Von der Kanzlei in den Kindergarten: 30-Jährige wagt ungewöhnlichen Karriereweg

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Freuen sich über den Quereinstieg in den Erzieherberuf: (v.l.) Maria Vogl, Anja Vukmann, Lauren Matheson und Antonia Samm mit einigen Kindern aus dem Waldkindergarten. © Arbeitsagentur

Es gibt schon manchmal außergewöhnliche Berufswege. Der von Antonia Samm gehört zweifelsfrei dazu. Denn die gelernte Rechtsanwaltsgehilfin ist jetzt frisch gebackene Erzieherin.

Huglfing – Mandanten, Anwälte und Gerichte – daraus bestand die Berufswelt von Antonia Samm lange Zeit. Denn die junge Frau war seit ihrer Ausbildung als Rechtsanwaltsgehilfin tätig. Bis sie in der Corona-Zeit arbeitslos wurde. „Das war ein Schock für mich“, sagt Samm heute über diesen Moment.

Doch schnell fügt sie hinzu: „Aber vielleicht war es auch ein Zeichen.“ Denn Samms Traum war schon lange, mit Kindern zu arbeiten. Das ist in der Anwaltskanzlei aber äußerst selten der Fall. Nun hatte sie also die Chance, ihren Traum in die Tat umzusetzen. Doch wie genau sollte das gehen? Denn eine reine Umschulung kam für die 30-Jährige, die alleinerziehende Mutter eines Sohnes ist, nicht infrage.

Hilfe in dieser Frage erhielt Samm von Maria Vogl, ihres Zeichens Beauftragte für Chancengleichheit bei der Weilheimer Arbeitsagentur. Vogl ist vor allem für die Themen beruflicher Einstieg und Vereinbarkeit von Familie und Beruf zuständig. „Ich führe viele Beratungsgespräche mit Müttern und auch Vätern, die nach einer Auszeit für die Kinderbetreuung wieder arbeiten möchten, in den erlernten Beruf jedoch aus verschiedenen Gründen nicht zurückkehren“, so Vogl über ihre Arbeit.

Spezieller Erzieher-Kurs wurde entwickelt

Und dabei hat sie eine interessante Beobachtung gemacht: „Bei vielen Eltern reift während der eigenen Erziehungszeit der Wunsch, sich auch beruflich Kindern zu widmen, aber es fehlt an Ressourcen, eine klassische Ausbildung zu absolvieren.“ Deshalb hat man vor elf Jahren bei der Arbeitsagentur erkannt: Es braucht ein Angebot, mit dem man sich zum Erzieher umschulen lassen kann – aber ohne große finanzielle Einbußen und mit genügend Freiraum, sich weiterhin der Familie widmen zu können.

Gesagt, getan. Gemeinsam mit der Kolping-Akademie hat man einen speziellen Erzieher-Kurs entwickelt. „Die Kursteilnehmer sind in Teilzeit in verschiedenen Kinderbetreuungseinrichtungen angestellt und leisten dort ihre praktischen Stunden ab“, beschreibt Lauren Mathesen von der Kolping-Akademie das Konzept: „Die theoretische Vorbereitung und damit schulische Qualifizierung übernehmen wir als Bildungsträger.“

Insgesamt dauert der Kurs zwei Jahre und umfasst 25 Wochenstunden – Theorie und Praxis finden dabei im Wechsel statt. „Danach münden unsere Absolventen an eine Fachakademie für Sozialpädagogik als Berufspraktikanten, so wie jeder andere werdende Erzieher“, so Mathesen.

Über Umwege den Traumberuf gefunden

Antonia Samm hat genau diesen Weg gewählt. Und das mit Erfolg: Denn kürzlich hat sie ihr abschließendes Berufspraktikum im Huglfinger Waldkindergarten absolviert. Ihre Chefin dort, Anja Vukmann, zeigt sich von Samms außergewöhnlichem Berufsweg sehr beeindruckt – und hat auch schon andere Mitarbeiter gewinnen können, die ebenfalls diesen Weg gegangen sind: „Für uns ist das eine tolle Möglichkeit zur Fachkräftegewinnung. Viele Eltern, die sich bereits der Kindererziehung gewidmet haben, bringen beste Voraussetzungen mit, im Erzieherberuf zu arbeiten.“

Es ist ein unwahrscheinlich sinnstiftendes Gefühl, sich mit Kindern zu beschäftigen.

Und Antonia Samm, die hat über Umwege ihren Traumberuf gefunden – und kommt gleich gar nicht mehr aus dem Schwärmen raus: „Es ist ein unwahrscheinlich positives und sinnstiftendes Gefühl, sich in seiner Tätigkeit mit Kindern zu beschäftigen, ihnen beim Wachsen zu helfen und einen Teil zu ihrer bedürfnisorientierten Entwicklung beitragen zu dürfen.“

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