Beton trifft Bierbank: Schlierseer Ringerstatue glänzt dank Stammtisch-Initiative

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Starke Männer – aus Beton und Fleisch und Blut: die Freunde des Freitags-Stammtisches im Ratskeller mit Vertretern des TSV Schliersee und der sanierten Ringerstatue vor dem Sportheim. © THOMAS PLETTENBERG

Eine Skulptur aus den 1930er-Jahren, vergessen und beschädigt, erhält eine zweite Chance: Der Freitagsstammtisch im Schlierseer Ratskeller hat mit vereinten Kräften die Ringerstatue beim TSV sanieren lassen – und wurde dafür gefeiert.

Ein Projekt aus der Mitte des Wirtshauses

Wenn am Freitagsstammtisch im Ratskeller mal gerungen wird, dann allenfalls ums letzte Wort. Auch als es darum ging, sich für ein Projekt außerhalb des Wirtshauses einzusetzen, musste sich keiner der rund 20 Männer dazu durchringen. „Alle haben gleich zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen“, erzählt Andreas Haslinger. Was mit einem Prost besiegelt wurde, erstrahlt nun wieder in neuem Glanz: die Ringerstatue am Sportheim des TSV Schliersee.

Auf Spurensuche durch die Vereinsgeschichte

Ein gewisser Herr Tschöke aus Fischhausen habe die Figur den beiden ringenden Männern 1930 für den drei Jahre zuvor von der Gemeinde an den TSV übergebenen Turnplatz an der Ortererstraße gespendet, hat Haslinger herausgefunden. Wie TSV-Vorsitzender Wolfgang Schauer recherchiert hat, wanderte die Statue nach dem Krieg an einen Standort im Bereich der Gruppenschule, ehe sie 1965 nach dem Bau des Vereinsheims des TSV an die Schlierach kam. Dort fristete sie spätestens seit dem Umzug des Vereins in seinen Neubau ein recht einsames Dasein. Und auch die Kraft der beiden Ringer schien zu schwinden. Auch wenn sie bis zuletzt in ihrer eingefrorenen Pose zu kämpfen schienen, machte sich die Altersschwäche des Betons über dem darunterliegenden Eisengerippe bemerkbar. Die Folge: eine eingebrochene Brust und ein abgebrochener Arm.

Vom Bruch zur Rettung: Ein Künstler mit Gespür für Beton

Ein Stammtischbruder Haslingers entdeckte die einst so stolzen Sportler in ihrem bemitleidenswerten Zustand vor dem alten Sportheim. Eine erste Anfrage, ob man sie denn wieder herrichten könnte, habe ein wenig ermutigendes Ergebnis gebracht: „Vergiss es, die ist schon zu kaputt“, sei die Antwort gewesen, erzählt Haslinger. Doch dann erinnerte er sich, dass einer seiner früheren Arbeitskollegen bei der Berufsfeuerwehr München künstlerisch sehr begabt sei. Haslinger kontaktierte den in Babensham bei Wasserburg wohnhaften Markus Oettl – und hatte Erfolg: Oettl, der mittlerweile ein eigenes Atelier für Skulpturen und Malerei führt, nahm sich der beiden vor sich hin bröckelnden Ringer an.

Zurück im Glanz – und auf neuer Terrasse

Mit dem Sandstrahlgerät befreite er die Statue zunächst von alten Lackresten. Dann modellierte er einen neuen linken Arm und besserte diverse brüchige Stellen aus. Viele Arbeitsstunden später wurde die Figur dann in Absprache mit dem TSV Schliersee auf die Terrasse des neuen Sportheims versetzt. Da strahlt sie nun – nicht zuletzt dank ihrer weißen Farbe – wieder die alte Stärke aus. Fast sieht es so aus, als würden die sehnigen Muskeln der beiden so verbissen ringenden Männer den sie bedeckenden Beton sprengen wollen.

Dankesfest mit Gaudi-Wettkampf und Musik

Jede Menge Publikum hatten die Ringer dann am vergangenen Freitag. Der TSV Schliersee richtete ein kleines Fest aus, um sich bei den Stammtischbrüdern für ihren Einsatz zu bedanken. Die nämlich haben eigentlich keine besondere Verbindung zum TSV oder gar der Ringerstatue. „Wir wollten einfach nur was Gutes im Ort tun“, betont Haslinger. Dass ihnen das gelungen ist, zeigte die gute Stimmung bei der Feier. Da waren die Stammtischfreunde dann doch noch sportlich gefordert: Sie traten in einem Gaudi-Wettbewerb gegen die SchliersBrass Musik mit Ehemaligen der Kapelle Fürchterlich an, die an diesem Abend für die musikalische Unterhaltung zuständig war. Im Staffellauf mit „Hindernissen“ wie Schnapstrinken und Semmel㈠essen, beim Schleuderballwerfen und Marschieren auf überdimensionalen Holzski konnten sich die Männer messen. Für zusätzliche Unterhaltung und quasi ein Mehrgenerationen-Event sorgte die parallel stattfindende Saisonabschlussfeier der F-Jugend-Fußballer mit einem launigen Spiel zwischen Kindern und Müttern, das der Nachwuchs mit 6:5 für sich entschied.

Symbol des Sieges über die Zeit

Den Lorbeerkranz aber setzten die Beteiligten am Ende einem der beiden Ringer auf. Weniger als Zeichen des Siegers, der ja in diesem auf Ewigkeit ausgelegten Kampf wohl nie endgültig feststehen wird, sondern vielmehr als Zeichen des Triumphs über den zuletzt größten Feind der Betonfigur: den unaufhörlich nagenden Zahn der Zeit.

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