In ARD-Doku taucht Tesla-Fabrik als rote Hitzeinsel auf Wärmebildkameras auf

„Da ist sogar eine Fliege“, freut sich Ulf Soltau und lacht zynisch. „Ich glaube, ich habe ein Tier gesehen.“ Der Mann mit dem gestreiften T-Shirt und dem kleinen Stein im Ohr betreibt einen Blog mit dem Titel „Gärten des Grauens“. Der Name ist Programm. Kopfschüttelnd läuft er die Vorgärten einer Wohnsiedlung ab. Überall tote Steinoasen.

„Da steckt der eine Nachbar den anderen Nachbar an. Dann hat man schnell Schottergärten.“ Dabei dürfen unbebaute Flächen in Deutschland längst nicht mehr versiegelt werden, doch Städte und Gemeinden schauen oft weg. Statt Pflanzen und Tieren bestimmen Kies und einzelne Stängel das Bild vieler Gärten. 

„Wir brauchen kleine, grüne Inseln, die den urbanen Raum unterkühlen“, fordert Ulf Soltau. Diese Steinvorgärten seien „ein Potenzial, das wir verschenken“. „Das ist niemandem zu erklären“, findet der Blogger.

Hitzetod und die Folgen versiegelter Städte

Die ARD-Doku „Zugepflastert“ befasst sich mit unseren „Backöfen aus Beton und Asphalt“, sprich deutschen Städten, in denen die Hitze immer weiter steigt. Besonders geht es darum, Flächen zu finden, die zu grünen Oasen umgebaut werden könnten, damit die Temperaturen sinken. Vor allem Parkplätze stehen im Fokus.

Oft gibt es beim Parkplatzbau – etwa bei großen Supermärkten – keine Auflagen in den Bebauungsplänen der Städte und Gemeinden. Und wenn doch, werden diese nur zu etwa einem Drittel erfüllt. Denkmalschutz kann ebenfalls hinderlich sein: Auf historischen Plätzen dürfen Autos parken, aber keine Bäume gepflanzt werden. 2024 starben in Deutschland 2800 Menschen an Hitzeschäden. Zugleich werden täglich 23.000 Hektar Boden versiegelt – unter anderem von Tesla.

Tesla versiegelte 300 Hektar Wald – die Ausgleichsflächen sind mickrig

Der US-Autobauer versiegelte für sein Werk 300 Hektar Wald in Grünheide bei Berlin und rodet 500.000 Bäume. Den Behörden waren 11.000 Arbeitsplätze wichtiger als der Erhalt der Natur. Die Wärmebildkamera zeigt das Firmengelände als rote Hitzeinsel inmitten des Waldes.

„Wir haben 100 Standorte gesichtet“, erklärt Alexander Riederer von Tesla. Die Rahmenbedingungen in Grünheide seien am besten gewesen. „Uns war es aber wichtig, den Wald zu kompensieren.“ 

Die 130 Ausgleichsflächen wirken vor Ort jedoch oft abstrus: Gestrüpp, mickrige Bäumchen, hohes Gras. Landschaftsökologe Norman Heß sagt: „Das als Wald zu bezeichnen, ist weit hergeholt. Unternehmen waschen sich hier nur grün. Ein zerstörtes Biotop lässt sich so nicht wiederherstellen.“

Schotter statt Artenvielfalt
Ulf Soltau, Blogger von „Gärten des Grauens“, begutachtet einen Steingarten in einer Wohnsiedlung. ARD

Städte radikal umgestalten gegen Hitzewellen

„Wir müssen die Innenstädte radikal umgestalten“, mahnt Susanne Benz, Expertin für urbane Hitze am Karlsruher Institut für Technologie. „Sonst werden Städte bald unbewohnbar.“ Auch ihre Kollegin Sina Keller fordert: „Wir müssen das Grün nach vorne bringen.“

Luftbildaufnahmen zeigen, dass jede größere Stadt etwa 100 große Parkplätze hat, die an heißen Tagen zu glühenden Flächen werden. Experten rechnen damit, dass es in Zukunft doppelt so viele Hitzewellen wie im Jahr 2000 geben wird. Doch zusätzliche Bäume und der Wegfall von Parkmöglichkeiten stoßen nicht immer auf Zustimmung. Bauleiter Padra Nasrollahi berichtet sogar von „Vandalismus gegen Baumaschinen und Zäune“.

Freie Asphaltflächen besser nutzen

Mehr Bäume, aber nicht auf Kosten der Parkplätze – so lässt sich das Meinungsbild zusammenfassen. Dabei geht es um Gesundheit: Der menschliche Körper möchte eine Temperatur von 37 Grad halten. Bei hohen Außentemperaturen staut sich die Wärme im Körper, die Körpertemperatur steigt. Andrea Nakoinz vom Verein „Klimawandel und Gesundheit“ erklärt: „Bei Temperaturen über 39,6 Grad droht ein Hitzschlag.“

Um das Risiko zu senken, müssten Städte und Gemeinden in Bebauungsplänen mehr Vorgaben zur Bepflanzung machen. Bäume können Betonflächen um bis zu zehn Grad abkühlen. Große Werksgelände, Schulhöfe und Parkplätze sollen künftig besser im Sinne der Gesundheit genutzt werden.