Vom Fremden zum Ersatz-Opa: Wolfratshauser engagiert sich als Familienpate - „Gibt mir soviel zurück“
Leo Firydus ist einer von rund 20 Familienpaten im Nordlandkreis. Gebraucht werden viel mehr. Einmal die Woche besucht er eine fünfköpfige Familie, für die er längst zum Ersatzopa geworden ist.
Wolfratshausen - Kurz vor seinem Ruhestand begann es im Kopf von Leo Firydus zu rattern: Was sollte er bald mit seiner ganzen Freizeit anfangen? „Für mich stand fest: Ich wollte etwas Sinnvolles tun, meine Zeit nicht verplempern“, erzählt der Wolfratshauser. Damals arbeitete der vierfache Vater erwachsener Kinder beim Maschinenhersteller DMG in Geretsried. Durch Zufall entdeckte der heute 69-Jährige eine Anzeige zur Schulung von Familienpaten im Landkreis. „Das hat mich gleich angesprochen.“ Gesagt, getan. Einige Monate später war Firydus Familienpate.
Ehrenamt Familienpate: Leo Firydus betreut meist eine Familie - im Schnitt einmal die Woche
Die Aufgaben in diesem Ehrenamt sind unterschiedlich, richten sich nach den Bedürfnissen der jeweiligen Familie. „Oft sind beide Eltern berufstätig, alleinerziehend und überfordert oder überlastet mit ihren Kindern“, weiß der Wolfratshauser. Meist betreut ein Pate eine Familie. Leo Firydus verbringt im Schnitt einmal die Woche zwei bis drei Stunden bei „seiner Familie“, die er bereits seit eineinhalb Jahren unterstützt.
Sie besteht aus den Eltern und drei Kindern, das jüngste sieben Jahre alt. „Wenn es draußen regnet, lese ich dem Buben vor“, erzählt der 69-Jährige. Und ergänzt mit einem Augenzwinkern: „In solchen Fällen bleiben wir selten zu zweit.“ Bei gutem Wetter geht er mit seinem Schützling raus, auf den Spielplatz oder zum Einkaufen. Woche für Woche genießen der Rentner und die Kinder die gemeinsame Zeit. Und die Eltern freuen sich, wenn sie zwischendurch etwas Zeit für sich haben.
Familienpate ist Inzwischen Teil der Familie - „Quasi der Ersatzopa“
Längst ist der Wolfratshauser Teil der Familie geworden. „Ich bin quasi der Ersatz-Opa“, sagt er stolz. Zu Geburtstagen, Grillabenden und zur Firmung wurde er wie selbstverständlich eingeladen. „Jedes Mal, wenn ich hinterher nach Hause gehe, gehe ich mit einem guten Gefühl“, erzählt Firydus. „Ich weiß, dass ich etwas Gutes getan habe.“
Jedes Mal, wenn ich hinterher nach Hause gehe, gehe ich mit einem guten Gefühl. Ich weiß, dass ich etwas Gutes getan habe.
Eine solche Patenschaft ist in der Regel zunächst auf ein Jahr begrenzt. In Ausnahmefällen sind Verlängerungen möglich – wie bei Firydus. Seit bereits drei Jahren engagiert er sich in dem Ehrenamt. „Jede Familie ist anders, auf jede muss man sich neu einlassen“, weiß er. An seinen ersten „Einsatz“ kann sich der 69-Jährige noch genau erinnern.
Meine news
Es handelte sich um eine syrische Familie, die Eltern kämpften mit Sprachbarrieren. Der Rentner half bei Behördengängen, führte Gespräche mit Lehrern. „Einfache Dinge wie ein Arztbesuch wurden zur Herausforderung. Das war ein ganz neuer Blickwinkel für mich.“
(Unser Wolfratshausen-Geretsried-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)
Zum Dank für seine Mühen lud ihn die Familie eines Tages zum Abendessen ein. „Das kam für mich überraschend, aber ich habe mich total darüber gefreut“, erzählt der Wolfratshauser. „Solche kleinen Gesten sagen oft mehr als viele Worte.“
In Nordlandkreis 20 Familienpaten im Einsatz - Gebraucht werden viel mehr
In Wolfratshausen, Icking, Eurasburg, Egling und Münsing sind circa 20 ehrenamtliche Familienpaten im Einsatz. Gebraucht würden jedoch deutlich mehr. Die Warteliste ist lang. Firydus: „Viele Familien bei uns in der Region sind überlastet und freuen sich riesig über unsere Hilfe.“ Außerdem ist er sich sicher: Wenn die Eltern entlastet seien, komme das letztendlich den Kindern zugute.
Wer sich als Familienpate engagieren möchte, absolviert im ersten Schritt eine Schulung. Danach wird ihm eine „Einsatz-Familie“ vorgeschlagen. Während eines zwanglosen Gesprächs schauen beide Parteien, ob die Chemie zwischen ihnen stimmt.
„Das muss schon passen“, betont Firydus. „Der Pate macht das unentgeltlich, und die Familie lässt zunächst einen Fremden ins Haus – da müssen sich beide wohlfühlen.“ Der Wolfratshauser ist jedenfalls froh, genau diesen Weg eingeschlagen zu haben. „Die Patenschaft gibt mir so viel zurück. Das kann ich gar nicht alles in Worte fassen.“ kof
Info
Wer Interesse daran hat, sich als Familienpate ausbilden zu lassen, kann sich per E-Mail bei Sonja Weißbacher melden, unter familienpaten-nord@jugend-wolfratshausen.de.