Betrag von 502 Euro zu leben. BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA hat mit ihr gesprochen.
TikTokerin zieht Fazit bei Bürgergeld-Experiment
Kathrin, die auf TikTok als @frugal_ist Videos hochlädt, gibt dort vor allem Ratschläge, wie man früh in Rente gehen und im Alltag Geld sparen kann. Auch 2021, als es noch Hartz IV gab, startete sie ein mehrmonatiges Experiment. „Es hat mich einfach interessiert, ob ich damit klarkommen würde“, erzählte sie BuzzFeed News Deutschland.
Als kinderlose Single in einer kleinen Wohnung boten ihre Lebensumstände einen guten Vergleich. Ihr Fazit nach dem Bürgergeld-Experiment? „Für mich war es ausreichend, es erlaubt aber definitiv keine großen Sprünge.“ Sie ärgert sich jedoch darüber, dass viele Menschen in schlecht bezahlten Jobs am Ende nicht viel mehr übrig haben. „Das darf nicht sein.“
Bürgergeld: „Die Situation ist von Mensch zu Mensch sehr individuell“
Kathrin betonte mehrfach, dass sie mit ihrem Experiment nicht moralisieren wolle. „Mir ist wichtig zu sagen, dass ich die Höhe des Bürgergelds mit meinem Experiment nicht bewerten will. Die Situation ist von Mensch zu Mensch sehr individuell und nur weil ich mit dem Geld gut klargekommen bin, muss das nicht für alle gelten“, sagte sie.
Ihr Ziel war es, aufzuzeigen, wo sie auch bei diesem geringen Einkommen von 502 Euro (563 Euro seit 2024) Einsparpotenzial sieht und was für sie als „Normalo“ besonders herausfordernd ist. In ihrem TikTok-Video zeigt sie sich schockiert über die 1,80 Euro, die Bürgergeld-Empfänger monatlich für Bildung erhalten. Sie wollte auch testen, ob sie es trotz Bürgergeld schafft, etwas zu sparen.
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Hartz IV-Experiment: Reaktionen auf TikTokerin sind gemischt
Auf ihr Hartz IV-Experiment erhielt Kathrin damals viele Reaktionen. Diese waren sehr gemischt, berichtete sie BuzzFeed News Deutschland. Von Jobcenter-Mitarbeitern, die ihr Ratschläge gaben, wofür sie zusätzlich Geld beantragen könnte, bis hin zu traurigen Geschichten von Familien, die mit Hartz IV überhaupt nicht über die Runden kamen.
Einige Empfänger reagierten jedoch positiv auf ihr Experiment. Und nicht nur sie – auch Menschen mit normalem Einkommen wurden durch Kathrins Umgang mit Geld beeinflusst. „Eine Familie hat mir geschrieben, dass sie dank meiner Tipps 4000 Euro in einem Jahr einsparen konnte“, berichtete Kathrin. Die Tatsache, dass sie Menschen dazu inspirieren könne, weniger zu konsumieren (egal ob Bürgergeld-Bezieher oder „Normalos“), freue sie sehr.