Jede zehnte Frau betroffen: Freisingerin nimmt Kampf gegen schmerzhafte Krankheit auf

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Starke Schmerzen während der Menstruation können Symptome von Endometriose sein. (Symbolbild) © Christin Klose/dpa-tmn

Dieses Leiden löst große Schmerzen aus: Von Endometriose ist jede zehnte Frauen betroffen, und doch ist die Krankheit unbekannt. Zwei Frauen wollen das ändern.

Freising - Die gemeinsame Geschichte von Leyla Yildiz (28) aus Freising und Johanna Oberst (25) aus Rosenheim beginnt im Krankenhaus. Ende Juli lernen sie sich in Zimmer 6 kennen. Beide haben nicht nur die gleiche Operation hinter sich, sondern auch einen gemeinsamen Leidensweg: Die beiden jungen Frauen haben Endometriose.

Die Krankheit gilt als „Chamäleon der Gynäkologie“

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, die etwa eine von zehn Frauen beziehungsweise Menschen mit Gebärmutter trifft. Dabei siedelt sich gutartiges gebärmutterschleimhautartiges Gewebe außerhalb des Uterus an, meist im Bauchraum, aber es kann sich im ganzen Körper verbreiten. Die Krankheit wird auch als „Chamäleon der Gynäkologie“ bezeichnet, da die Symptome sehr unterschiedlich sind. Dazu zählen starke Schmerzen vor und während der Periode, Darmbeschwerden, Schmerzen beim Wasserlassen und Stuhlgang oder auch beim Sex.

Kämpferinnen gegen eine unsichtbare Krankheit: Johanna Oberst (l.) und Leyla Yildiz.
Sie machen das Beste aus ihrem Leiden: Johanna Oberst (l.) und Leyla Yildiz haben Endometriose und wollen nach langem eigenen Kampf nun auch anderen betroffenen Frauen helfen. © privat

Yildiz leidet zusätzlich an Adenomyose. Dabei siedelt sich die Gebärmutterschleimhaut an den Wänden der Gebärmutter an, statt wie üblich während der Menstruation aus dem Körper ausgeschieden zu werden. Dadurch verdickt die Gebärmutter, was starke Schmerzen hervorrufen kann. Zudem kann Adenomyose wie Endometriose zu Unfruchtbarkeit führen.

Sie hatte Periodenschmerzen bis zu den Knien

Das Tückische: Bis zur Diagnose ist es oft ein langer Weg, der Betroffene viel Kraft kostet. „Noch immer kennen sich viele Gynäkologen nicht mit dem Krankheitsbild aus. Allerdings werden wir oft auch nicht ernst genommen und die Schmerzen heruntergespielt – so nach dem Motto, man solle sich mal nicht so anstellen, die Periode gehe halt nunmal mit Beschwerden einher“, sagt Yildiz. „Dabei hatte ich vor der OP Periodenschmerzen, die bis zu den Knien reichten, und war die ersten zwei Tage jeder Periode komplett ausgeknockt.“

Auch Oberst betont: „Ich hatte noch nie in meinem Leben schlimmere Schmerzen.“ Das schränke im Alltag enorm ein, zumal nicht nur die Zeit während der Menstruation schmerzhaft sei.

Von außen feststellbar sind die Wucherungen nicht, nur eine Bauchspiegelung kann Klarheit bringen. „Oft werden Blutwerte gecheckt oder ein Ultraschall gemacht, aber dabei kommt nichts heraus. Wenn es dann heißt ,Sie sind gesund!‘ ist das doppelt frustrierend, denn man selbst weiß ja, dass etwas nicht stimmt“, sagt Johanna Oberst. „Es macht einem unglaubliche Sorgen, wenn man jahrelang nicht ernstgenommen wird. Nach Arztbesuchen habe ich oft geweint und mich gefragt, ob ich mir alles nur einbilde“, sagt Yildiz. Heute weiß sie: Sie hat sich nicht getäuscht.

Duo will Gemeinschaft für Betroffene bilden

Bei der Bauchspiegelung wurden bei beiden Frauen Endometrioseherde entdeckt, die dann operativ entfernt wurden. „Aber sie können mit jeder Periode erneut aufflammen“, erklärt Oberst. Yildiz ergänzt: „Deshalb ist es wichtig, dass man nach der Operation einen Weg für sich findet, um mit der Krankheit umzugehen.“

Mit der richtigen Ernährung – antientzündlich mit vielen Omega-3-Fettsäuren – könne man viel bewirken. Nicht zu unterschätzen sei außerdem das Stressmanagement. „Zu viel Stress über eine zu lange Zeit ist entzündungsfördernd“, sagt Oberst. Auch Therapieformen wie Physiotherapie, Osteopathie oder hormonelle Therapie könnten helfen.

Die beiden Frauen erzählten sich im Krankenhaus gegenseitig ihre Geschichte – und kamen zu dem Schluss, dass sie andere Betroffene von Endometriose und Adenomyose unterstützen möchten. Daher riefen sie den Instagram-Kanal „endoworrier.s“ ins Leben. „Menschen mit Endometriose bezeichnen sich selbst oft als Endo-Warriors, also Kämpferinnen gegen Endometriose. Wir haben das etwas abgewandelt und worries, also Sorgen, integriert“, erklärt Yildiz.

Insbesondere, weil die Krankheit chronisch ist, oft unentdeckt bleibt, und es nicht einfach sei, Hilfe zu bekommen, werde häufig auch die mentale Gesundheit der Erkrankten in Mitleidenschaft gezogen. Oberst betont: „Auf unserem Kanal möchten wir nicht nur über Endometriose und Adenomyose aufklären, sondern mentale Gesundheit in den Fokus nehmen.“

Denn auch damit beschäftigen sich die Frauen schon lange: Unabhängig von der körperlichen Erkrankung bekam Yildiz vor zwei Jahren die Diagnose Depression, Oberst hat eine posttraumatische Belastungsstörung. „Auch diese mentalen Krankheiten sind nicht von außen sichtbar“, sagt Yildiz. Daher wollen sie ganzheitlich aufklären. „Und wir wollen für Betroffene ein ,Safe Space‘ sein, ihnen Raum bieten und zuhören.“ Denn es sei schon sehr viel wert, Gleichgesinnte zu finden, die sich gegenseitig stützen können – so wie die beiden sich damals im Krankenhaus.

Hilfe und Aufklärung

Weitere Informationen über Endometriose gibt es online bei der Endometriose-Vereinigung Deutschland: www.endometriose-vereinigung.de.

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