Das sind die drei wichtigsten Rebellengruppen in Syrien

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Bewaffnete Milizen haben das Regime von Machthaber Baschar al-Assad überraschend gestürzt. Wir stellen Ihnen die drei wichtigste Gruppen von Aufständischen vor.

Damaskus – Niemand hätte es für möglich gehalten. Innerhalb einige Tage haben es die Aufständischen in Syrien geschafft, das Regime von Machthaber Baschar al-Assad zum Einsturz zu bringen. Die Regierungssoldaten und die mit ihnen verbündeten russischen Truppen sowie pro-iranischen Milizen waren sichtlich überfordert, die Angreifer zurückzuschlagen. Wir stellen Ihnen die drei größten bewaffneten Gruppen vor, die hinter dem Umsturz des Assad-Regimes stecken.

Rebellengruppe in Syrien: „Hai’at Tahrir al-Sham“ (HTS)

Die „Hai’at Tahrir al-Sham“ HTS (Komitee zur Befreiung der Levante) ist die größte Fraktion innerhalb der Aufständischen in Syrien. Die deutschen Behörden stufen die HTS als Terrororganisation ein. „Die im Februar 2017 gegründete Terrororganisation Hai’at Tahrir al-Sham (HTS) ging aus dem Zusammenschluss des ehemaligen al-Qaida-Ablegers Jabhat Fath al-Sham (JFS, deutsch.: Erobererfront) und einiger kleinerer militanter syrischer Gruppen hervor“, schreibt der bayerische Verfassungsschutz in seinem Bericht für 2023.

Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Gruppe als Terrororganisation ein. Ähnlich sieht es auch die Washingtoner Denkfabrik „Center for Strategic and International Studies“ (CSIS). „Heute kann HTS als eine relativ lokale syrische Terrororganisation betrachtet werden, die trotz ihrer öffentlichen Abspaltung von al-Qaida im Jahr 2017 eine salafistisch-dschihadistische Ideologie beibehält“.

Anführer der HTS ist Abu Mohammed al-Dscholani, der mit bürgerlichem Namen Ahmed Hussain al-Schara heißt. Dscholanis Reise als Dschihadist begann im Irak, wo er zunächst mit der Terrororganisation al-Qaida in Verbindung stand und später auch mit der Terrormiliz IS. Nach der US-geführten Invasion 2003 schloss er sich anderen ausländischen Kämpfern im Irak an und wurde 2006 von US-Truppen verhaftet und verbrachte rund fünf Jahre in Militärgefängnissen. Anschließend gründete er in Syrien die Al-Nusra-Front, den syrischen Arm der al-Qaida.

Rebellengruppe in Syrien: Syrische Nationalarmee (SNA)

Die SNA ist die zweitgrößte Gruppe unter den Aufständischen gegen das Assad Regime. „Um 2017 entstand in Nordsyrien eine Koalition von Organisationen, die aus den gemäßigten Kräften der FSA (Freie Syrische Armee) hervorgegangen sind. Diese Organisationen werden von der Türkei finanziert, ausgebildet und bewaffnet“, heißt es unter anderem in einem Bericht des israelischen „Alma Research and Education Center“.

Die SNA „ist eine lose Allianz aus jihadistischen Milizen und Warlords, die ebenfalls in Opposition zum syrischen Regime stehen, jedoch zumindest in Teilen auch mit der Türkei kooperieren bzw. von dieser unterstützt werden. Die Türkei hat diese Gruppen u. a. im Kontext ihres Vorgehens gegen die kurdischen Milizen genutzt, die in einer Reihe von türkischen Militäroperationen aus Gebieten entlang der türkisch-syrischen Grenze vertrieben wurden“, schreibt die Konrad-Adenauer-Stiftung in einem Bericht.

Wir stellen die drei wichtigsten Rebellengruppen in Syrien vor.
Kämpfer der dschihadistischen Oppositionsgruppe Haiat Tahrir al-Scham (Komitee zur Befreiung der Levante oder HTS) üben in einem Ausbildungslager in der Provinz Idlib. © dpa/Anas Alkharboutli

In den von den türkisch besetzten Gebieten in Nordsyrien haben Milizen der SNA vor allem an Kurden Verbrechen begannen, dokumentierte die UN in einem Bericht von 2020. In Afrin und Umgebung wurden demnach durch die Dschihadisten möglicherweise Kriegsverbrechen wie Geiselnahme, grausame Behandlung, Folter sowie Vergewaltigung durchgeführt.

Und die SNA setzt ihre Angriffe auch nach dem Sturz des Assad-Regimes fort. „Im Norden greift die von der Türkei unterstützte, islamistische SNA die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien an. Dutzende Menschen kamen bereits ums Leben“, teilt die autonome Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien mit. „Nur wenn die Türkei ihre Eskalation stoppt, können wir die historische Chance für eine friedliche Lösung des Konflikts nutzen“, kommentiert Khaled Davrisch, Repräsentant der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien in Deutschland. Bei ihren jüngsten Angriffen auf kurdische Ortschaften sah man SNO-Milizen, die Embleme der Terrormiliz IS auf ihren Uniformen trugen.

Rebellengruppe in Syrien: Syrisch Demokratische Kräfte (Syrian Democratic Forces – SDF)

Die SDF sind die wichtigste bewaffnete Kraft der Autonomen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (Kurdisch: Rojava). Sie werden von den USA militärisch und finanziell unterstützt, um etwa die Terrormiliz IS im Nordosten Syriens zu bekämpfen. Die SDF sind eine gemischte Truppe mit Arabern, Kurden und Kämpfern anderer Minderheiten. Die größte Gruppe innerhalb der SDF bilden jedoch die Kurden. Oberkommandierender der SDF ist Mazlum Abdi, der mit bürgerlichem Namen Ferhat Abdi Şahin heißt. Abdi hatte zuvor innerhalb der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK gekämpft.

Die SDF stemmt sich gegen die Pläne des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Syrien. „Erstens will die Türkei ein autonomes Kurdengebiet unter der Führung der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) um jeden Preis verhindern. Ankara fordert die Kontrolle über eine 30 Kilometer tiefe ‚Sicherheitszone‘ entlang der syrischen Grenze, um die Kurdenmiliz von dort fernzuhalten“, schreibt die Nahostexpertin Dr. Hürcan Aslı Aksoy von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) unter anderem in einem Aufsatz.

Die SDF ist auch ein Zankapfel zwischen der Türkei und Syrien. Immer wieder hatte Erdogan mit der Besetzung weiterer Gebiete in Syrien gedroht und sich dadurch Ärger mit Washington eingehandelt. In seiner ersten Amtszeit hatte US-Präsident Donald Trump seinen türkischen Amtskollegen vor falschen Schritten gewarnt. „Ich habe es schon früher deutlich zum Ausdruck gebracht und möchte es noch einmal wiederholen: Wenn die Türkei irgendetwas tut, was ich in meiner großen und unübertroffenen Weisheit für tabu halte, werde ich die türkische Wirtschaft völlig zerstören und auslöschen.“ Trump hatte zuletzt angedeutet, nach der Übernahme im Januar die US-Truppen aus Syrien komplett abzuziehen. Für den Fall droht eine Eskalation zwischen der Türkei und der SDF. (erpe)

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