Weidel-Besuch: Orbán ohne „langfristige Pläne“ mit AfD – Ex-EU-Abgeordneter spürt „Moskauer Balsam“

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AfD-Chefin und Kanzlerkandidatin Alice Weidel (l.) und Ungarns Premierminister Viktor Orban. © Andreas Arnold/dpa/Paul White/AP/dpa/Collage

Alice Weidel trifft Viktor Orbán in Ungarn. Die ungarische Seite hält nicht viel vom Treffen. Dennoch gibt es auch Besorgnis über die Annäherung.

Budapest – Kurz vor der Bundestagswahl am 23. Februar geht es für AfD-Chefin und Kanzlerkandidatin Alice Weidel am Dienstag (11. Februar) in die ungarische Hauptstadt Budapest. Dort steht ein Treffen mit Premierminister Viktor Orbán an. Die Bitte um ein Treffen kam offenbar von Weidel selbst, wie der Regierungschef bestätigte. Weidel spricht von einer Einladung seitens Orbán. Das Fidesz-Lager, die Partei von Orbán, hält jedenfalls nicht viel vom Treffen.

Weidel zu Besuch in Ungarn: Empfang offenbar nur Zeichen der „Höflichkeit“

Die ungarische Ausgabe des Senders Euronews berichtete unter Berufung auf eigene Informationen, mit dem Treffen wolle Orbán keine Öffnung gegenüber der AfD vollziehen. Demnach sagte ein hochrangiger Fidesz-Politiker gegenüber dem Sender, Orbán habe keine „langfristigen Pläne“ mit Weidel. Denn für Ungarn sei die aktuelle deutsche Regierung der eigentliche Partner. Insofern könne man Weidels Empfang nur als ein Zeichen der „Höflichkeit“ sehen, so der Politiker aus der Orbán-Partei.

Darauf deutet auch die Aussage des Kanzleiministers Gergely Gulyás, den Euronews ebenfalls zitierte. Er sagte, die AfD habe „manche Manifestationen, mit denen sich die Regierung Orbáns nicht identifiziert“. Allerdings habe eine Partei ein Treffen beantragt, weshalb die Regierung dies nicht zurückweisen werde. Von Orbán selbst hieß es in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung: „Die AfD könnte 20 Prozent der Stimmen erhalten. Wenn deren Chefin mit mir sprechen will: Warum sollte ich Nein sagen? Wenn Olaf Scholz mich anrufen würde, würde ich ihn auch empfangen.“

Aktuell handelt es sich bei dem Treffen zwischen Weidel und Orbán also eher um eine Formalität, um die Bitte der AfD nach einem Treffen nicht hängenzulassen.

Orbán geht auf Distanz zur AfD: „Verrückte Personen und Ideen“

Gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung hatte der ungarische Premierminister gesagt: „Alice Weidel hat mich angerufen und um ein Treffen gebeten. Ich werde sie nächste Woche in Budapest empfangen.“ Nach Angaben von Weidels Sprecher Daniel Tapp wird die AfD-Kanzlerkandidatin am 11. und 12. Februar für das Gespräch mit Orbán in Budapest sein. Auf der Plattform X schrieb Weidel auf Englisch: „Danke für Ihre Einladung, Herr Ministerpräsident Viktor Orbán. Ich freue mich darauf, Sie zu treffen.“

Noch im Jahr 2023 hatte Orbán in einem Interview mit der Bild-Zeitung betont, man führe keine engere Zusammenarbeit mit der AfD, da man nicht wisse, worum es sich genau handle, ob sie pro- oder anti-europäisch sei. Auch in seinem jüngsten Interview mit der Bild hieß es mit Blick auf die AfD: „Da können verrückte Personen und Ideen auftauchen.“ Man habe keine Erfahrung mit der AfD und keine Beziehungen zu ihr.

In seinem Einladungstweet an Weidel schrieb er jetzt: „Berlin war schon immer eine Stadt von Mauern. Es ist an der Zeit, eine weitere herunterzureißen.“ Womöglich ein Verweis auf die „Brandmauer“ in der deutschen Politik gegen die AfD. Oder aber die eigene Mauer zur AfD. Könnte das Treffen zwischen Weidel und Orbán also doch eine Wende herbeiführen und die beiden Seiten enger zusammenwachsen lassen? Die ungarischen Erklärungen zum Treffen zeigen immerhin: Wohl kaum.

Ungarischer Politiker besorgt über Weidel-Besuch in Budapest: „Moskauer Balsam“?

Dennoch sind nicht alle Seiten beruhigt. So etwa der ehemalige, langjährige ungarische EU-Abgeordnete Istvan Ujhelyi. In einem Beitrag in der Zeitung Index bezeichnete er die Entscheidung von Orbán, Weidel zu empfangen, als „zumindest fraglich“ – vor allem so kurz vor der Bundestagswahl. Denn nicht nur habe die Fidesz bislang eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen, schrieb der Politiker der Ungarischen Sozialistischen Partei.

Außerdem könne er als „Expertennase“ den „Moskauer Balsam“ herausriechen. Denn er warf Orbán, der gute Beziehungen zu Kreml-Chef Wladimir Putin genießt, vor, in Europa nicht „Souveräne“ um sich zu sammeln, sondern „Kremlinisten“. Ujhelyi zufolge passt die AfD „perfekt“ in die Kategorie anderer Parteien in Europa, denen Nähe zu Russland vorgeworfen wird, wie etwa die österreichische FPÖ, aber auch Regierungs- und Staatschefs wie der slowakische Robert Fico und serbische Aleksandar Vučić.

AfD lobt Kurs von Viktor Orbán: Doch Budapest will Beitritt zu EU-Fraktion nicht zulassen

Die AfD betont seit Jahren ihre Nähe zur rechtspopulistischen und EU-kritischen Politik des seit 2010 in Ungarn regierenden Orbán. Im vergangenen Jahr sagte Weidel, sie habe volle Bewunderung für Orbán. Die AfD, die im Europaparlament der frisch im Juli 2024 gegründeten Fraktion „Europa der Souveränen Nationen“ angehört, kann sich außerdem einen Beitritt in die von Orbán ebenfalls im Juli 2024 gegründete Fraktion „Patrioten für Europa“ vorstellen.

Bei den „Patrioten“ stößt dies aber auf wenig Gegenliebe. Denn die Fraktion besteht großteils aus ehemaligen Mitgliedern der „Fraktion Identität und Demokratie“, aus der die AfD ohnehin kurz vor der Europawahl 2024 ausgeschlossen worden war. Unter anderem wegen der SS-Verherrlichung des AfD-Spitzenkandidaten Maximillian Krah. Derzeit steht ein Beitritt der AfD in die Orbán-Fraktion außer Frage. Der von Euronews zitierte Kanzleiminister Gulyás sagte, ein Beitritt sei „kurzfristig unwahrscheinlich“. Über mittel- und langfristig sagte er jedenfalls nichts.

Ungarischen Medien zufolge wird es außerdem auch eine Pressekonferenz der beiden geben. Spätestens dort wird sich zeigen, ob der Besuch nur eine Formalität, oder doch mehr ist. (bb)

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