Dem Radverkehr Schwung geben

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Angeregte Debatte: Zur Aktion Stadtradeln fand heuer erstmals auch eine Podiumsdiskussion im Fools-Kino statt. © Stefan Schweihofer

Wie steht es um den Radverkehr in Holzkirchen? Das war am Freitagabend Thema bei einer Podiumsdiskussion – begleitend zur laufenden Aktion Stadtradeln.

Schon der ungewohnt wenig frequentierte Radlparkplatz ließ ahnen, dass am Eröffnungsabend der Fußball-EM nicht viele den Weg ins Fools-Kino gefunden hatten. Im Fishbowl-Format, bei dem ein Platz auf dem Podium für Besucher bereitsteht, nahm dennoch ein illustrer Kreis den Radverkehr in Holzkirchen unter die Lupe – und Besucher nutzten die Gelegenheit, auf neuralgische Stellen wie Kleeblatt-Kreuzung hinzuweisen.

Radelnder Bürgermeister findet: Holzkirchen kommt oft zu schlecht weg

Jörg Koppen, langjähriger Leiter der Stabsstelle Mobilität der Landeshauptstadt München, stellte der Marktgemeinde schon dafür ein gutes Zeugnis aus, dass es – anders als bei Gemeinden dieser Größe üblich – seit drei Jahren einen Mobilitätsmanager gebe. Tim Coldewey, der den Posten bekleidet, betonte die große Bereitschaft, den innerörtlichen Radverkehr zu stärken. Die Struktur des „etwas verstädterten Ortes“ sei nicht mit seiner Bedeutung gewachsen. Es gelte, mit vorhandenen Mitteln Radfahren komfortabler zu machen, etwa abgesenkten Bordsteinkanten und Anpassungen von Durchfahrtsperren. Bei Neubauprojekten denke man den Radverkehr bereits in der Planung mit.

Bürgermeister Christoph Schmid, selbst überzeugter Radfahrer im innerörtlichen Verkehr, betonte, dass ihm Holzkirchen als Pflaster für Radfahrer oft zu schlecht wegkomme, weil viele nur die Hauptstraßen im Blick hätten. Dass Tim Roll vom ADFC-Kreisverband nur die gute Infrastruktur rund um den Bahnhof, der neue Radschnellweg nach Otterfing und die auf Initiative seines Vorgängers Hartmut Romanski eingerichteten Radschutzstreifen einfielen, nicht aber der Ausbau der Kindergartenbrücke an der Frühlingstraße, die ursprünglich nur ein schmaler Fußweg war, sowie der Tunnel im Ländl als direkte Verbindung ins Gewerbegebiet Ost, fand Schmid beispielhaft und sah darin auch eine Lücke in der Eigenwerbung. 

Aufklärungsarbeit wichtig – für Kraftfahrer, aber auch Radler

Aufklärungsarbeit sei wichtig, betonte Koppen. Autofahrer müssten wissen, was sie berücksichtigen müssen – vom Mindestabstand beim Überholen von Radlern von 1,50 Metern innerorts und zwei Metern außerorts bis zur Tatsache, dass der Radschutzstreifen für motorisierten Verkehr generell tabu sei und ausschließlich von überbreiten Fahrzeugen bei Gegenverkehr genutzt werden dürfe, solange Radfahrer dabei nicht beeinträchtigt werden. Gleichwohl sei Radfahren auf dem Gehsteig nur Kindern erlaubt, die das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Kinder bis acht Jahre dürfen dabei von einem Erwachsenen begleitet werden.

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Koppen berichtete auch, dass nur Stunden vor der Veranstaltung in Holzkirchen der Bundesrat der von der Bundesregierung geplanten Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) zugestimmt habe, die Kommunen etwa mehr Flexibilität für die Errichtung von Radwegen und die Einführung von Tempo 30 einräume. 

„Werden Münchner Straße nichts wegzwicken können“

Der Münchner Straße werde er nichts wegzwicken können, gab sich Schmid realistisch. Ihm sei jedoch daran gelegen, den Vorteil des Fahrrads im Ortsverkehr so messbar zu machen, dass man mehr Menschen davon überzeugen könne, es zu nutzen. Der schon vor vielen Jahren angeregte Radweg auf der stillgelegten Strecke des sogenannten BayWa-Gleises könnte ein Königsweg sein, der bisher jedoch am schwierigen Dialog mit der Bahn scheiterte.

Mit dem Film „Besser Welt als Nie“ von Dennis Kailing endete der Abend. Das Rad hatte dieser als das günstigste Fortbewegungsmittel für seine Weltreise gewählt. Erst auf der Fahrt über 761 Tage und 43 600 Kilometer durch 41 Länder erfuhr er die Schönheit dieser Art zu reisen. Vielleicht braucht es ja auch für den Alltags-Radler in Holzkirchen nur so einen Impuls.

Im rund 17 000 Einwohner zählenden Holzkirchen gab es im Vorjahr einen Bevölkerungszuwachs von 0,85 Prozent. Im selben Zeitraum wurden sechs Prozent mehr Pkw und 28 Prozent mehr Lkw zugelassen. Für 16 Prozent der Fahrten des täglichen Bedarfs wird in Holzkirchen das Fahrrad genutzt. Im Modal Split, der den Anteil unterschiedlicher Verkehrsmittel im Personenverkehr beschreibt, liegt Holzkirchen damit immerhin knapp 50 Prozent über dem bayernweiten Durchschnitt von elf Prozent.

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