Trump-Zölle machen VW zum Spielball – wie ein E-Auto zum Symbol des Scheiterns wurde

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Die Strafzölle von Donald Trump setzen besonders Volkswagen unter Druck. Europas größter Autokonzern steht am Scheideweg – ausgerechnet jetzt floppt ein einstiger Hoffnungsträger.

Hannover – Wie schlecht das Timing eines Marktstarts sein kann, zeigte sich für Volkswagen im Oktober 2024. Nach fast zwei Jahrzehnten der Planung wurde der Elektro-Van ID.Buzz auf einer feierlichen Zeremonie offiziell in den USA vorgestellt. Wenige Wochen nach den ersten Auslieferungen wurde Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA gewählt. Kurz darauf verhängte seine Regierung 25-prozentige Strafzölle auf importierte Fahrzeuge und beendete die staatliche Förderung für Elektroautos. Seitdem ist der Druck innerhalb der deutschen Autobranche enorm.

Trumps Strafzölle setzen Volkswagen unter Druck – ID.Buzz wird zum Symbol des Scheiterns

Mittlerweile, so berichtet es das Handelsblatt, unterliegt das Modell seit Mai einem Exportstopp. Ein Sprecher des Konzerns hat bereits bestätigt, dass die „herausfordernden Rahmenbedingungen in einigen Märkten – unter anderem Nordamerika“ eine Rolle gespielt hätten. Trumps „America First“-Politik erweist sich damit als Belastung für die deutsche Autobranche – insbesondere für VW, Mercedes und BMW. Kein anderes Land der Welt nahm 2024 so viele deutsche Fahrzeuge ab wie die USA.

Diese Abhängigkeit nutzt die Trump-Regierung gezielt in den laufenden Handelsgesprächen mit der EU. Besonders betroffen ist Volkswagen: Als größter europäischer Hersteller und mit vergleichsweise geringer lokaler Produktion in den USA steht das Unternehmen unter erheblichem Druck. Laut einem Bericht des Spiegel bleiben Volkswagen derzeit nur zwei Optionen: Entweder die milliardenschweren Zölle auf importierte Fahrzeuge hinnehmen oder die Produktion im großen Stil in die USA verlagern.

Der US-Markt als politisches Minenfeld: Trump nutzt deutsche Autobauer als Druckmittel

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soll demnach dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bereits mitgeteilt haben, dass die EU die US-Vorgaben weitgehend akzeptieren müsse. Derzeit erhebt die EU rund zehn Prozent Einfuhrzoll auf US-Fahrzeuge, während die Trump-Regierung die bestehenden 25-Prozent-Zölle für europäische Auto-Importe um weitere 2,5 Prozentpunkte erhöht hat. Eine realistische Einigung könnte am Ende eine Absenkung auf beiden Seiten von zehn Prozent bedeuten, sodass für die EU-Unternehmen noch immer 17,5 Prozent Zölle blieben.

US-Präsident Trump
Strippenzieher der Strafzölle: US-Präsident Donald Trump weiß genau, wie er Druck auf die EU ausüben kann. © Uncredited/Pool/AP/dpa

Doch selbst dieses Szenario käme VW – sowie einigen andere Firmen – sehr teuer zu stehen. Noch bleibt der EU bis zum 1. August Zeit, bevor Trumps Frist abläuft. Eine Ausweitung der Produktionskapazitäten in den USA würde den Status quo kurzfristig kaum verändern – vielmehr wäre sie eine Investition in die Zukunft. Allein der Aufbau stabiler Lieferketten würde Jahre in Anspruch nehmen.

Audi und Porsche wachsen – doch wie lang noch? Für den ID.Buzz ist eine US-Produktion vorerst kein Thema

Hinzu kommt: VW hat bislang nur begrenzte Erfahrung mit dem US-Markt. Derzeit wird lediglich der vollelektrische SUV ID.4 im Werk Chattanooga (Tennessee) gefertigt. Laut Handelsblatt erwägen die VW-Verantwortlichen seit Längerem den Bau eines gemeinsamen Werks für die Luxusmarken Audi und Porsche. 2024 verzeichnete Audi mit 200.000 und Porsche mit 80.000 exportierten Pkws einen neuen Absatzrekord in den USA. Für den ID.Buzz ist eine Verlagerung der Produktion allerdings nicht geplant – bei dieser Produktlinie gilt es erst einmal Wundenlecken.

War der ID.Buzz in der VW-Konzernzentrale einst als nostalgische Hommage an die Hippie-Klassiker des legendären T1-Modells aus den 1960er Jahren und strahlendes Comeback der deutschen Automarke auf dem zweitgrößten Automobilmarkt der Welt gedacht, hat sich aus heutiger Sicht zum Misserfolg entwickelt. Laut Zahlen von Marklines exportierte VW in den ersten beiden Quartalen 2025 nur rund 2.470 Fahrzeuge aus dem Fertigungswerk in Hannover in die USA.

Hoher Preis, geringe Reichweite: Warum der ID.Buzz für US-Kunden unattraktiv wirkt

Nach jahrelangen Verzögerungen bei Entwicklung und Produktion hatte sich VW unter CEO Oliver Blume ein Absatzziel von mindestens 40.000 Einheiten pro Jahr gesetzt. Zum Vergleich: Bei Teslas Model 3 gingen am ersten Tag rund 200.000 Bestellungen ein. Nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals im Jahr 2015, der in den USA zu Verurteilungen von VW-Managern sowie milliardenschweren Strafzahlungen führte, sollte der ID.Buzz als Wendepunkt gelten – und gleichzeitige Kampfansage an Elektro-Pionier Tesla. Diess kündigte damals laut der Onlineplattform Umweltdialog an, dass VW „E-Mobilität für Millionen und nicht für Millionäre“ produzieren wolle.

Doch ist diese Formulierung des ehemaligen Vorsitzenden aus heutiger Sicht schlecht gealtert: Der Preis für den ID.Buzz am US-Markt umfasste beim Verkaufsstart im Oktober 2024 je nach Ausstattung mindestens 60.000 US-Dollar – tendenziell aber mehr. Mit einer Reichweite von 234 Meilen bleibt das Basismodell zudem neben dem Preis auch hinter der Leistung zahlreicher Konkurrenten zurück.

Designfehler, verfehlter US-Geschmack und Rückrufe: VW-Prestigeprojekt startet mit Schwächen

Das Fahrzeug sei eher ein „Halo-Produkt“, also ein Imageträger, statt ein Massenprodukt, rechtfertigte ein VW-Sprecher gegenüber dem Wall Street Journal. Doch darüber hinaus lähmten auch Produktrückrufe wegen doppelter Designfehler die erfolgreiche Markteinführung. Einmal entsprach das Bremssymbol nicht den US-Vorgaben, dann war die Rückbank zu breit. Im April wurden daher alle bereits ausgelieferten Fahrzeuge zurückgerufen. Laut Wall Street Journal war die Sitzreihe für drei Personen konzipiert, allerdings gab es nur zwei Sicherheitsgurte.

Auch andere Details seien nicht auf den US-Markt abgestimmt gewesen: So fehlte anscheinend der für amerikanische Verbraucher so wichtige Becherhalter, sodass auch hier VW nachrüsten musste. Auch die Farbgebung der Basisversion in Weiß, Grau oder Schwarz erinnert kaum an das bunte, ikonische Design des T1 aus den 1960er Jahren.

VW bleibt politischer Spielball: ID.Buzz und ID.4 stehen schwere Zeiten unter Trump bevor

Die Nutzfahrzeug-Sparte des Autoherstellers, die bereits auch den T1 gefertigt hatte, soll sich laut Wall Street Journal schwer getan haben mit der Produktion: Zu wenig Erfahrung am US-Markt und mit E-Mobilität hätten maßgeblich zur Verzögerung und den Fehltritten im Design beigetragen. So habe auch die betriebsinterne Umrüstung im Werk in Hannover mehrere Jahre und Millionen verschlungen.

Derzeit ist die Zukunft des ID.Buzz am US-Markt offen – und vollends abhängig von den kommenden Entscheidungen auf politischer Ebene. Laut Handelsblatt kam es deswegen auch zum Exportstopp – und nicht etwa wegen der fehlerhaften Rückbank. Doch auch für den ID.4 aus Chattanooga ist die Zukunft ungewiss. Auch die Hoffnung auf eine Rückkehr staatlicher Subventionen ist begrenzt: Die derzeitigen Zuschüsse laufen mit dem im Juni verabschiedeten Haushaltsgesetz „One Big Beautiful Bill“ zum 30. September aus.

Auch interessant

Kommentare