Brandnacht im Circus Gammelsdorf: Ein Rückblick auf Verlust und Vermächtnis

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Vor der Brandruine wurde Harald Richter damals vom Fernsehen interviewt. Der Schock nach dem Brandabend saß bei allen Beteiligten tief. © Privat

In den 1990er Jahren war der Circus Gammelsdorf ein Magnet für Musikliebhaber, mit Auftritten von Bands wie Nirvana. Doch ein Brand legte den legendären Veranstaltungsort in Schutt und Asche. Der letzter Betreiber Harald Richter blickt auf die Höhepunkte und das tragische Ende des Circus zurück.

Herr Richter, heute jährt sich der Brand im Circus Gammelsdorf zum 30. Mal. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen letzten Abend?

Ich habe die Bilder immer noch im Kopf: Es war ein normaler Samstagabend mit Discobetrieb und ich stand auf der Empore. Plötzlich tauchte ein Mitarbeiter neben mir auf und sagte: „Es brennt.“ Ich dachte erst, dass jemand vielleicht irgendwo Klopapier angezündet hat und antwortete nur: „Dann löscht es halt!“. Er darauf: „Es brennt richtig.“ Das Feuer loderte im angrenzenden Geräteschuppen, für den ich allerdings keinen Schlüssel hatte. Auch die Tür konnte man nicht eintreten. Zum Glück haben wir die Leute alle rechtzeitig rausgebracht – und dann kam auch schon die Feuerwehr.

Bei den Gammelsdorfern selbst war der Circus ja alles andere als beliebt. Auch, weil an den Wochenenden viele Leute von außerhalb in den kleinen Ort strömten und es ab und zu natürlich auch etwas lauter wurde. Angeblich wurde die Feuerwehr in dieser Nacht von Anwohnern aufgefordert: „Hört auf zu löschen!“

Das hat tatsächlich einer gerufen. Viele Anwohner waren jedenfalls nicht traurig darüber, dass der Circus in Flammen strand. Fakt ist: Es war Brandstiftung und die Täter wurden nie ermittelt.

Für das Tagblatt blickt Harald Richter (58), der den Circus in den letzten vier Jahren seines Bestehens betrieben hat, auf die Geschichte dieses einzigartigen Veranstaltungsorts im Landkreis Freising zurück.
Exakt heute vor 30 Jahren ging der Circus Gammelsdorf in Flammen auf. Für das Tagblatt blickt Harald Richter (58), der den Circus in den letzten vier Jahren seines Bestehens betrieben hat, auf die Geschichte dieses einzigartigen Veranstaltungsorts im Landkreis Freising zurück. Sogar Nirvana war dort aufgetreten. © Privat

Wie intensiv waren danach die Bemühungen, den Circus Gammelsdorf wiederaufstehen zu lassen? Oder waren die Erfolgsaussichten zu gering?

Zunächst haben wir die Veranstaltungen nach Abensberg in das „Jungle“ verlegt. Aber das war nur eine Notlösung. Das Circus-Gebäude wurde derweil eins zu eins wieder aufgebaut. Es sah innen aus wie früher – nur „in schön“. Auch Faschingsbälle wurden dort gefeiert. Aber was die Wiederbelebung des alten Circus betrifft, wäre doch ein extremer Kraftakt nötig gewesen, um die behördlichen Auflagen zu erfüllen. Dabei träumte auch die Besitzerin des Gebäudes, die uns immer unterstützt hat, davon, dass der Circus wieder eröffnet.

Kurt Cobain - Nirvana
Grunge-Rock-Legende: Kurt Cobain trat 1989 mit seiner Band Nirvana im Circus Gammelsdorf auf. Im April 1994 beging er Suizid. Nur sechs Wochen später war auch der Circus Geschichte. © Robert Sorbo/dpa

Neben dem Brand jährt sich heuer ebenfalls zum 30. Mal der Todestag von Kurt Cobain. Waren Sie selber bei dem legendären Konzert von Nirvana vor Ort?

Ja, aber so spektakulär war es eigentlich gar nicht. Nirvana trat 1989 als Vorband von Tad, ebenfalls eine amerikanische Grunge-Band aus Seattle, auf. Und klar, Nirvana war gut. Aber nicht so gut, dass man an diesem Abend hätte denken können, dass da so etwas Großes draus wird. Rund ein halbes Jahr später haben sie dann den Durchbruch geschafft. . .

Welche bekannten Namen sind in Ihrer Zeit als Betreiber denn noch im Circus aufgetreten?

Da gab’s schon noch ein paar: Type O Negative, Paradise Lost, Pungent Stench, Bolt Thrower und Pestilence zum Beispiel. Wir haben damals in Gammelsdorf den ersten Bands der neuen Black-/Death-Metal-Welle eine Bühne gegeben. Das war den Betreibern in München alles zu heiß, die haben lieber die Finger davon gelassen.

Was ist Ihr abschließendes Fazit, wenn Sie an den Circus Gammelsdorf zurückdenken?

Es war etwas Unvergleichliches, das es so nie mehr geben wird. Dass der Circus so einzigartig ist, war mir damals allerdings noch gar nicht so bewusst. Wir hatten viel Ärger mit der Gemeinde, den Nachbarn und drohenden Prozessen. In diesen Momenten war der Circus Gammelsdorf eindeutig mehr Stress als Spaß.

Interview: Bastian Amann

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