Interview mit Geigenlehrerin und Kinder- und Jugendcoach Astrid Wolfrath
Die stade Zeit hat begonnen. Doch die Adventszeit, die der Einkehr und der Einstimmung auf Jesu Geburt dienen soll, bedeutet für viele vor allem Stress. Können wir daran etwas ändern? Das Interview mit Astrid Wolfrath, die als Geigenlehrerin an der städtischen Musikschule Weilheim und Kinder- und Jugendcoach arbeitet, ist erster Teil unserer Adventsserie
Wie kam es dazu, dass Sie die Ausbildung zum Kinder- und Jugendcoach gemacht haben?
Während und nach der Corona-Jahre habe ich in meinem Umfeld und auch bei meinen Schülern vermehrt Anspannung und Niedergeschlagenheit beobachtet. Ich recherchierte im Internet zu den Themen Resilienz und Stressbewältigung und bin so auf die Ausbildung zum Kinder- und Jugendcoach gestoßen. Meine wichtigste Aufgabe sehe ich hier, den Kindern und Jugendlichen beizubringen, wie sie sich selbst bei Stress regulieren und in einen guten Zustand bringen können, der neue Ideen, Lösungen, Kreativität und Motivation ermöglicht.
Wie schaut ein solcher guter Zustand bei Kindern und Jugendlichen und wohl auch bei Erwachsenen aus?
Es ist ein Zustand fühlbarer Ruhe und Entspannung. Der Atem vertieft sich, die Gedanken klären sich; ein angenehm fließendes Gefühl im Körper wird spürbar. Manche Menschen nehmen solche körperlichen Phänomene nicht sofort wahr, andere tun sich leichter und spüren schon beim ersten Versuch beispielsweise eine Wärme im Bereich ihres Herzens oder ein angenehmes Kribbeln im Bauch.
Wie kann man in solch einen Zustand gelangen? Gibt es da Rezepte und Tipps?
Ja, die gibt es. Ich hatte zum Beispiel einen jugendlichen Schüler, der sich durch Überforderung und Reizüberflutung schwer konzentrieren konnte. Ich zeigte ihm, wie er seine Aufmerksamkeit nach innen wenden und seinen Körper bewusster wahrnehmen kann. Das bewirkte eine Beruhigung seiner Gedanken und ermöglichte ihm, sich zu fokussieren und wieder einen klaren Überblick über seine Aufgaben zu bekommen. Mit ein wenig Übung kann man auf diese Weise schnell und nachhaltig Entspannung herstellen. Eine sehr schöne Methode ist die Ankertechnik, bei der man lernt, Glücksmomente oder schöne Erlebnisse, Erfolge und andere positive Dinge erneut aufzurufen und zu ankern.
Was sind Ihrer Meinung nach speziell in der Vorweihnachtszeit die Fallstricke?
Innere Bilder vom perfekten Weihnachtsfest erzeugen viel Wirbel und Stress und verleiten dazu, sich zu überfordern. Leicht verfällt man in eine Art Konsumrausch und misst den Wert des Festes an der Anzahl und Wertigkeit der unter dem Baum liegenden Geschenke. Indem wir uns auf uns selbst und unsere Liebsten besinnen, auf unsere tiefsten Sehnsüchte und Bedürfnisse hören, verbinden wir uns wieder mit dem Wesentlichen und mit dem, was wirklich zählt in unserem Leben.
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Wie gelingt das?
In der Praxis bewährt sich immer gemeinsam verbrachte Zeit, zum Beispiel in Form eines „Lebendigen Familien- Adventskalenders“. Da gibt es einmal bewusste Zeit zum Kuscheln, zum Märchenlesen, zum Spielen, zum Sprechen über Gefühle. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Das größte Geschenk, das wir unseren Kindern machen können, liegt darin, diesen Raum zu schaffen, der den Kontakt von Herz zu Herz ermöglicht. Ich bin sicher, dass eine so gestaltete Vorweihnachtszeit ein Leben lang in Erinnerung bleibt.