Die Befragung der Bürger zum Thema Stadtbus hat dessen Schwachpunkte aufgedeckt. Dem Stadtrat steht eine spannende Diskussion ins Haus – denn jede Optimierung des Angebots wird kostspielig.
Wolfratshausen – Der Stadtbus ist nach Meinung von vielen Wolfratshauserinnen und Wolfratshausern nur bedingt attraktiv, und der Betrieb beschert der Stadt hohe Unterhaltskosten. Die Fahrgastzahlen nannte Stadtrat Josef Praller in der jüngsten Sitzung der Bürgervertreter „ernüchternd“, sein Amtskollege Hans-Georg Anders (Grüne) stellte fest: „Es gibt wahnsinnig viel Luft nach oben.“ Den Mandatsträgern steht eine spannende Debatte ins Haus, denn jede Optimierung geht ins Geld. „Wir müssen auf den Nutzen-Kosten-Faktor achten“, warnte schon jetzt CSU-Fraktionschefin Claudia Drexl-Weile.
im Stadtbus auf der Linie 301 sitzen im Durchschnitt 15 Personen pro Fahrt
Johannes Lensch, ÖPNV-Experte und Mitarbeiter des Planungsbüros Planersocietät, das im Auftrag der Stadt wie berichtet ein Mobilitätskonzept erarbeitet, präsentierte dem Stadtrat kürzlich die Ergebnisse der Bestandsanalyse. Zahlen Lügen nicht: Im September 2024 saßen im Stadtbus auf der Linie 301 im Durchschnitt 15 Personen pro Fahrt, hochgerechnet 230 pro Tag. Die Linie 302 nutzten elf Frauen, Männer und Kinder pro Fahrt – insgesamt 186 Passagiere von den Morgenstunden bis zum Betriebsschluss am Abend.
Lensch erinnerte daran, dass der Öffentliche Personennahverkehr „Sache des Landkreises ist“, den Stadtbus lässt die Kommune allerdings eigenverantwortlich mit Hilfe von Busunternehmern kreisen – „und sie muss auch das Defizit tragen“. Das betrug 2024 rund 146 000 Euro, so Stadtkämmerer Peter Schöfmann auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Verträge mit den Busunternehmen laufen im Dezember 2027 aus, daher ist es laut Lensch richtig, rechtzeitig vor der Neuausschreibung die Weichen zu stellen.
Ungünstige Linienführung, suboptimaler 80-Minuten-Takt, Stadtteil Weidach nicht angebunden
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Die Stadtbusbefragung im vergangenen Jahr – 274 Fragebögen (Rücklaufquote 2,98 Prozent) kehrten ausgefüllt ins Rathaus zurück – zeigte einige Schwachpunkte auf. Die Linienführung sei ungünstig, der 80-Minuten-Grundtakt suboptimal, der Stadtteil Weidach nicht angebunden und in den späten Abendstunden verkehre der Stadtbus überhaupt nicht. Lensch ergänzte, dass 78 Prozent der Wolfratshauserinnen und Wolfratshauser im Umkreis von 300 Metern eine Stadtbus-Haltestelle finden würden. Dies sei „ganz gut“ – 90 Prozent „wären optimal“.
Der 80-Minuten-Grundtakt sei „völlig daneben“, konstatierte Praller. Sein Ansatz: Die Attraktivität „verbessern oder etwas grundlegend anderes überlegen“. Als Alternative außerhalb der „Stadtbus-Rushhour“ schlug Richard Kugler (Wolfratshauser Liste) Ruftaxis vor. Für Dr. Patrick Lechner (FDP) ist es kein Dauerzustand, dass der Stadtbus das Gewerbegebiet nicht ansteuert „und in der Nacht keine Busse fahren“. Anders regte an, „das Linienkonzept zu überarbeiten“ und die Haltestellen „zu den Menschen zu bringen“. Vorschläge, bei denen für Praller bedacht werden muss: „Welche finanziellen Auswirkungen hat das?“ Eine Taktverdichtung, ergänzte Lechner, verursache unter anderem sehr hohe Personalkosten.
Wir sollten uns nicht mit dem Status quo zufrieden geben.
Drei Beschlussvorschläge hatten Lensch und sein Team gemeinsam mit der Stadtverwaltung erarbeitet. Sie reichten von der Beibehaltung des Status quo („es bleibt alles beim alten“) über gezielte Verbesserungen („dichtere Taktung, optimierte Haltestellenstandorte“) bis hin zu einer „vollständige Neugestaltung des Stadtbussystems“. Einstimmig beschloss der Stadtrat, alle drei Varianten von der Planersocietät untersuchen zu lassen. Eine finale Entscheidung wollen die Bürgervertreter vor der Neuausschreibung treffen. Für Dr. Hans Schmidt (Grüne), Mitglied der Arbeitsgruppe Stadtbus, steht allerdings schon fest: „Wir sollten uns nicht mit dem Status quo zufrieden geben.“ (cce)